Politik

Italien in Aufruhr: Bürger mit Mistgabeln gegen die Regierung

Lesezeit: 2 min
11.12.2013 17:14
In Italien versetzt ein Protest-Sturm die Regierung Letta in Angst und Schrecken: Mit Mistgabeln bewaffnet marschieren in allen Städten Demonstranten auf. Die wütenden Bürger wirken äußerst entschlossen. und fordert ein Ende der globalen Ausbeutung und des Euro.
Italien in Aufruhr: Bürger mit Mistgabeln gegen die Regierung

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Die Regierung des sozialistischen Premiers Enrico Letta ist nervös: Am Mittwoch vor der Vertrauensfrage im Parlament wurden alle wichtigen Plätze und um das Parlament in Rom gesperrt. Der Grund: die italienische Regierung befürchtet Ausschreitungen bei Aufmärschen einer ganz neuen Protestbewegung. Diese Protestbewegung irritiert seit einigen Tagen die italienischen Politiker. Ausgehend von Turin haben sich die Bürger in zahlreichen Städten Italiens organisiert um gegen die Regierung zu protestieren. In Genua, Mailand, Alfano, Rom, Savona und zahlreichen anderen Städten waren auf einmal tausende Menschen auf den Straßen.

In einer Stadt soll es zu einer bemerkenswerten Szene gekommen sein: Polizisten sollen sich an die Spitze der Bewegung gesetzt haben (mehr hier).

Ihr Symbol sind die Mistgabeln („Forconi“). Die Bewegung war bereits im Jahr 2011 in Sizilien entstanden und hatte damals schon für Verunsicherung gesorgt. Von dieser Bewegung inspiriert, marschieren nun erneut massenhaft Italiener durch die Straßen der italienischen Städte. In der Hauptstadt soll kommende Woche eine Demonstration stattfinden zu der sich die Organisatoren Millionen Teilnehmer aus dem ganzen Land erhoffen.

Die Polizei hat sich in einigen Städten mit den Demonstranten verbrüdert.

Die neue Bewegung mit den Mistgabeln ist eine andere Bewegung als jene des politischen Außenseiters Beppe Grillo.

Auffällig an der Bewegung: Sie wirkt wesentlich aggressiver als vorangegangene Protestbewegungen. Man kann deutlich sehen, dass viele Italiener ihre Wut nicht länger zurückhalten wollen - und keiner Partei mehr trauen: Teilnehmer der Demonstrationen sagten in diversen Interviews, dass sich der Protest gegen alle richte - von links bis rechts.

Die Bewegung hat auch Kuriositäten zu bieten: Der Bauern-Führer Danilo Calvani erschien, wie der Corriere schreibt, in einer Luxus-Karosse zu den Aufmärschen. Von umstehenden gefragt, wem denn der noble Jaguar gehöre, sagte Calvani, es sei nicht sein Auto.

Die Bewegung ist politisch nicht einzuordnen und scheint keiner der klassischen Parteien nahe zu stehen.

Am ehesten kann man die Bewegung mit denen Anti-Banken-Proteste von Occupy Wall Street vor einigen Jahren vergleichen.

Die Forderungen der Demonstranten richten sich gegen die hemmungslose Globalisierung, die ihrer Meinung nach die Arbeitsplätze in Italien zerstört.

Die Demonstranten fordern außerdem einen grundlegenden Wandel des Verhältnisses Italiens zur EU. Wesentlich deutlicher als Grillo fordern Sie eine Rückkehr zur Souveränität des italienischen Volkes und eine eigene Währung als Parallelwährung zum Euro.

In die wirtschaftliche Kritik mischt sich auch sichtbare Verärgerung über die selbstgefällige Politik in Rom.

Unter den Demonstranten finden sich alle Berufsgruppen Italiens. Begonnen hatten die Ausschreitungen mit den Protesten von einigen kleinen Spediteuren welche in Turin gegen die hohen Autobahnkosten und Transportkosten demonstriert hatten. Seit dem Beginn der Proteste haben sich jedoch kleine Gewerbetreibende, Studenten, Sozialhilfegruppen und Bauern angeschlossen.

Danach hatten sich die Proteste auf Mailand ausgeweitet wo es am Mittwoch auch zu einer Vermischung der Demonstranten mit Fußballfans kam. Es kam zu Zusammenstössen, weil Hooligans vor dem Spiel gegen Ajax Amsterdam randalierten, wie der  Corriere berichtet (siehe Video am Ende des Artikels).

Die Veranstalter sind bemüht, die Lage ruhig zu halten.

Die Regierung in Rom ist sehr beunruhigt. Letta, der seine Vertrauens-Abstimmung gewann, versprach den Italienern das Blaue vom Himmel Wachstum und Jobs.

Denn die Demonstranten kommen aus dem Nichts.

Sie vertrauen niemandem.

Die Demonstranten rufen: „Vergogna!“ („Schande!“). Sie scheinen, anders als vorangegangene Bewegungen, entschlossen, sich von der Regierung diesmal nicht mit ein paar Phrasen abspeisen zu lassen.

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..


Mehr zum Thema:  
Europa >

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Technologie
Technologie Petrochemie: Rettungsleine der Ölindustrie - und Dorn im Auge von Umweltschützern
24.04.2024

Auf den ersten Blick sieht die Zukunft des Erdölmarktes nicht rosig aus, angesichts der Abkehr von fossilen Treibstoffen wie Benzin und...

DWN
Politik
Politik Sunaks Antrittsbesuch bei Kanzler Scholz - strategische Partnerschaft in Krisenzeiten
24.04.2024

Rishi Sunak besucht erstmals Berlin. Bundeskanzler Scholz empfängt den britischen Premierminister mit militärischen Ehren. Im Fokus...

DWN
Finanzen
Finanzen Bundesbank-Präsident: Zinssenkungspfad unklar, digitaler Euro erstrebenswert
24.04.2024

Spannende Aussagen von Bundesbank-Präsident Joachim Nagel: Ihm zufolge wird die EZB nach einer ersten Zinssenkung nicht unbedingt weitere...

DWN
Technologie
Technologie Habeck sieht großes Potenzial in umstrittener CO2-Einlagerung
24.04.2024

Die Technologie "Carbon Capture and Storage" (CO2-Abscheidung und -Speicherung) ist in Deutschland ein umstrittenes Thema. Inzwischen gibt...

DWN
Politik
Politik Chinesische Spionage: Verfassungsschutz mahnt Unternehmen zu mehr Vorsicht
24.04.2024

Der Verfassungsschutz warnt vor Wirtschaftsspionage und Einflussnahme aus China. Vor allem für deutsche Unternehmen wäre eine naive...

DWN
Panorama
Panorama Fahrraddiebe nehmen vermehrt teure E-Bikes und Rennräder ins Visier
24.04.2024

Teure E-Bikes und Rennräder sind seit Jahren immer häufiger auf den Straßen zu sehen - die Anzahl von Diebstählen und die...

DWN
Technologie
Technologie KI-Hype in Deutschland: Welle von neuen Startups formiert sich
24.04.2024

Obwohl die Finanzierung von Jungfirmen allgemein ins Stocken geraten ist, werden in Deutschland gerade unzählige KI-Startups gegründet....

DWN
Politik
Politik USA kündigen massive Waffenlieferungen in die Ukraine an - Selenskyj äußert Dank
24.04.2024

Der US-Kongress hat die milliardenschweren Ukraine-Hilfen gebilligt. Jetzt könnte es laut Pentagon bei der ersten Lieferung sehr schnell...