Silvio Berlusconi hält Deutschland für den Auslöser an den hohen Zinssätzen für italienische Staatsanleihen (hier). Sein Ausritt ist indes nicht nur seinem untrüglichen Bauchgefühl geschuldet: Eine Umfrage des Harris Instituts und der FT zeigt, dass die Simmung im Oktober deutlich zu Ungunsten Deutschlands gekippt ist. 83 Prozent der Italiener gaben an, dass der Einfluss Deutschlands in der EU zu stark sei. Im Vormonat hatten diese Auffassung nur 53 Prozent vertreten. Dennoch wollen die Italiener, dass die Deutschen Europa finanzieren: 74 Prozent kritisieren, dass Deutschland zu wenig Solidarität mit dem Rest der Euro-Zone zeigen.
Außenminister Guido Westerwelle trat den aufkommenden Ressentiments entgegen und sagte am Dienstag, weder Deutschland noch Europa seien schuld an der Misere in Italien.
Berlusconi hat guten Grund, die Anti-Euro-Karte zu spielen: Seine Partei ist hinter die EU-kritische Partei des Comedians Beppe Grillo, MoVimento 5 Stelle, hat Berlusconis Partei bereits überholt. Berlusconi kommt nach aktuellen Umfragen derzeit auf höchstens 14 Prozent. Es ist für ihn wichtig, vor Grillo zu landen, damit er bei einer Koalitionsbildung eine entscheidende Rolle spielen kann.
Das dürfte ihm schwerfallen: Denn anders als Berlusconi fährt Grillo mit seiner Partei nicht bloss einen dumpfen Anti-EU Wahlkampf, sondern versucht, seine EU-kritischen Positionen mit Bürgerrechtspositionen zu untermauern (nachzulesen auf seinem sehr interessanten Blog - hier).
Berlusconi hat dagegen bewiesen, dass ihn vor allem Bunga Bunga und seine eigenen Rechte interessieren. Daher dürfte es ihm nicht gelingen, an die überragenden Wahlerfolge der Vergangenheit anzuknüpfen. Dennoch ist seine neue Anti-EU-Haltung nicht ungefährlich für Brüssel: Jeder italienische Politiker wird sich zweimal überlegen, ob er unkritisch auf den Euro-Kurs einschwenkt. Zumindest für die Zeit von Wahlkampf und Regierungsbildung ist daher nicht zu erwarten, dass es zu einschneidenden Struktur-Reformen kommt. Die hatte Mario Monti zwar auch nicht durchgeführt - er hat es jedoch mit geschicktem Marketing verstanden, den Eindruck zu erwecken, als verändere sich die politische Kultur in Rom.