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US-Konzern beleidigt französische Arbeiter, weil er keine Subvention bekam

Lesezeit: 2 min
21.02.2013 01:40
So arbeiten die internationalen Konzerne: Weil der US-Reifenhersteller von der französischen Regierung keine Subventionen für ein Werk in Amiens erhalten hat, beschimpft er nun öffentlich die Franzosen: Die Arbeiter in dem Land seien faul und überbezahlt.
US-Konzern beleidigt französische Arbeiter, weil er keine Subvention bekam

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Die französische Regierung ist unter Druck, das Wirtschaftswachstum stagniert, die nationalen Banken stehen vor Milliarden-Verlusten (hier) und die Schwierigkeiten in der Autobranche nehmen zu. So steht beispielsweise eine Goodyear-Fabrik im französischen Amiens vor dem Aus.

Der französische Industrieminister, Arnaud Montebourg, versuchte Ende Januar noch einmal den US-Reifenhersteller Titan zur Übernahme eines Teiles der Fabrik zu bewegen, obwohl die Gewerkschaft CGT sich dagegen ausgesprochen hatte. Doch Titan, der sich auf landwirtschaftliche Reifen spezialisiert hat,  antwortete auf die Gespräche mit einem seltsam geharnischten Brief.

In einem Schreiben an Arnaud Montebourg, den die französische Zeitung Les Echos veröffentlichte, attackiert der Titan-Vorsitzende Maurice Taylor die französische Regierung und die französischen Angestellten der Fabrik. Er habe die Fabrik mehrere Male besucht, schreibt er, die französischen Arbeitskräfte würden die höchsten Löhne erhalten, aber nur drei Stunden arbeiten. „Sie bekommen eine Stunde für Kaffeepausen und Mittagessen, sprechen drei Stunden und arbeiten drei“, so Taylor. Als er dies den französischen Gewerkschaftsmitgliedern ins Gesicht gesagt habe, hätten diese ihm nur entgegnet, „das ist die französische Art“.

Der Grund für den Ausritt von Taylor dürfte weniger darin liegen, dass er die Arbeit der Arbeiter in Frankreich beurteilen kann. Offenbar ist er mit seinem Versuch, von der Regierung in Paris ordentliche Subventionen für die Übernahme zu erhalten, abgeblitzt.

Taylor sieht geradezu eine Pflicht der Staaten, Konzerne mit Steuermitteln zu subventionieren, wie aus seinem Brief hervorgeht: „Die US-Regierung ist nicht besser als die französische“, schreibt Taylor. Titan habe Millionen an Anwälte gezahlt, um die chinesischen Reifenhersteller zu verklagen, weil diese subventioniert werden und dadurch billiger verkaufen können. Und Titan habe gewonnen, aber die „Regierung sammelt die Lorbeeren ein“, so Taylor. „Wir kriegen kein Lob, die Regierung erhält es“.

Nach Meinung Taylors würden die französischen Politiker und Gewerkschaften nur reden, aber nichts unternehmen, und seien deswegen selbst an der Misere schuld. Die chinesischen Unternehmen verschiffen ihre Reifen alle nach Frankreich und ganz Europa verschiffen und „Ihr tut gar nichts“, so der Taylor. Titan habe Geld und das Talent Reifen zu produzieren, aber die „verrückte“ Gewerkschaft der Fabrik habe lediglich die französische Regierung. Doch ohne Entgegenkommen der französischen Regierung ist allein die Anfrage Arnaud Montebourg bezüglich einer Übernahme im Fall der Fabrik in den Augen Taylors völlig sinnlos. „Was denken Sie, wie dumm wir sind“, schreibt Taylor.

Der Titan-Vorsitzende denkt nicht einmal an eine Übernahme, ohne dass die französische Regierung mit staatlichen Geldern nachhilft. Schließlich würden die chinesische Regierung ihre Reifenhersteller subventionieren. Und wenn die französische Regierung etwas Derartiges nicht in Betracht zieht, dann gehe Titan eben nach China oder Indien und kaufe dort ein Reifenunternehmen, um die staatliche Subventionierung der jeweiligen Regierung in Anspruch nehmen. Man werde dann „weniger als einen Euro Stundenlohn zahlen und alle Reifen“, die die Franzosen brauchen, „nach Frankreich verschiffen“. Denn die französischen Bauern wollen günstige Reifen und interessieren sich schließlich nicht dafür, ob die Reifen aus China oder Indien kommen. „Sie können ihre so genannten Arbeiter behalten“, so Taylor. Titan habe kein Interesse an der Fabrik in Amiens.

Frankreich ist faktisch pleite (hier), die Industrie leigt am Boden. Man darf annehmen, Francois Hollande würde liebend gern Steuergelder an Investoren zahlen - wenn er es denn hätte. So verlegte sich der Präsident auf den Kampf gegen das internationale Kapital, wie sein Kampf gegen den indischen Stahlkonzern AcelorMittal zeigte (hier).

 


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