Deutschland

Experten: Mietpreise werden weiter steigen

Lesezeit: 2 min
24.09.2014 11:19
Die Mietpreisbremse soll 2015 in Kraft treten. Doch für Neubauten gilt eine Ausnahme. Die Immobilienwirtschaft hält das Gesetz für „falsch und untauglich“. Der Mieterbund nennt es gar „überflüssig“. Das Gesetz soll bei Neuvermietungen den Preisanstieg bei 10 Prozent deckeln.
Experten: Mietpreise werden weiter steigen

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

In München, Frankfurt und anderen Ballungszentren sollen die Wohnungsmieten künftig nicht mehr explosionsartig steigen. Union und SPD einigten sich am Dienstag auf die Eckpunkte einer Mietpreisbremse, die in der ersten Hälfte 2015 in Kraft treten und zunächst für fünf Jahre gelten soll. Dann dürfen die Preise für neu vermietete Wohnungen nicht mehr als zehn Prozent über der ortsüblichen Miete liegen, wie Bundesjustizminister Heiko Maas sagte. Die Deckelung soll nur in Gegenden gelten, wo die Länder einen „angespannten Wohnungsmarkt" ausmachen.

Allerdings kommt die Mietpreisbremse mit Einschränkungen: Die Immobilienwirtschaft begrüßte, dass Neubauten anders als zunächst geplant voll ausgenommen werden. Auch bei umfassenden Modernisierungen soll die Preisbremse nicht greifen. Lob für die Pläne gab es dafür vom Mieterbund.

Ab 2015 soll zudem nicht mehr automatisch der Mieter den Makler bezahlen, sondern der Auftraggeber. „Künftig gilt also: Wer bestellt, der bezahlt – wie überall sonst auch", sagte Maas (SPD). Beim Kauf von Immobilien gilt dies jedoch nicht. Bereits in ihrem Koalitionsvertrag Ende 2013 hatten Union und SPD die Mietpreisbremse vereinbart. Sie waren damit in der Bau- und Immobilienbranche auf harsche Kritik gestoßen. Die Lobbyverbände geißelten, dass die Pläne Investoren abschrecken und den nötigen Neubau von Wohnungen abwürgen würden. Bisher gibt es nur eine Deckelung für Bestandsmieten.

Waren zunächst nur Erstvermietungen in Neubauten von der geplanten Preisbremse ausgenommen, gilt dies nach der jüngsten Einigung nun komplett für Neubauten. „Damit scheint der gröbste Schnitzer behoben", bilanzierte der Präsident des Zentralen Immobilien Ausschusses (ZIA), Andreas Mattner. Dennoch sei das Gesetz falsch und untauglich.

Der Branchenverband BVFI betonte, die Mietpreisbremse sei überflüssig und werde keine einzige zusätzliche Wohnung auf den Markt bringen. „Nur das würde eine angespannte Situation entspannen."

Der Mieterbund wiederum bezeichnete den Kompromiss bei den Neubauten als überflüssig. Union und SPD sprachen nach monatelangen Diskussionen von einem gerechten Ausgleich zwischen den Interessen von Mietern und Investoren. SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann betonte, den besten Mieterschutz biete ausreichender Wohnraum, deshalb müsse weiter investiert werden.

Greifen soll die Preisbremse nur in Gebieten, die von den Bundesländern explizit ausgewiesen werden, also voraussichtlich in Ballungsräumen und Universitätsstädten. Dort sind bei Neuvermietungen Preisaufschläge von 30 bis 40 Prozent keine Ausnahme. Als „angespannter Wohnungsmarkt" sollen dem geplanten Gesetzentwurf zufolge Gebiete gelten, in denen etwa die Mieten deutlich stärker steigen als im bundesweiten Schnitt oder die Mietbelastung der Haushalte den Durchschnitt in Deutschland spürbar übersteigt. Dort können die Länder dann bis Ende 2020 per Rechtsverordnung festlegen, wo genau die Preisbremse für fünf Jahre gelten soll. ZIA-Präsident Mattner kritisierte: "De facto kann die Bremse nun zehn, nicht nur fünf Jahre gelten."

Mieter können künftig bis zu einem Jahr nach Vertragsabschluss zu viel gezahlte Miete zurückfordern, müssen zunächst aber einen Verstoß gegen die Vorschriften der Preisbremse rügen. Nach Angaben des Verbraucherschutzministeriums sollten sich Mieter zunächst an einen Mieterverein wenden oder sich anwaltlich beraten lassen. Für Vermieter gilt Bestandsschutz, sie müssen also die Miete für eine frei gewordene Wohnung nicht senken – auch wenn diese oberhalb des Preisdeckels liegt.

Verbraucherschutzminister Maas will nach drei Jahren ausloten, ob das Gesetz seinen Zweck erfüllt hat. Baden-Württemberg sprach von einem Durchbruch für bezahlbare Mieten und kündigte an, die Preisbremse schnellstmöglich anzuwenden. Das Bundeskabinett will den Entwurf am 1. Oktober verabschieden.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Technologie
Technologie KI-Chips trotz Exportbeschränkungen: China sichert sich US-Technologie durch die Hintertür
25.04.2024

Trotz der US-Exportbeschränkungen für Hochleistungsprozessoren scheint China einen Weg gefunden zu haben, sich dennoch mit den neuesten...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Russlands Kriegswirtschaft: Putin geht das Geld nicht aus
25.04.2024

Russlands Wirtschaft wächst weiterhin, ist aber stark von der der Kriegsproduktion abhängig. Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius...

DWN
Technologie
Technologie Petrochemie: Rettungsleine der Ölindustrie - und Dorn im Auge von Umweltschützern
24.04.2024

Auf den ersten Blick sieht die Zukunft des Erdölmarktes nicht rosig aus, angesichts der Abkehr von fossilen Treibstoffen wie Benzin und...

DWN
Politik
Politik Sunaks Antrittsbesuch bei Kanzler Scholz - strategische Partnerschaft in Krisenzeiten
24.04.2024

Rishi Sunak besucht erstmals Berlin. Bundeskanzler Scholz empfängt den britischen Premierminister mit militärischen Ehren. Im Fokus...

DWN
Finanzen
Finanzen Bundesbank-Präsident: Zinssenkungspfad unklar, digitaler Euro erstrebenswert
24.04.2024

Spannende Aussagen von Bundesbank-Präsident Joachim Nagel: Ihm zufolge wird die EZB nach einer ersten Zinssenkung nicht unbedingt weitere...

DWN
Technologie
Technologie Habeck sieht großes Potenzial in umstrittener CO2-Einlagerung
24.04.2024

Die Technologie "Carbon Capture and Storage" (CO2-Abscheidung und -Speicherung) ist in Deutschland ein umstrittenes Thema. Inzwischen gibt...

DWN
Politik
Politik Chinesische Spionage: Verfassungsschutz mahnt Unternehmen zu mehr Vorsicht
24.04.2024

Der Verfassungsschutz warnt vor Wirtschaftsspionage und Einflussnahme aus China. Vor allem für deutsche Unternehmen wäre eine naive...

DWN
Panorama
Panorama Fahrraddiebe nehmen vermehrt teure E-Bikes und Rennräder ins Visier
24.04.2024

Teure E-Bikes und Rennräder sind seit Jahren immer häufiger auf den Straßen zu sehen - die Anzahl von Diebstählen und die...