Unternehmen

Gefährlich: Deutsche Wirtschaft hängt am Tropf der Auto-Industrie

Lesezeit: 2 min
07.03.2013 22:25
Deutschlands Export-Artikel Nummer eins ist das Auto. Die Rezession-Tendenzen könnten Deutschland daher schneller treffen als gedacht. Noch versuchen es die Hersteller mit Statistik-Tricks.
Gefährlich: Deutsche Wirtschaft hängt am Tropf der Auto-Industrie

Mehr zum Thema:  
Auto >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Auto  

Die deutsche Autoindustrie, vor allem der VW-Konzern, verfolgt trotz einer sich ankündigen globalen Rezession ambitionierte Ziele. Unter ihrem Chef Matin Winterkorn wollen die Wolfsburger bis 2018 mehr als zehn Millionen Fahrzeuge jährlich verkaufen und so zum absatzstärksten Autobauer der Welt aufsteigen.

Deutsche Autos sind in der Tat weltweit populärer denn je. 2012 exportieren die deutschen Hersteller Autos und Kfz-Teile im Wert von 190 Milliarden Euro, 2,4 Prozent mehr als im Vorjahr. Kein anderes Produkt steht so sehr für das begehrte „Made in Germany“: Die Automobil-Industrie ist mit insgesamt 17,3 Prozent unangefochten der Spitzenreiter bei den Exporten

Die guten Zahlen der Autobranche liegen an der starken Nachfrage in den USA und China. Allein VW verzeichnete 2012 ein Absatzplus von 26,2 Prozent in Nordamerika. In China waren es noch stolze 24,5 Prozent.

Das Autogeschäft am Heimatmarkt Europa ist hingegen mehr als flau. Die Zahl der Neuzulassungen für Pkw sank um 8,2 Prozent. Der Rückgang der VW-Gruppe betrug lediglich 1,6 Prozent. Doch selbst diese Zahl spiegelt vermutlich nicht die Wahrheit wider. Immerhin befindet sich die gesamte Eurozone seit 15 Monaten in einer Rezession, wie der Bericht der europäischen Statistikbehörde Eurostat zeigt. In Deutschland ging die Zahl der Neuzulassungen im Februar gegenüber dem Vorjahresmonat um 10,5 Prozent zurück (hier). Vermutlich hat VW daher auf dem freien Markt deutlich weniger verkauft, als das Unternehmen meldet.

Hier hilft vor allem eine Praxis: Die Autohändler schieben ihre Überproduktion an Neuwagen einfach auf einen großen Parkplatz - auf die Verkaufsgelände der Autohändler. Und die haben natürlich Interesse daran, selbst gute Zahlen zu melden – unter anderem, um nicht von den Herstellern aus dem Netz gestrichen zu werden. Daher sind jene Autos, die nur für einen Tag zugelassen sind – etwa für Probefahrten - auch Teil der Statistik. Jeder dritte Neuwagen in Deutschland ist mittlerweile auf einen Hersteller oder Händler zugelassen, sagte kürzlich der Präsident des Deutschen Kraftfahrzeuggewerbes, Robert Rademacher. Tageszulassungen und Rabatt-Aktionen verfälschen also die Statistik erheblich.

Die ersten Hersteller beginnen sich aber bereits Gedanken über die Wirtschaftlichkeit zu machen. So hat BMW kürzlich angekündigt, alle Rabatte komplett zu streichen (hier). Auto-Geschenke an SPD-Politiker hübschen die Statistik allerdings weiter auf (hier).

Das Schneeball-System aus Blech ist jedoch für die deutsche Wirtschaft eine gefährliche Zeitbombe: Mittelständische Zulieferer und die vielen anderen Unternehmen, die von der Mono-Kultur der deutschen Auto-Industrie ernährt werden, könnten sich durch die schönen Zahlen in falscher Sicherheit wiegen. Ein Gutteil der deutschen Wirtschaft hängt am Tropf der Autobauer. Hustet sie, bekommt Deutschland eine Lungenentzündung.

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

 


Mehr zum Thema:  
Auto >

DWN
Finanzen
Finanzen Smallcap-Aktien: Lohnt sich ein Investment?
29.03.2024

Nebenwerte sind derzeit relativ gering bewertet und könnten von Zinssenkungen profitieren. Macht ein Einstieg Sinn für risikobereite...

DWN
Finanzen
Finanzen Bundesbank: Erholung der deutschen Wirtschaft verzögert sich
29.03.2024

Europas größte Volkswirtschaft kommt nicht richtig in Fahrt. Die Aussichten für die nächsten Monate sind nach Experteneinschätzung...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Neue Reiseziele: So manche Überraschung im Sommerflugplan
29.03.2024

Ab Ostern tritt an den deutschen Flughäfen der neue Sommerflugplan in Kraft. Die Deutschen Wirtschaftsnachrichten haben für Sie als Leser...

DWN
Politik
Politik Vor 20 Jahren: Größte Erweiterung der Nato - eine kritische Betrachtung
29.03.2024

Am 29. März 2004 traten sieben osteuropäische Länder der Nato bei. Nicht bei allen sorgte dies für Begeisterung. Auch der russische...

DWN
Technologie
Technologie Viele Studierende rechnen mit KI-Erleichterungen im Joballtag
29.03.2024

Vielen Menschen macht Künstliche Intelligenz Angst, zum Beispiel weil KI Arbeitsplätze bedrohen könnte. In einer Umfrage stellte sich...

DWN
Politik
Politik Verfassungsgericht stärken: Mehrheit der Parteien auf dem Weg zur Einigung?
28.03.2024

Das Verfassungsgericht soll gestärkt werden - gegen etwaige knappe Mehrheiten im Bundestag in aller Zukunft. Eine Einigung zeichnet sich...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Deutschlands maue Wirtschaftslage verhärtet sich
28.03.2024

Das DIW-Konjunkturbarometer enttäuscht und signalisiert dauerhafte wirtschaftliche Stagnation. Unterdessen blieb der erhoffte...

DWN
Politik
Politik Corona-Aufarbeitung: Lauterbach will RKI-Protokolle weitgehend entschwärzen
28.03.2024

Gesundheitsminister Karl Lauterbach hat angekündigt, dass einige der geschwärzten Stellen in den Corona-Protokollen des RKI aus der...