Politik

Fehler in EU-Gesetz ermöglicht riskante Bank-Geschäfte

Lesezeit: 1 min
13.08.2013 23:34
Ein Fehler in der Gesetzgebung in Brüssel hat es den europäischen Banken ermöglicht, mit kommunalen Anleihen in den USA zu zocken. Mit der Detroit-Pleite bekommen die Banken nun die erste Rechnung präsentiert. Weitere Tiefschläge dürften folgen.
Fehler in EU-Gesetz ermöglicht riskante Bank-Geschäfte

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die Europäische Union hat den Banken Europas den Weg in die US-Schuldenfalle geebnet. Durch eine Ausnahmeregelung konnten sie sich im großen Stil mit Anleihen US-amerikanischer Kommunen und Städte versorgen. Durch deren meist positives Rating musste nur wenig Eigenkapital für diese vermeintlich sicheren Anlagen hinterlegt werden.

Durch die in der Regel guten Ratings der Kommunen und Städte konnten die Banken Jahre lang fette Gewinne einfahren und mussten nur einen geringen Anteil des Risikos als finanziellen Puffer einlagern. In Zeiten, in denen von den Banken eine hohe Eigenkapitalquote verlangt wird, ist das ein lukratives Geschäft. Es erlaubt den Banken darüber hinaus, bei anderen Finanzgeschäften mehr Risiko einzugehen.

Was als Übergangsregelung im Kontext von Basel II gedacht war, wurde von der EU in permanent gültiges Recht umgesetzt, berichtet Reuters. So konnten die Banken dieses Schlupfloch uneingeschränkt nutzen. Zahlen der US-Schatzkammer belegen, dass Banken außerhalb der USA im März noch Anleihen von US-Kommunen in Höhe von 63,7 Milliarden Dollar gehalten haben.

Im Fall Detroit ist dieser Plan nach hinten losgegangen. Die Stadt hat bekannt gegeben, zahlungsunfähig zu sein. Ihre Schulden betragen etwa 18,5 Milliarden Dollar (mehr hier). Die belgische Bank Dexia ist mit 59 Millionen Euro in Detroit verschuldet. Die Steuerzahler aus Frankreich und Belgien müssen bereits für diese Abschreibungen aufkommen.

Die Commerzbank hat angegeben, eine bedeutende Summe infolge der Detroit-Pleite abschreiben zu müssen. Genaue Zahlen hat die Commerzbank nicht genannt. Schätzungen zufolge handelt es sich aber um einen dreistelligen Millionenbetrag (hier).

Das Beispiel könnte Schule machen. Viele US-Kommunen und Städte sind von der Pleite bedroht. Wenn diese ebenfalls Insolvenz anmelden, könnte es für die Banken noch teurer werden. Das Ausfallrisiko geht in die Milliarden (hier).

Die britische Großbank HSBC hält noch 800 Millionen Dollar dieser städtischen Anleihen. Allerdings durch ihre nordamerikanischen Holdings, die nicht den EU-Kriterien unterliegen. Die spanische Santander hält noch etwa zwei Milliarden Dollar in Anleihen in den USA. Etliche weitere europäische Banken haben ebenfalls hohe Investitionen in den USA getätigt, müssen diese aber erst ab einem Volumen von 500 Millionen Dollar deklarieren.

Die Lage kann eskalieren, da viele Kommunen und Städte in den USA leere Rentenkassen und hohe Kosten im Gesundheitssektor bewältigen müssen. Im Fall Detroit kam hinzu, dass die Bevölkerung seit der Jahrtausendwende um etwa ein Drittel gesunken ist (von 951.000 auf 690.000). Das hat der Stadt die Steuerbasis entzogen.

Ein solches Szenario kann sich in strukturschwachen Regionen wiederholen. Der Formfehler der EU könnte noch große Auswirkungen haben.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Technologie
Technologie Der Chefredakteur kommentiert: Kleiner Blackout - kein neuer Strom mehr in Oranienburg! Echt jetzt?
19.04.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Städtereisen neuentdeckt: Easyjet läutet Renaissance der Rollkoffer ein
19.04.2024

Vor genau 20 Jahren eroberte Easyjet mit seinen günstigen Flügen das Festland der EU. Der Start in Berlin-Schönefeld begann...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft G7-Außenministertreffen: Israel-Iran Konflikt überschattet Agenda
19.04.2024

Nach israelischem Angriff auf Iran: G7-Außenministertreffen auf Capri ändert Agenda. Diskussionen zu China und Cyber-Sicherheit werden...

DWN
Politik
Politik Forsa-Zahlen: Die Grünen unterliegen den Fliehkräften der Abwärtsspirale
19.04.2024

Und schon wieder eine Etage tiefer. Der Sog verstärkt sich und zieht die Partei Bündnis 90/Grüne immer weiter hinab in der Wählergunst....

DWN
Technologie
Technologie Sehnsuchtsort Mond – Wettlauf um Macht und Rohstoffe
19.04.2024

Forscher, Technologiefirmen und ganze Staaten streben nach neuen galaktischen Ufern. Der Mond lockt mit wertvollen Rohstoffen und dient...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Krieg: So ist die Lage
19.04.2024

Nach neuen Angriffen: USA und NATO erhöhen Unterstützung für Ukraine, während Russland seinen Machtanspruch verstärkt.

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Trotz Exportbeschränkungen: Deutsche Ausfuhren in den Iran gestiegen
19.04.2024

Deutsche Exporte in den Iran trotzen geopolitischen Spannungen: Anstieg trotz EU- und US-Sanktionen. Welche Kritikpunkte gibt es in diesem...

DWN
Immobilien
Immobilien Wie viel Immobilie kann ich mir 2024 leisten?
19.04.2024

Wie günstig ist die aktuelle Marktsituation für den Erwerb einer Immobilie? Auf welche Haupt-Faktoren sollten Kaufinteressenten momentan...