Lesezeit: 2 min
16.09.2013 01:12
Thomas Dörflinger (CDU) ist Bundestagsabgeordneter. Er ist Mitglied im Ausschuss für Arbeit und Soziales sowie Mitglied im Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union. Außerdem ist er stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung.
Thomas Dörflinger (CDU/CSU)

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Welchen Weg soll die EU einschlagen: Mehr Abgabe von Souveränität an Brüssel oder Rückgabe von Souveränität an die Nationalstaaten, wie von den Briten gefordert?

Das ist nicht so einfach mit Entweder/Oder zu beantworten, zumal man in Rechnung stellen muss, dass die seinerzeitigen Äußerungen David Camerons natürlich auch eine innenpolitische Motivation hatten. Es gibt Politikbereiche, wo eine stärkere Integration nicht nur durchaus Sinn macht, sondern mir sogar dringend erforderlich erscheint. Das betrifft etwa den Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) incl. einer stärkeren Integration in der Verteidigungspolitik bis hin zur Beschaffung von Rüstungsgütern. Auch in Fragen der Rohstoffpolitik oder in der Außenwirtschaftspolitik wäre ein Mehr an Gemeinsamkeit wünschenswert, weil es in all diesen Bereichen um die Wettbewerbssituation Europas im Vergleich mit anderen Regionen der Welt geht. Wenn die Bedeutung Europas zahlenmäßig durch den Rückgang der Bevölkerung schwindet, muss die politische Integration in manchen Bereichen besser und intensiver werden.

Aber: Regelungswut wie bei der viel apostrophierten Gurkenkrümmung oder die unlängst präsentierten Vorschläge zum Service von Olivenöl in Gaststätten gehören nicht zur politischen Integration, sondern bewirken das Gegenteil. Dem ist dadurch Einhalt zu gebieten, indem die Zahl der Kommissare (und Zuständigkeiten) verringert wird; so braucht nicht jede Stelle zum Nachweis ihrer Existenzberechtigung Vorschläge zu erbringen. Auch die Zahl der demokratisch nicht legitimierten EU-Agenturen sollte reduziert oder vielleicht besser ganz abgeschafft werden. Auch von dort gelangen auf Umwegen immer wieder verzichtbare Ratschläge an die Öffentlichkeit.

Schließlich ist im europäischen Primärrecht die Zuständigkeit der KOM zu präzisieren. Wo keine Zuständigkeit besteht, besteht eine Nichtzuständigkeit (vgl. Montesqieu). Weder brauchen wir in Europa ein einheitliches Steuerrecht noch ein einheitliches Sozialrecht. Wir brauchen lediglich einheitliche Standards, der Rest ist in der nationalen oder subnationalen Zuständigkeit (Subsidiarität!) ganz gut aufgehoben.

Soll es eine gemeinsame Haftung für die Schulden geben, oder soll jeder Nationalstaat für seine eigenen Schulden haften?

Die No-bail-out-Regelung hat im EU-Recht eigentlich eine klare Vorgabe geliefert. Man darf allerdings sicher unterschiedlicher Auffassung darüber sein, ob die Politik der EZB dieser Maßgabe gerecht wird. Das gilt auch für die Politik der Rettungsschirme durch den ESM. Meine Haltung dokumentiert sich durch mein Abstimmungsverhalten im Deutschen Bundestag. Ich bin dezidiert der Auffassung, dass eine Vergemeinschaftung von Schulden nicht geben darf; ob sich dies in der gegenwärtigen Politik der EZB dokumentiert oder als Eurobonds daher kommt, ist dabei sekundär.

Sparen geht am besten durch effizienten Einsatz von Steuergeldern. Sind Sie dafür oder dagegen, dass Behörden und Politiker, die nachweislich Steuergelder verschwendet haben, dafür auch bestraft werden sollen, etwa durch ein Bußgeld?

Der Fragestellung wohnt ein gewisses Maß an Populismus inne. Das hört sich zunächst einmal gut an. Jeder soll für das gerade stehen, was er tut. Die Frage ist nur, ob das im konkreten Fall dann auch praktikabel ist. Ich glaube das nicht. Die Einführung einer wie auch immer gearteten Amtshaftung wird in der öffentlichen Verwaltung dazu führen, dass sich Entscheidungsprozesse deutlich verlangsamen und tendenziell all das nicht mehr entschieden wird, was möglicherweise entweder quantitativ oder qualitativ mit persönlichen Folgen behaftet sein könnte. Es ist auch fraglich, ob ein konkretes Fehlverhalten von Einzelnen oder Mehreren in der Verwaltung überhaupt rechtssicher nachgewiesen werden kann. Ähnlich stellt sich die Frage bei politischen Entscheidungen: Wer soll hier in Haftung genommen werden? Das Parlament, die Regierung, einzelne Parlamentsausschüsse oder einzelne Abgeordnete? Ich halte einen solchen Ansatz nicht für zielführend.

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..


Mehr zum Thema:  
Europa >

DWN
Technologie
Technologie Viele Studierende rechnen mit KI-Erleichterungen im Joballtag
29.03.2024

Vielen Menschen macht Künstliche Intelligenz Angst, zum Beispiel weil KI Arbeitsplätze bedrohen könnte. In einer Umfrage stellte sich...

DWN
Politik
Politik Verfassungsgericht stärken: Mehrheit der Parteien auf dem Weg zur Einigung?
28.03.2024

Das Verfassungsgericht soll gestärkt werden - gegen etwaige knappe Mehrheiten im Bundestag in aller Zukunft. Eine Einigung zeichnet sich...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Deutschlands maue Wirtschaftslage verhärtet sich
28.03.2024

Das DIW-Konjunkturbarometer enttäuscht und signalisiert dauerhafte wirtschaftliche Stagnation. Unterdessen blieb der erhoffte...

DWN
Politik
Politik Corona-Aufarbeitung: Lauterbach will RKI-Protokolle weitgehend entschwärzen
28.03.2024

Gesundheitsminister Karl Lauterbach hat angekündigt, dass einige der geschwärzten Stellen in den Corona-Protokollen des RKI aus der...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Brückeneinsturz in Baltimore trifft Importgeschäft der deutschen Autobauer
28.03.2024

Baltimore ist eine wichtige Drehscheibe für die deutschen Autobauer. Der Brückeneinsturz in einem der wichtigsten Häfen der...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft „Made in Germany“ ist wieder gefragt - deutsche Exporte steigen deutlich
28.03.2024

Der Außenhandel in Deutschland hat wider Erwarten zu Jahresbeginn deutlich Fahrt aufgenommen. Insgesamt verließen Waren im Wert von 135,6...

DWN
Finanzen
Finanzen Der Ukraine-Krieg macht's möglich: Euro-Bonds durch die Hintertür
28.03.2024

Die EU-Kommission versucht, mehr Macht an sich zu ziehen. Das Mittel der Wahl hierfür könnten gemeinsame Anleihen, sogenannte Euro-Bonds,...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Osterfreude und EM-Fieber: Hoffnungsschimmer für Einzelhandel
28.03.2024

Das Ostergeschäft verspricht eine Wende für den deutschen Einzelhandel - nach einem düsteren Februar. Wird die Frühlingshoffnung die...