Finanzen

Facebook-Desaster: Nun ermitteln die Aufsichtsbehörden

Lesezeit: 2 min
23.05.2012 11:48
Das Chaos beim Facebook-Börsengang beschäftigt nun auch die US-Börsenaufsicht. Sie will ermitteln, wieso ein Morgan Stanley Analyst noch während der Roadshow die Umsatzprognose gesenkt hatte, ohne dass die Anleger davon erfahren hatten. Außerdem im Visier: Die Technologiebörse Nasdaq wegen des mehr als rätselhaften technischen Gebrechens am ersten Handelstag.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Kaum zuvor hat ein Börsengang für soviel Chaos gesorgt wie der von den Konsortialbanken gehypte IPO von Facebook. Das Ergebnis war eine massive Wertvernichtung der Anleger. Am Montag fiel die Facebook-Aktie um elf Prozent und schloss bei 31 Dollar. Am Dienstag ging es weiter bergab - nach zwei Tagen hatten die Käufer 20 Prozent ihres Vermögens verloren. Nun wollen die Aufsichtsbehörden einschreiten. Denn das Ausmass der Ungereimtheiten ist nicht mehr mit technischen Problemen oder anderen Ausreden zu erkläre.

Daher haben sowohl die US-Börsenaufsicht SEC als auch der Vorsitzende der Regulierungsbehörde Finra, Richard Ketchum, eine Prüfung rund um den Konsortialführer Morgan Stanley angekündigt. Morgan Stanley war die federführende Bank beim Börsengang. Kurz vor dem Börsengang senkte Anlegern zufolge ein Analyst der Bank die Umsatzprognose des sozialen Netzwerks. Informationen, die viele Investoren, vor allem auch Kleinanleger, gar nicht mehr vor dem Eröffnungskurs erreicht hatten. Auch JP Morgan Chase und Goldman Sachs, die auch Emissionen tätigten, hatten während der Facebook-Eröffnungs-Roadshow ihre Schätzungen korrigiert, berichtete eine Quelle Reuters. Der Bundesstaat Massachusetts hat im Falle Morgan Stanley bereits eine Untersuchung der Vorwürfe angekündigt – eine Vorladung sei zugestellt worden, so die Landesbehörde.

Ein juristisches Nachspiel wird es vermutlich auch für die amerikanische Börse, Nasdaq, geben. Beim Börsengang blieben plötzlich Broker und Investoren lange Zeit im Unklaren über den Stand ihrer Kauf- und Verkaufsaufträge. Darüber hinaus stoppten interessanterweise bei Nasdaq kurz vor Facebooks Börsengang für 17 Sekunden „alle Kurse und Geschäfte von börsennotierten Aktien von Nasdaq für alle NYSE, AMEX, ARCA und Nasdaq geführte Aktien“, schreibt Nanex in einem Bericht. Angesichts der Tatsache, dass Nasdaq in der Regel bis zu 100.000 Kurse pro Sekunde verschickt, sind 17 Sekunden keine Kleinigkeit. „17 Sekunden sind 17.000.000 Mikrosekunden – eine Ewigkeit. Es ist erstaunlich, dass das niemand bemerkt hat“, heißt es weiter.

Ob Nasdaq kurzfristig doch kalte Füße hinsichtlich des Börsengangs von Facebook gekriegt hat, ob es sich um Manipulation handelt oder tatsächlich nur ein grober technischer Fehler der Grund dafür war, soll nun eine von der Börsenaufsicht eingeleitete Untersuchung herausfinden. Indes hat ein Investor den Börsenbetreiber auf Nachlässigkeit verklagt und beantragte für seine Klage den Status einer Sammelklage aller Investoren, die aufgrund dieses dubiosen Ereignisses Geld verloren haben.

„Es ist schrecklich für die Märkte", sagt der ehemalige SEC-Vorsitzende Arthur Levitt über den Börsengang. „Es ist eine Veranstaltung mit lang anhaltenden negativen Auswirkungen für eine Branche, die sich diese Art von Makel kaum leisten kann - und das letzte Kapitel ist noch nicht geschrieben worden. Niemand sieht hier gut aus." Nasdaq scheint die Pannen nicht so schwer zu gewichten. „Obwohl wir eindeutig Fehler in der Facebook-Liste hatte, wollen wir die Tatsache hervorheben, dass es immerhin am Freitag vergangener Woche der größte Börsengang überhaupt war", sagte Nasdaq Geschäftsführer Bob Greifeld bei der Hauptversammlung des Unternehmens.

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..


Mehr zum Thema:  

Jede Anlage am Kapitalmarkt ist mit Chancen und Risiken behaftet. Der Wert der genannten Aktien, ETFs oder Investmentfonds unterliegt auf dem Markt Schwankungen. Der Kurs der Anlagen kann steigen oder fallen. Im äußersten Fall kann es zu einem vollständigen Verlust des angelegten Betrages kommen. Mehr Informationen finden Sie in den jeweiligen Unterlagen und insbesondere in den Prospekten der Kapitalverwaltungsgesellschaften.

DWN
Technologie
Technologie Viele Studierende rechnen mit KI-Erleichterungen im Joballtag
29.03.2024

Vielen Menschen macht Künstliche Intelligenz Angst, zum Beispiel weil KI Arbeitsplätze bedrohen könnte. In einer Umfrage stellte sich...

DWN
Politik
Politik Verfassungsgericht stärken: Mehrheit der Parteien auf dem Weg zur Einigung?
28.03.2024

Das Verfassungsgericht soll gestärkt werden - gegen etwaige knappe Mehrheiten im Bundestag in aller Zukunft. Eine Einigung zeichnet sich...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Deutschlands maue Wirtschaftslage verhärtet sich
28.03.2024

Das DIW-Konjunkturbarometer enttäuscht und signalisiert dauerhafte wirtschaftliche Stagnation. Unterdessen blieb der erhoffte...

DWN
Politik
Politik Corona-Aufarbeitung: Lauterbach will RKI-Protokolle weitgehend entschwärzen
28.03.2024

Gesundheitsminister Karl Lauterbach hat angekündigt, dass einige der geschwärzten Stellen in den Corona-Protokollen des RKI aus der...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Brückeneinsturz in Baltimore trifft Importgeschäft der deutschen Autobauer
28.03.2024

Baltimore ist eine wichtige Drehscheibe für die deutschen Autobauer. Der Brückeneinsturz in einem der wichtigsten Häfen der...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft „Made in Germany“ ist wieder gefragt - deutsche Exporte steigen deutlich
28.03.2024

Der Außenhandel in Deutschland hat wider Erwarten zu Jahresbeginn deutlich Fahrt aufgenommen. Insgesamt verließen Waren im Wert von 135,6...

DWN
Finanzen
Finanzen Der Ukraine-Krieg macht's möglich: Euro-Bonds durch die Hintertür
28.03.2024

Die EU-Kommission versucht, mehr Macht an sich zu ziehen. Das Mittel der Wahl hierfür könnten gemeinsame Anleihen, sogenannte Euro-Bonds,...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Osterfreude und EM-Fieber: Hoffnungsschimmer für Einzelhandel
28.03.2024

Das Ostergeschäft verspricht eine Wende für den deutschen Einzelhandel - nach einem düsteren Februar. Wird die Frühlingshoffnung die...