Unternehmen

Hohes Risiko von Ausfall bei Staatsanleihen der Schwellenländer

Lesezeit: 2 min
30.06.2014 01:39
Die „lockere Geldpolitik“ der Zentralbanken haben einen enormen Anstieg beim Kauf von Staatsanleihen aus Schwellenländer ausgelöst. Wenn der Ausverkauf kommt, könnte er in einem Desaster enden. Auch der steigende Ölpreis könnte viele Schwellenländer zum Verhängnis werden.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die globale Liquiditätsschwemme entsprechend der „quantitativen Lockerung“ durch die US-Notenbank und anderer Zentralbanken hat einen sprunghaften Anstieg der Emissionen von Staatsanleihen und Unternehmen in den Schwellenländern (auch Emerging Market, EM, genannt) ausgelöst. Investitionen in diese Anleihen waren zwar schon vor der Finanzkrise 2008 und 2009 zu beobachten, wurden jedoch anschließend durch die Suche nach immer höheren Renditen beschleunigt.

Das Volumen der Verschuldung der Schwellenländer stieg nach Angaben der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) von 650 Milliarden US-Dollar im Jahr 2001 auf nahezu 6,9 Billionen US-Dollar Ende 2013.

Zuletzt waren Staatanleihen der BRICS-Länder: Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika ein Hort für internationale Anleger jedweder Couleur.

Die meisten Käufer dieser Staats-Schulden waren sogenannte „Echt-Geld“-Investoren, also Pensionsfonds, Versicherungsgesellschaften, Staatsfonds und sogar Zentralbanken – im Gegensatz zu Hedgefonds, die eher „heißes Geld“ investieren; also Kapital, das von einem Land zum anderen fließt, um kurzfristig Gewinn zu schöpfen oder aus Wechselkurs-Spekulationen Profit zu generieren. (Es wird auch deshalb als „heißes Geld“ bezeichnet, da sich die spekulativen Kapitalströme schnell in die Finanzmärkte und wieder heraus bewegen; was zur Instabilität der Märkte führt.) Hedgefonds haben dagegen, wie die Financial Times berichtet, nur in früheren Jahren in BRICS-Staatsanleihen investiert.

Nun gibt es Befürchtungen, dass die sogenannten „Echtgeld-Investoren“, die gut mit Liquidität ausgestattet sind, Anleihen von Schwellenländern kaufen, die sie normalerweise nicht kaufen würden.

„Diese Investoren sind quasi wegen des ständigen Gelddruckens der Zentralbanken gezwungen, zu kaufen“, erläuterte Elbek Muslimov, Leiter des „EM“-Kredithandels bei der Citi-Bank. „Manchmal sind sie sogar gezwungen, gegen ihren Willen zu kaufen. Sie bekommen Zuflüsse in ihre Fonds, die sie als Portfoliomanager investieren müssen, und deshalb kaufen sie auch riskantere Vermögenswerte“. Aber wie und ob sie in Zukunft wieder aus den Anleihen herauskämen – das sei ein immenses Wagnis, meldet die FT.

Analysten warnen indessen vor einer Eskalation auf den EM-Märkten, insbesondere auf dem Sekundär-Markt, wo bereits ausgegebene Staatsanleihen gekauft und verkauft werden. Im Hinblick auf die starke Volatilität (Schwankungen) könnte ein plötzlicher, ungeordneter Verkauf der Anleihen stattfinden, zumal es derzeit wieder Spekulationen gibt, dass die Zinsen für US-amerikanische Staatsanleihen ansteigen.

„Der globale, langfristige Zinssatz hat für die Geldpolitik der Schwellenländer jetzt viel mehr Bedeutung als noch vor einem Jahrzehnt“, erklärt noch im Februar die BIZ in einem Arbeitspapier.

Dies steht im Widerspruch zu den weit verbreiteten Behauptungen, die Schwellenländer seien von der Straffung der Geldpolitik durch die US-Notenbank-Politik nicht betroffen, da sie in der Vergangenheit mit ihren eigenen Währungen Schulden gemacht und riesige Devisenreserven angehäuft hätten.

Der Lenkungsausschuss des IWF mahnte vor kurzem, ein Ausstieg aus der extrem lockeren Geldpolitik der Notenbanken dürfe nicht zu einer Destabilisierung der Schwellenländer führen. Dagegen müssten umgehend „Schutzmaßnahmen“ eingeführt werden.

Die Mahnung verhallte ungehört.

Indessen verlagert sich der Fokus auf die sogenannten „Fragile Five", also auf die fünf Wackelkandidaten der Schwellenländer. Dies sind die Türkei, Indien, Indonesien, Südafrika und Brasilien.

Aktuell macht diesen fünf Ländern der Anstieg des Ölpreises schwer zu schaffen. Denn ansteigende Preise für Energie verteuern die Importe der „Fragile Five“. Und die meisten dieser Staaten importieren mehr, als sie exportieren. Deshalb sind sie von ausländischem Kapital abhängig, um die Lücke in ihrer Leistungs- bzw. Zahlungsbilanz zu schließen. Doch steigende Energiepreise dürften die Inflation beschleunigen, was in der Regel Investitionen abstößt.

Die Schlussfolgerung: Investoren befürchten eine gefährliche Schieflage in diesen Staaten, was eine abermalige Kapitalflucht zur Folge hätte.

Anleger gehen davon aus, dass die jüngste Schwäche an den Aktien- und Devisenmärkten einen neuen Ausverkauf auch in anderen Schwellenländern freisetzt. Wichtigstes Augenmerk dabei ist, ob die Preise für Öl weiter ansteigen, ein weiterer Indikator wäre eine veränderte Geldpolitik der Fed.

Die Rohölsorte Brent, Indikator für die Preise am Ölmarkt, hat sich seit dem 10.Juni, als die „ISIS“ die irakischen Städte Mossul und Tikrit besetzten, um mehr als 5 Prozent verteuert. Sollte die Krise in der Region anhalten, dürften die Ölpreise noch weiter anziehen – mit verhängnisvollen Auswirkungen auf die Schwellenländer.

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

 


Mehr zum Thema:  

DWN
Finanzen
Finanzen Bundesbank: Erholung der deutschen Wirtschaft verzögert sich
29.03.2024

Europas größte Volkswirtschaft kommt nicht richtig in Fahrt. Die Aussichten für die nächsten Monate sind nach Experteneinschätzung...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Neue Reiseziele: So manche Überraschung im Sommerflugplan
29.03.2024

Ab Ostern tritt an den deutschen Flughäfen der neue Sommerflugplan in Kraft. Die Deutschen Wirtschaftsnachrichten haben für Sie als Leser...

DWN
Politik
Politik Vor 20 Jahren: Größte Erweiterung der Nato - eine kritische Betrachtung
29.03.2024

Am 29. März 2004 traten sieben osteuropäische Länder der Nato bei. Nicht bei allen sorgte dies für Begeisterung. Auch der russische...

DWN
Technologie
Technologie Viele Studierende rechnen mit KI-Erleichterungen im Joballtag
29.03.2024

Vielen Menschen macht Künstliche Intelligenz Angst, zum Beispiel weil KI Arbeitsplätze bedrohen könnte. In einer Umfrage stellte sich...

DWN
Politik
Politik Verfassungsgericht stärken: Mehrheit der Parteien auf dem Weg zur Einigung?
28.03.2024

Das Verfassungsgericht soll gestärkt werden - gegen etwaige knappe Mehrheiten im Bundestag in aller Zukunft. Eine Einigung zeichnet sich...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Deutschlands maue Wirtschaftslage verhärtet sich
28.03.2024

Das DIW-Konjunkturbarometer enttäuscht und signalisiert dauerhafte wirtschaftliche Stagnation. Unterdessen blieb der erhoffte...

DWN
Politik
Politik Corona-Aufarbeitung: Lauterbach will RKI-Protokolle weitgehend entschwärzen
28.03.2024

Gesundheitsminister Karl Lauterbach hat angekündigt, dass einige der geschwärzten Stellen in den Corona-Protokollen des RKI aus der...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Brückeneinsturz in Baltimore trifft Importgeschäft der deutschen Autobauer
28.03.2024

Baltimore ist eine wichtige Drehscheibe für die deutschen Autobauer. Der Brückeneinsturz in einem der wichtigsten Häfen der...