Politik

Memet Kilic (BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN)

Lesezeit: 2 min
16.09.2013 01:59
Memet Kilic (Bündnis 90/Die Grünen) ist Bundestagsabgeordneter. Er ist Mitglied im Petitionsausschuss und im Innenausschuss sowie stellvertretendes Mitglied im Rechtsausschuss.
Memet Kilic (BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN)

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Welchen Weg soll die EU einschlagen: Mehr Abgabe von Souveränität an Brüssel oder Rückgabe von Souveränität an die Nationalstaaten, wie von den Briten gefordert?

Mehr Europa heißt für uns nicht, dass die EU oder gar Brüssel in Zukunft alles regeln soll. Wir wollen, dass auf der Ebene entschieden wird, die bei der jeweiligen Herausforderung am besten, bürgernah und mit der höchsten Legitimität agieren kann. Ein starkes Europa steht für uns weder in Konkurrenz noch im Widerspruch zu handlungsfähigen Kommunen, Regionen, (Bundes-)Ländern und Nationalstaaten. Es kommt vielmehr darauf an, dass die unterschiedlichen Ebenen zusammenarbeiten. Dies bedeutet für die Praxis, dass die europäischen Institutionen viel stärker und früher als bisher alle politischen Ebenen durch Anhörungs- und Einflussrechte in die eigene Gesetzgebung einbinden sollen. Gleiches gilt für die nationale Ebene, die in vielen Fällen europäische Vorgaben in die nationalstaatliche Gesetzgebung implementiert und die Kriterien für die Vergabe von EU-Mitteln mitbestimmt. Das bedeutet auch, dass Kompetenzverlagerung keine Einbahnstraße ist. So wie es in vielen Bereichen sinnvoll ist, mehr Souveränität nach Europa zu verlagern, so lassen sich manche Bereiche besser national, regional oder lokal regeln. Deshalb sind wir grundsätzlich dafür, Kompetenzen auf untere Ebenen zurückzugeben, wenn es sachlich sinnvoll erscheint – auch das gehört zum Prinzip der Subsidiarität.

Soll es eine gemeinsame Haftung für die Schulden geben, oder soll jeder Nationalstaat für seine eigenen Schulden haften?

Einerseits birgt eine gemeinsame Haftung für Schulden die Chance, die Finanzmärkte zu beruhigen und die Zinslasten zu senken. Andererseits besteht bei einer bedingungslosen gemeinsamen Haftung aber auch das Risiko, die falschen Anreize für nationale Regierungen zu setzen. Daher haben wir uns nur für den Bereich der Altschulden für einen Altschuldentilgungsfonds mit gemeinsamer Haftung der Euro-Staaten (Modell des Sachverständigenrates) entschieden. Für neue Schulden sollen die Länder weiterhin selbst haften. Die Voraussetzung für eine dauerhafte Lösung der Eurokrise ist eine gemeinsame und koordinierte Wirtschafts- und Finanzpolitik in Europa. Wenn diese geschaffen ist, können gemeinsame europäische Anleihen allen europäischen Ländern nutzen.

Sparen geht am besten durch effizienten Einsatz von Steuergeldern. Sind Sie dafür oder dagegen, dass Behörden und Politiker, die nachweislich Steuergelder verschwendet haben, dafür auch bestraft werden sollen, etwa durch ein Bußgeld?

Bei nachgewiesener grober Fahrlässigkeit, z.B. wenn Ergebnisse von Ausschreibungsverfahren ignoriert werden, ist eine Bestrafung der Verantwortlichen sinnvoll. Bei politischen Entscheidungen ist eine Strafbarkeit aber grundsätzlich schwierig. Nehmen wir das Betreuungsgeld als Beispiel. Aus Grüner Sicht handelt es sich um eine Verschwendung von 1,2 Mrd. Euro Steuern pro Jahr. Wiederholt haben die EU-Kommission, die OECD und wissenschaftliche ExpertInnen darauf hingewiesen, dass Regelungen wie das Betreuungsgeld die Nichterwerbstätigkeit von Frauen fördern und deshalb kontraproduktiv sind. Die Koalition hat das Betreuungsgeld trotzdem eingeführt und ignoriert damit den einhelligen Rat der Experten. Trotzdem wäre eine Strafbarkeit im juristischen Sinne hier unangebracht. Es handelt sich um eine politische Entscheidung, über die zusammen mit anderen im Rahmen von Wahlen abgestimmt werden muss. Dafür gibt es im September die Bundestagswahl!

Was die Ausgaben des Bundes betrifft: Wir GRÜNE haben Einsparvorschläge im Bundeshaushalt im Milliardenhöhe vorgelegt. Zum Beispiel wollen wir auf teure und unsinnige Rüstungsprojekte verzichten und die Bundeswehr weiter verkleinern.


Mehr zum Thema:  
Europa >

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Politik
Politik Sunak in Berlin: Antrittsbesuch bei Kanzler Scholz - strategische Partnerschaft in Krisenzeiten
24.04.2024

Rishi Sunak besucht erstmals Berlin. Bundeskanzler Scholz empfängt den britischen Premierminister mit militärischen Ehren. Im Fokus...

DWN
Technologie
Technologie Habeck sieht großes Potenzial in umstrittener CO2-Einlagerung
24.04.2024

Die Technologie "Carbon Capture and Storage" (CO2-Abscheidung und -Speicherung) ist in Deutschland ein umstrittenes Thema. Inzwischen gibt...

DWN
Finanzen
Finanzen Bundesbank-Chef: Zinssenkungspfad unklar, digitaler Euro erstrebenswert
24.04.2024

Spannende Aussagen von Bundesbank-Präsident Joachim Nagel: Ihm zufolge wird die EZB nach einer ersten Zinssenkung nicht unbedingt weitere...

DWN
Panorama
Panorama Fahrraddiebe nehmen vermehrt teure E-Bikes und Rennräder ins Visier
24.04.2024

Teure E-Bikes und Rennräder sind seit Jahren immer häufiger auf den Straßen zu sehen - die Anzahl von Diebstählen und die...

DWN
Technologie
Technologie KI-Hype in Deutschland: Welle von neuen Startups formiert sich
24.04.2024

Obwohl die Finanzierung von Jungfirmen allgemein ins Stocken geraten ist, werden in Deutschland gerade unzählige KI-Startups gegründet....

DWN
Politik
Politik USA kündigen massive Waffenlieferungen in die Ukraine an - Selenskyj äußert Dank
24.04.2024

Der US-Kongress hat die milliardenschweren Ukraine-Hilfen gebilligt. Jetzt könnte es laut Pentagon bei der ersten Lieferung sehr schnell...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Preiskrieg in China: Volkswagen im harten Wettbewerb der Elektroauto-Branche
24.04.2024

Volkswagen, lange Zeit der unangefochtene Marktführer in China, sieht sich nun einem intensiven Wettbewerb um den Elektroautomarkt...

DWN
Finanzen
Finanzen Silber im Aufschwung: Das Gold des kleinen Mannes holt auf
24.04.2024

Silber hinkt traditionell dem großen Bruder Gold etwas hinterher. In den letzten Wochen hat der Silberpreis massiv zugelegt. Was sind die...