Finanzen

EZB nimmt bei Stresstest Rücksicht auf schwache Banken in Süd-Europa

Lesezeit: 4 min
01.05.2014 00:06
Beim bevorstehenden Stresstest wird voraussichtlich jede zehnte Bank durchfallen, erwartet die Europäische Bankenaufsicht. Damit die Banken im Süden Europas eine größere Chance haben zu bestehen, sind die Stresstests dort weniger streng als im Norden.
EZB nimmt bei Stresstest Rücksicht auf schwache  Banken in Süd-Europa

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die Europäische Zentralbank (EZB) gibt Banken mit einer zu schwachen Kapitalausstattung nach dem laufenden Fitness-Check der Branche bis zu neun Monate Zeit, um die Löcher zu stopfen.

Banken, bei denen sich bei der bald abgeschlossenen Bilanzprüfung oder dem Basisszenario des bald beginnenden Stresstests Lücken zeigten, erhielten eine Frist von einem halben Jahr, um diese mit hartem Kernkapital zu schließen, teilte die EZB am Dienstag in Frankfurt mit. Institute, bei denen sich die Löcher erst in dem viel härteren Krisenszenario des Stresstests zeigten, sollen neun Monate Zeit haben, berichtet Reuters.

Die Banken können dabei – in bestimmten Grenzen – auch so genanntes zusätzliches Kernkapital verwenden, beispielsweise neuartige „CoCo-Bonds“, zu deutsch: Zwangswandelanleihen. Allerdings sind diese nur dann einsetzbar, wenn ihre Zeichner an den Verlusten der Bank beteiligt werden, sobald deren Kapitalpuffer unter 5,5 Prozent fällt.

Die Deutsche Bank macht dabei den Anfang. Sie will im kommenden Monat CoCo-Bonds, auch Options-Genussscheine genannt, ausgeben. Die Emission der Deutschen Bank soll in drei jeweils mindestens 500 Millionen Euro großen Tranchen in Euro, Dollar und britischen Pfund begeben werden, (mehr hier).

Um Löcher in den Bilanzen zu stopfen wird daher erwartet, dass auch andere Banken in Deutschland, wie etwa die Aarealbank, in nächster Zukunft CoCo-Bonds ausgeben. In der Schweiz wie auch in Großbritannien sind diese „Options-Genussscheine“ längst auf der Tagesordnung. In Deutschland war die Bundesregierung den Banken entgegengekommen und gestattet ihnen Steuererleichterungen (hier).

Am Dienstag hatte die EU-Bankaufsichtsbehörde EBA in London die mit Spannung erwarteten Details des anstehenden Stresstests der 124 größten Banken in den 28 EU-Ländern bekannt gegeben. Der Test, der das Vertrauen in die Institute wiederherstellen und einen Schlussstrich unter die Finanz- und Bankenkrise ziehen soll, soll demnach strenger ausfallen als frühere ähnliche Checks. Ergebnisse wird es im Oktober geben. Der genaue Tag steht noch nicht fest. Ab dann läuft die Frist für die Banken ab, etwaige Löcher aufzufüllen, wie Reuters meldet.

Die EZB prüft die Banken in der Eurozone und die EBA die Banken außerhalb des Euroraums.

In Deutschland kommen 23 Geldhäuser unter die Lupe der EZB. Beunruhigt ist die Branche in Deutschland vor allem über die geplanten EZB-Vorgaben zur Bewertung der hinter Immobilienkrediten stehenden Sicherheiten. Zur Bewertung der ausfallgefährdeten Schiffsfonds gibt es bisher keine Angaben.

Nicht nur französische, sondern auch die deutschen Banken bemängelten den geplanten Aufwand der EZB-Tests. Diese sollten auf ein „vernünftiges Niveau“ reduziert werden. Notenbankgouverneur Christian Noyer war insbesondere die 300 Fragen umfassende Überprüfung des Kreditbestandes der Institute ein Dorn im Auge. Der europäische Branchenverband EBF forderte Ende März „substanzielle Vereinfachungen“.

Beim anstehenden Bilanz-Check müssen die Bankinstitute nachweisen, dass sie einer niedrigen Inflationsrate sowie einem Verfall von Immobilienpreisen bis zu etwa 21 Prozent und einem Einbruch von 19 Prozent bei Aktienkursen standhalten können, berichtet Bloomberg.

Außerdem sieht der Check sieht vor, dass die Banken auch bei einem Konjunktur-Abschwung noch passabel aufgestellt sind. So wird ein Negativ-Szenario angenommen, wonach die europäische Wirtschaft in 2014 nicht, wie angenommen, einen Aufschwung verzeichnet, sondern um 0,7 Prozent einbricht. Für 2015 wird eine Schrumpfung von 1,5 Prozent simuliert und für das darauf folgende Jahr ein geringer Aufschwung von 0,1 Prozent. Die Baseline simuliert einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 2,1 Prozent in der gesamten EU bis Ende 2016.

Der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, warnte dagegen davor, die Tests überzubewerten: „Wir sollten nicht der Illusion unterliegen, dass der Bankenstresstest eine künftige Banken- und Finanzkrise verhindert.“

Insgesamt müssen die Banken auf eine harte Eigenkapitalquote von mindestens 5,5 Prozent unter den genannten Bedingungen kommen. Dies soll gewährleisten, dass Risikopositionen entsprechend abgesichert sind. Eigenkapital gilt als wichtiger Puffer gegen neue Bankenkrisen.

Daher bleibt zu vermuten, dass nun europaweit von den Banken CoCo-Bonds ausgegeben werden, um Eigenkapital-Lücken aufzufüllen und somit den Stress-Test zu bestehen.

Eine weitere Variante ist, faule Kredite abzustoßen und in Bad Banks zu verlagern. Viele Geldhäuser, etwa die italienische UniCredit, haben in den vergangenen Monaten frisches Eigenkapital eingesammelt oder faule Kredite abgestoßen, um sich für den Test zu wappnen.

Doch es gibt beispielsweise auch Geschenke von der italienischen Zentralbank. UniCredit war im vergangenen Jahr tief in die roten Zahlen gerutscht. Wegen Abschreibungen auf Firmenwerte sowie zusätzlichen Rückstellungen für faule Kredite fiel ein Verlust von 14 Milliarden Euro an. Analysten hatten mit einem Gewinn von gut 916 Millionen Euro gerechnet.

Die schlechten Zahlen hatten alle überrascht – erklären jedoch, warum die italienische Notenbank mit einer Neubewertung ihres Kapitals der Unicredit ein Milliarden-Geschenk gemacht hat, (hier).

Die EZB, die an der Ausarbeitung des Stresstests beteiligt war, will nun sicherstellen, dass sie es mit gesunden, widerstandsfähigen Banken zu tun hat, wenn sie deren Aufsicht in den 18 Euro-Ländern übernimmt.

Jedoch werden nicht alle Banken gleich stark gestresst: So trifft der simulierte Einbruch der Gewerbeimmobilien-Märkte Banken aus Großbritannien, Schweden und Dänemark nach den EBA-Unterlagen härter als ihre Rivalen in Österreich, Portugal und Spanien. Grund für die vergleichsweise sanfte Behandlung von Banken von der iberischen Halbinsel ist, dass diese bereits in der jüngsten Krise mit den Folgen einer geplatzten Immobilienblase zu kämpfen hatten, Geldhäuser aus Großbritannien hingegen nicht, heißt es bei Reuters.

Das bedeutet, dass nordeuropäische Banken strenger geprüft werden als die südeuropäischen.

Wie Reuters meldet, begrüßte Neil Williamson vom Vermögensverwalter Aberdeen Asset Management die Detailgenauigkeit der Szenarien. „Aber dass eine breit angelegte Deflation fehlt, ist ein doch schon sehr offensichtliches Problem.“ Allerdings sei es verständlich, dass die Aufseher eine solche für die Konjunktur gefährliche Abwärtsspirale nicht einbezogen hätten. Denn damit hätte man wohl dem gerade erst wieder zurückkehrenden Vertrauen in die Euro-Zone einen Stoß versetzt“.

EBA-Chef Andrea Enria erklärte in London, der Stresstest werde zeigen, ob die Anstrengungen der Geldhäuser zur Stärkung ihrer Kapitalbasis schon Früchte getragen hätten: 5,5 Prozent hartes Kernkapital selbst unter härtestem Stress sind Pflicht. Banken, die auch ohne eine Krise nicht genügend Kapital vorweisen können – hier sind acht Prozent vorgeschrieben – bekommen laut EZB sechs Monate Zeit, diese Löcher zu stopfen. Banken, die das Krisenszenario nicht bestehen, haben drei Monate mehr Zeit dafür.

Insgesamt wird davon ausgegangen, dass rund 10 Prozent der Banken beim bevorstehenden Stresstest durchfallen werden.

Für die Bewertung von Staatsanleihen ist hinsichtlich des Negativ-Szenarios ein „Schock vorgesehen, der die gesamten Bilanzen der Banken beeinträchtigt“, heißt es in dem Entwurf der Details, die von der EBA am Dienstag herausgegeben wurden. Auch stelle es einen „Schock für die Finanzierungskosten der Banken dar“.

Unlängst wurde bekannt, dass sich in den USA bei einem Banken-Stresstest ein „Rechenfehler“ bei der Bewertung der Bank of America eingeschlichen hatte (hier). Das überraschende Auftauchen des angeblichen Rechenfehlers, den niemand bemerkt haben soll, stellt sowohl die Sicherheit aller anderen Banken als auch den Sinn von Stresstests infrage. Denn noch vor wenigen Wochen war Bank of America unter den vielen Banken, die den Stresstest der Federal Reserve bestanden.

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..


Mehr zum Thema:  

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft „Made in Germany“ ist wieder gefragt - deutsche Exporte steigen deutlich
28.03.2024

Der Außenhandel in Deutschland hat wider Erwarten zu Jahresbeginn deutlich Fahrt aufgenommen. Insgesamt verließen Waren im Wert von 135,6...

DWN
Immobilien
Immobilien Immobilienkrise für Banken noch nicht überwunden
28.03.2024

Die deutschen (Pfandbrief-)Banken sind stark im Gewerbeimmobilien-Geschäft engagiert. Das macht sie anfällig für Preisrückgänge in dem...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Tarifkonflikt gelöst: Keine Lufthansa-Streiks zu Ostern
28.03.2024

Nachdem die Deutsche Bahn ihren Tarifkonflikt mit der Lokführergewerkschaft GDL in dieser Woche gelöst hat, scheinen auch bei der...

DWN
Finanzen
Finanzen Der Ukraine-Krieg macht's möglich: Euro-Bonds durch die Hintertür
27.03.2024

Die EU-Kommission versucht, mehr Macht an sich zu ziehen. Das Mittel der Wahl hierfür könnten gemeinsame Anleihen, sogenannte Euro-Bonds,...

DWN
Politik
Politik Bundeswehr unterstützt Strukturwandel in der Lausitz
27.03.2024

In Bernsdorf im Landkreis Bautzen wird ein neues Logistik-Zentrum der Bundeswehr entstehen. Das entschied Verteidigungsminister Boris...

DWN
Unternehmen
Unternehmen EU blockiert Übernahme von ITA Airways und schützt Lufthansa vor sich selbst
27.03.2024

Brüssel hat neue Hürden für die Übernahme der italienischen Fluggesellschaft ITA Airways aufgestellt. Die dänische EU-Kommissarin...

DWN
Finanzen
Finanzen Gold verkaufen: So geht's und so erhalten Sie den besten Preis
27.03.2024

Der Goldpreis-Rekord liegt bei über 2.200 US-Dollar, erst kürzlich erreichte das Edelmetall dieses historische Hoch. Viele Goldbesitzer...

DWN
Finanzen
Finanzen Staatsschulden steigen - Ende 2023 bei fast 2,5 Billionen Euro
27.03.2024

Die öffentlichen Staatsschulden sind im vergangenen Jahr um 3,3 Prozent gestiegen. Die Verschuldung des Bundes nahm überdurchschnittlich...