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Uli Hoeneß: Präsident des FC Bayern ist kein Steuerhinterzieher

Lesezeit: 5 min
24.04.2013 23:43
Der Präsident des FC Bayern, Uli Hoeneß, hat alle seine Steuern an den deutschen Fiskus bezahlt. Wie das große Echo auf die zufällige Bekanntgabe der Verpflichtung von Mario Götze zeigt, sind die Deutschen auch nicht so leicht zu manipulieren: Die Steuerprobleme des Nürnberger Wurstfabrikanten Ulrich Hoeneß sind vergessen - zu Recht. Was zählt, sind die Millionen im Fußball. Und nicht die, die dem Fiskus fehlen.
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Der Steuerskandal von Uli Hoeneß habe mit dem Fußball-Club FC Bayern München nichts zu tun, sagen die Bayern. Das stimmt: Hoeneß ist Opfer seiner Spielsucht an der Börse geworden. Dort hat er ausschließlich mit Geld gezockt, das er nicht vom FC Bayern bekommen hat. Das Geld vom FC Bayern hat er in ein Sparschwein gesteckt. Auch hat Uli Hoeneß selbstverständlich niemals einem der Kunden seiner Wurstfabrik Karten des FC Bayern zugesteckt. Hoeneß wäre niemals auf die Idee gekommen, einem seiner Kunden die Auftragsvergabe an seine Wurstfabrik zu erleichtern, indem er ihm einen Platz in der VIP-Loge bei einem Champions League Spiel verschafft hätte.

Niemals würde Uli Hoeneß seinem Buddy Helmut Markwort, Herausgeber des Focus, verraten, dass er sich wegen Steuerhinterziehung selbst angezeigt hat. Denn Markwort hat eine Führungsrolle beim FC Bayern inne und nicht in der Wurstfabrik von Hoeneß. Daher mussten die Redakteure des Focus den Scoop, dass Hoeneß Millionen an Steuern hinterzogen hat, in mühevoller Kleinarbeit recherchieren. Niemals hätte Hoeneß auch nur ein Sterbenswörtchen an Markwort verloren.

Denn der FC Bayern hat mit der Steueraffäre des Präsidenten Hoeneß nichts zu tun. Daher hat der Klub auch vor dem Spiel gegen Barcelona auch zurecht den Journalisten verboten, Fragen zum Thema Hoeneß als Steuerhinterzieher zu stellen.

In München war eine gewisse Melancholie festzustellen, nachdem bekanntgeworden war, dass Hoeneß ein Steuerproblem hat. Das hat zwar mit dem FC Bayern nicht das Geringste zu tun. Aber die meisten Leute kennen Uli Hoeneß doch eher als Chef des FC Bayern, und etwas weniger als Chef einer Nürnberger Wurstfabrik, und viele bedauern, dass er als Wurstfabrikant seine Glaubwürdigkeit verloren hat.

Uli Hoeneß hat mit dem Zeitpunkt der Bekanntgabe der Verpflichtung von Mario Götze unmittelbar nach Bekanntwerden des Hoeneß-Steuerskandals nichts zu tun.

Das war purer Zufall.

Oder aber eine Meisterleistung des investigativen Journalismus.

Die monatelange Recherche der Bild-Zeitung sorgte nämlich dafür, dass die Fans eine Nachricht serviert bekamen, die als echter Stimmungsaufheller gegen eine mögliche Bayern-Depression.

BILD enthüllt exklusiv die nächste Transfer-Sensation der Bayern: Die Münchner verpflichten nach Star-Trainer Pep Guardiola (42) auch Super-Star Mario Götze (20) für die kommende Saison.

Zwar schreibt die Bild nicht, woher sie diese Informationen hat, aber man kann annehmen, sie hat die Information aber nicht von Borussia Dortmund erhalten.  Der Club teilte mit:

Nationalspieler Mario Götze sowie sein Berater Volker Struth haben Borussia Dortmund vor einigen Tagen mitgeteilt, dass Götze von seiner Ausstiegsklausel Gebrauch machen und zum 1. Juli 2013 zum FC Bayern München wechseln möchte. "Wir sind natürlich über alle Maßen enttäuscht, betonen aber, dass sich sowohl Mario als auch sein Berater absolut vertragskonform verhalten haben", sagt Hans-Joachim Watzke, Borussia Dortmunds Vorsitzender der Geschäftsführung...Vom FC Bayern München hat sich bis zum heutigen Tag in dieser Angelegenheit kein Offizieller bei Borussia Dortmund gemeldet.

Die Mitteilung des 1. FC Bayern München bestätigt, dass auch der FC Bayern nicht die Quelle des Scoops der Bild-Zeitung gewesen sein kann:

Der FC Bayern München bestätigt, dass sich der Klub mit Nationalspieler Mario Götze (20) darauf geeinigt hat, dass er ab dem 1. Juli 2013 für den FC Bayern München spielt. Der FC Bayern ist bereit, die zwischen Borussia Dortmund und Mario Götze vereinbarte Ausstiegsklausel zu erfüllen.

Aus Rücksicht auf das anstehende Halbfinalspiel in der Uefa Champions League zwischen Dortmund und Real Madrid (Mittwoch, 24.4.13) wollte der FC Bayern München dies erst nach dieser Begegnung gegenüber dem BVB anzeigen.

Die Fanseite des BVB, schwatzgelb.de, nutzt angesichts des Wechsels zum FC Bayern München für eine ganz abwegige Theorie:

Mario Götze hat uns getäuscht. Und wir haben uns täuschen lassen. (...) Einmal mehr müssen wir Fans diese bittere Pille der Einsicht schlucken – und erkennen, dass der persönliche Lebenslauf allein, das Aufwachsen in dieser Stadt, die Spielfreude in dieser Mannschaft, das Glück mit dem aktuellen Trainer, das hier zu verdienende Geld und die gemeinsam erreichten Erfolge nicht jedem genügen, der sich zu Höherem berufen fühlt. (...) Und die Bayern? Die führen nicht erst seit heute Krieg. Und sie führen ihn mit ihren altbekannten Waffen. Schon vor der Saison wurden rund 70 Millionen netto in den Kader gepumpt, nun bedient man sich bei der direkten Konkurrenz.  Dass damit auch der eigene Präsident ein wenig aus der Schusslinie gerät, der seit dem Wochenende medial einer Straftat bezichtigt wird, ist wohl mehr als nur ein willkommener Nebeneffekt. Dass die zeitgleich entstehende Unruhe möglicherweise das Champions-League-Spiel des Ligakonkurrenten beeinträchtigen könnte, wird dabei mindestens billigend in Kauf genommen. Das sollte zumindest vor Augen haben, wer mit Hinblick auf Liga und Fünfjahreswertung auch international immer zu den Bayern hält.

Das ist eine Einzelmeinung. Es wäre grotesk, wenn der Wurstfabrikant aus Nürnberg der Bild-Zeitung die Götze-Nachricht gesteckt hätte.

Ein Steuerhinterzieher aus Nürnberg kann nichts über einen Millionen-Transfer beim FC Bayern wissen.

Bei den Facebook-Kommentaren zeigt sich auch, dass die Fußball-Fans in Deutschland solch plumpe Ablenkungsmanöver nicht nötig haben.

Der erste Artikel, den Bild.de zum Steuer-Skandal des Wurstfabrikanten aus Nürnberg veröffentlicht hat, war eine dpa-Meldung. Dem Anlaß enstprechend, hat niemand diese Meldung kommentiert.

Was geht die Fußball-Fans auch ein Unternehmer aus Franken an, der ein Steuerproblem hat.

Beim zweiten Artikel, in dem Hoeneß die Selbstanzeige bestätigt, kommentieren dagegen 866 Leser. Es muss sich um irregeleitete Dortmund-Fans gehandelt haben, die den Präsidenten des FC Bayern mit dem Wurstfabrikanten verwechselt haben.

Bei der Nachricht vom Dienstag über die vorübergehende Festnahme von Hoeneß hatten die Leser ihre Fähigkeit zur Differenzierung wiedergewonnen: Magere 14 Leser kommentierten den Vorfall aus der fernen Provinz.

Denn sie wußten: Ein den Fans unbekannter Wurstfabrikant Ulrich Hoeneß war verhaftet worden.

Uli Hoeneß, der Präsident des FC Bayern München, hat dagegen noch nie ein Polizierevier von innen gesehen.

Bei der Enthüllung des Transfers von Götze, die ebenfalls am Dienstag veröffentlicht wurde, waren die Fans schließlich wieder ganz bei Sinnen: Diese Exklusiv-Meldung wurde wirklich diskutiert, erreichte bis zum Mittwochabend 2.295 Kommentare auf Bild.de - wesentlich mehr als alle drei genannten Hoeneß-Texte zusammen.

Auf der Facebook-Seite der Zeitung ist eine ähnliche Entwicklung zu sehen. Die erste Meldung zu Hoeneß am Samstag, den 20. April, wurde bis jetzt 1.66 Mal geteilt und erntete über 2.100 Likes. Der bei Facebook veröffentlichte Link zur Götze-Geschichte wurde bisher 1.702 Mal geteilt und erhielt über 5.700 Likes. Hoeneß Festnahme hingegen kam nicht mal auf  2.000 Likes.

Zusätzlich dazu wurden seit Samstag von der Redaktion von Bild.de lediglich drei Artikel zur Hoeneß-Affäre auf Facebook publiziert. Der Götze-Transfer ist von der Redaktion seit Dienstagmittag bereits in fünf geposteten Artikeln auf der Facebook-Seite von Bild vertreten. Der Thema für die Bild-Zeitung war Götze.

Vom steuerhinterziehenden Wurstfabrikanten sprach keiner mehr.

In München dürfte sich der Präsident des FC Bayern sehr gefreut haben, dass sein FC Bayern mit einem wirklich wichtigen Thema die Aufmerksamkeit erhielt, die der Verein verdient.

In Nürnberg dürfte sich ein Wurstfabrikant ebenfalls sehr gefreut haben. Die Deutschen wissen, was wichtig ist.

Fußball.

Und nicht Konten in der Schweiz.

Er könne, wolle und werde sich einen FC Bayern nicht ohne den auf Kaution dem Knast entronnenen Uli Hoeneß vorstellen, sagte Karl-Heinz Rummenigge.

Da hat er recht.

Denn als steuerhinterziehender Wurstfabrikant mag Ulrich Hoeneß unter Umständen einen gewissen Glaubwürdigkeits-Verlust erlitten. Wenn Hoeneß als Wurstfabrikant durch die Altstadt von Nürnberg spaziert, ist es denkbar, dass der eine oder andere den Unternehmer schief anschaut. Viele werden es nicht sein, denn als Wurstfabrikant ist Hoeneß nicht bekannter als irgendwelche anderen Mittelständler in Nürnberg.

Als Präsident des FC Bayern hat Uli Hoeneß dagegen nicht ein Jota seiner Glaubwürdigkeit eingebüßt. Wenn er im Stadium auftritt, tritt er schließlich als Präsident des FC Bayern auf. Und als solcher hat er nicht einen Cent Steuern hinterzogen.

Beim FC Bayern ist die Welt in Ordnung. Der FC Bayern hat Geld ohne Ende. Er kann sich für 37 Millionen Euro einen 20jährigen, sympathischen Fußballspieler kaufen, der belegt, wie weitsichtig der Präsident des FC Bayern denkt.

Mit Geld kann man sich alles kaufen.

Vielleicht nicht unbedingt die Glaubwürdigkeit.

Aber vom Nürnberger Wurstfabrikanten Hoeneß spricht in einer solchen Stunden keiner mehr. Der hat Götze schließlich nicht gekauft.

Was sind auch ein paar Millionen, die Schulen, Kindergärten, Krankenhäusern dem deutschen Fiskus entgangen sind, im Vergleich zu einem Millionen-Geschäft im ewigen Schaumbad der deutschen Gesellschaft, dem Profifußball.

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