Politik

Bundesregierung plant umfassende Sammlung von Fluggast-Daten

Lesezeit: 1 min
29.10.2014 11:49
Die Bundesregierung und die EU wollen eine flächendeckende Sammlung der Flugdaten auch aller unbescholtenen Bürger. Detailliere Datensätze wie IP-Adressen von Computern, die zur Buchung benutzt werden, Essensvorlieben oder gemeinsame Hotelbuchungen mit Mitreisenden sollen protokolliert und der Regierung zugänglich gemacht werden. Als Anlass für diese neue Überwachungsmaßnahme wird der Kampf gegen den Terror genannt.

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Im Eiltempo soll auf EU-Ebene eine riesige Sammlung von Fluggastdaten beschlossen werden. Als Grund wird die Kontrolle der Ein- und Ausreisen von islamistischen Kämpfern genannt. Dies ist aber mit bereits existierenden Informationssystemen machbar“, erklärt der Bundestagsabgeordnete Andrej Hunko zur Antwort der Bundesregierung auf eine entsprechende Anfrage.

Seit 2008 wird die Einrichtung einer EU-Vorratsdatenspeicherung von Fluggastdatendatensammlung (Passenger Name Records, PNR) diskutiert. Eine Vorlage der Kommission war vom EU-Parlament aus Datenschutzgründen abgelehnt worden. Vorgesehen ist, alle Flüge in oder aus der EU zu erfassen. Den 28 Mitgliedstaaten ist freigestellt, auch innereuropäische Flüge zu verarbeiten. Im Falle einer Errichtung würden rund 60 verschiedene Datensätze protokolliert. Hierzu gehören IP-Adressen von Computern, die zur Buchung benutzt werden, Essensvorlieben oder gemeinsame Hotelbuchungen mit Mitreisenden. Die Daten würden in einer noch zu errichtenden Zentralstelle verarbeitet, so Hunko.

Andrej Hunko:

Laut der Bundesregierung diene ein EU-PNR-System zur Feststellung der Reisebewegungen terrorismusverdächtiger Personen. Allerdings erhält jede Grenzpolizei von Fluggesellschaften bei ankommenden Flügen schon jetzt die Personendaten aller Reisenden (die sogenannten Advance Passenger Informationen, API). Zur Fahndung oder Ausreiseversagung ausgeschriebene Personen können also zügig erkannt werden.

Tatsächlich geht es der Bundesregierung darum, nachträglich in den Datenbergen zu wühlen. Dadurch sollen auffällig gewordene Reisende und deren Mitreisende ausgespäht werden. Hier entsteht eine uferlose Vorratsdatenspeicherung von Flugreisenden, auf die Polizeien und Geheimdienste ungehinderten Zugriff fordern.

Im Windschatten der zweifellos notwendigen Kontrolle von ‚islamistischen Gefährdern‘ werden weitreichende Grundrechtsänderungen vorgenommen. Aus Erfahrung wissen wir, dass neue Informationssysteme später aufgebohrt und um neue Nutzungen erweitert werden. Das EU-PNR-System ist geeignet, Bewegungsprofile von Personen anzulegen und deren persönliches Umfeld in einem Diagramm darzustellen. Sogar die Nutzung zur Verfolgung unerwünschter Migration wird diskutiert.

Schon jetzt werden Daten der privaten Telekommunikation und von Finanztransaktionen aufgehoben und von Behörden analysiert. Die Maßnahmen greifen sämtlich tief in die Grundrechte ein. Ich stehe einer dritten Vorratsdatenspeicherung zu Reisebewegungen deshalb kritisch gegenüber.

Ein EU-PNR-System widerspräche auch der Rechtsprechung. Denn sowohl der Europäische Gerichtshof als auch das Bundesverfassungsgericht hatten der Einrichtung neuer anlassloser Datensammlungen hohe Hürden gesetzt.

Der hektische Aktionismus des Bundesinnenministeriums erinnert an die Terrorismusgesetzgebung nach den Anschlägen des 11. September 2001. Wir dürfen die Deutungshoheit über die Gefahr von ‚ausländischen Kämpfern‘ aber nicht den innenpolitischen Scharfmachern überlassen.

Ich plädiere deshalb dafür, Gesetzesverschärfungen nicht im Eiltempo durchzupeitschen sondern eine Auseinandersetzung über ihre bürgerrechtliche Brisanz zu führen. Im Falle der Fluggastdatensammlung halte ich eine Ausweitung der behördlichen Sammelwut für überflüssig“.


Mehr zum Thema:  
Europa >

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Politik
Politik Sunak in Berlin: Antrittsbesuch bei Kanzler Scholz - strategische Partnerschaft in Krisenzeiten
24.04.2024

Rishi Sunak besucht erstmals Berlin. Bundeskanzler Scholz empfängt den britischen Premierminister mit militärischen Ehren. Im Fokus...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Lieferdienste in Deutschland: Bei Flink, Wolt und anderen Lieferando-Konkurrenten geht es um alles oder nichts
24.04.2024

Getir, Lieferando, Wolt, UberEats - es fällt schwer, in deutschen Großstädten beim Angebot der Essenskuriere den Überblick zu...

DWN
Finanzen
Finanzen Bundesbank-Chef sieht Zinssenkungspfad unklar und plädiert für digitalen Euro
24.04.2024

Spannende Aussagen von Bundesbank-Präsident Joachim Nagel: Ihm zufolge wird die EZB nach einer ersten Zinssenkung nicht unbedingt weitere...

DWN
Panorama
Panorama Fahrraddiebe nehmen vermehrt teure E-Bikes und Rennräder ins Visier
24.04.2024

Teure E-Bikes und Rennräder sind seit Jahren immer häufiger auf den Straßen zu sehen - die Anzahl von Diebstählen und die...

DWN
Technologie
Technologie KI-Hype in Deutschland: Welle von neuen Startups formiert sich
24.04.2024

Obwohl die Finanzierung von Jungfirmen allgemein ins Stocken geraten ist, werden in Deutschland gerade unzählige KI-Startups gegründet....

DWN
Politik
Politik USA kündigen massive Waffenlieferungen in die Ukraine an - Selenskyj äußert Dank
24.04.2024

Der US-Kongress hat die milliardenschweren Ukraine-Hilfen gebilligt. Jetzt könnte es laut Pentagon bei der ersten Lieferung sehr schnell...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Preiskrieg in China: Volkswagen im harten Wettbewerb der Elektroauto-Branche
24.04.2024

Volkswagen, lange Zeit der unangefochtene Marktführer in China, sieht sich nun einem intensiven Wettbewerb um den Elektroautomarkt...

DWN
Finanzen
Finanzen Silber im Aufschwung: Das Gold des kleinen Mannes holt auf
24.04.2024

Silber hinkt traditionell dem großen Bruder Gold etwas hinterher. In den letzten Wochen hat der Silberpreis massiv zugelegt. Was sind die...