Der Marathon in Karlsruhe geht weiter. Nach der Anhörung der Kläger kommen nun die Sachverständigen zu Wort. Bundesbank-Präsident Jens Weidmann machte deutlich, dass die Kapitalmärkte wohl bereits ein verspätetes Inkrafttreten des ESM eingepreist haben. Dennoch sei nicht auszuschließen, dass schlechte Nachrichten die Unsicherheit erhöhen und die Krise sich zuspitze. Insofern, so Jens Weidmann, glaube er, dass dem Spielraum des Verfassungsgerichts Grenzen gesetzt seien. Selbst eine einstweilige Anordnung stelle nicht sicher, dass die Risiken des Bundeshaushalts beschränkt werden können. Aber auch eine rasche Ratifizierung ist seiner Ansicht nach keine Garantie: „Es gibt fundamentale Zweifel der Märkte an der Sicherheit der Währungsunion" und es gebe keine Garantie, dass die Krise nicht noch schlimmer werde. Der permanente Rettungsschirm sei kein Allheilmittel.
„Die Krise schreitet voran und irgendwie hat alles nicht gewirkt“, stellte der Präsident des Ifo-Instituts Hans-Werner Sinn die aktuelle Situation dar. Bisher sei die falsche Krankheit behandelt worden und deshalb wirke keine Maßnahme der EU. In den Peripherieländern sei durch den Euro eine Kreditblase entstanden. Nun brächte man eigentlich eine Wechselkursanpassung, aber das gehe bei der Einheitswährung nicht. Es sei ein Fass ohne Boden und Deutschland verliere dabei 771 Milliarden Euro.
Indes reagierte der Präsident des Bunderechnungshofs, Dieter Engels, auf den Vorwurf der Kläger, dass der ESM nicht ordnungsgemäß überwacht werde. Es soll ein Board geben, das nach den Regeln der europäischen Rechnungshöfe prüfe, so Dieter Engels. Auf die Nachfrage der Richterin Lübbe-Wolf, was genau das Board prüfe, antwortete Engels: „Das entscheidet das Board selbst.“