Politik

Putin wartet auf neue Kredite der EU-Steuerzahler an die Ukraine

Lesezeit: 2 min
16.11.2014 13:54
Russlands Präsident Putin will angeblich auf die Rückzahlung einer Anleihe verzichten. Die milde Geste ist allerdings als Drohung gemeint: Denn Putin erinnert damit die Ukraine-Retter daran, dass Kiew schnellstens wieder Kredite vom EU-Steuerzahler braucht, um einen Crash zu vermeiden.
Putin wartet auf neue Kredite der EU-Steuerzahler an die Ukraine

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Russland pocht nach den Worten von Präsident Wladimir Putin nicht auf eine Rückzahlung einer drei Milliarden Dollar schweren Anleihe an die Ukraine. Würde Moskau dies tun, sei das Finanzsystems des Nachbarlandes in Gefahr, sagte Putin in einem Interview der ARD, das am Sonntag ausgestrahlt werden soll. "Wir wollen die Situation nicht noch verschärfen", hieß es in einem am Samstag vom Kreml vorab veröffentlichten Mitschnitt.

Russland hatte die Anleihe im vergangenen Dezember verlängert. Die Vereinbarung sieht vor, dass Russland eine vorzeitige Rückzahlung verlangen kann, wenn der Schuldenberg der Ukraine oberhalb von 60 Prozent der Wirtschaftsleistung liegt. Damit hat Russland den Schlüssel für einen veritablen Crash in der Ukraine in der Hand. Russland kann die Option bis Ende Januar ziehen.

Putin sagte, die Strafen gegen Russland und den dortigen Finanzsektor würden auch die Ukraine treffen. Denn russische Geldhäuser hätten Kredite im Volumen von 25 Milliarden Dollar im Nachbarland ausstehend. Putin argumentierte, der Westen müsse seine Maßnahmen überdenken. "Wollen sie, dass unsere Banken Pleite gehen? In diesem Fall würden sie auch in der Ukraine Pleite gehen."

Putin hat das Thema gegenüber dem aus seiner Verständnis staatlichen deutschen Fernsehens ganz bewusst platziert: Beim G20-Gipfel in Brisbane hat es außer politischen Parolen und der bekannt Uneinigkeit der EU-Regierungen wenig Konkretes gegeben. Besonders seltsam muss es aus Putins Sicht gewesen sein, dass der nur noch wenige Tage amtierende EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy auf Steuerzahler-Kosten nach Brisbane geflogen ist, obwohl sein Nachfolger Donald Tusk offenbar auch bereits in Australien weilte, wie man diesem Dokument der Universität Toronto entnehmen kann. In Australien ist der lupenreine Demokrat Van Rompuy dadurch aufgefallen, erneut nach schärferen Sanktionen gegen Russland zu rufen.

Es braucht die EU-Steuerzahler nicht zu wundern, wenn Putin immer wieder die Daumenschraube anzieht. Und der russische Präsident pocht - völlig zu Recht - weiter auf die Einhaltung der Verträge, die die Ukraine mit Russland geschlossen hat. Für die Einhaltung dieser Verträge ist die EU mit einer Art General-Bürgschaft eingesprungen.

Putins vordergründige Mildtätigkeit ist daher das Gegenteil von Milde, wenn man versteht, worum es geht: Die Russen warten nämlich im Fall der fälligen Anleihe auf die nächsten Kredite, die die EU in die Ukraine pumpen wird. Mit den sogenannten "Hilfs-Programmen" werden in der Regeln zunächst die Finanzschulden beglichen. Ganz oben stehen nach den offiziellen Gläubigern wie IWF und EZB die verschiedenen Bond-Gläubiger - vor allem deshalb, weil sie, wie in Griechenland und Argentinien gesehen, nicht zögern, ein zahlungsunwilliges Land zu verklagen und es damit in die Pleite zu treiben. Daran hat Putin im Fall der Ukraine natürlich kein Interesse: Er will, dass die Schulden bezahlt werden, welche die Regierung in Russland aufgenommen hat. Eine Staatspleite ist für Putin nicht von Interesse. Die Drohung damit ist gleichwohl nützlich, weil Putin damit den Druck auf die EU-Ukraine-Retter hoch halten kann.

Diese Taktik hat Putin bereits sehr erfolgreich für den staatlichen Gaskonzern Gazprom betrieben, der vom ehemaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder beraten wird. Schröder, der von Merkel von der Macht vertrieben wurde, dürfte seiner Rolle als Berater dahingehend nachkommen, dass er Gazprom Einschätzungen über die taktischen Fähigkeiten der EU-Regierungen gibt. Bisher war das Vorgehen Putins gegen die EU wirtschaftlich erfolgreich, wenn man Wirtschaft vor allem als zentrale Staatswirtschaft begreift: Die EU-Steuerzahler haben die Schulden der Ukraine übernommen. Die erste Tranche ist bereits geflossen

Putin dürfte demnach die EU im Fall der Ukraine als eine Art Bankomat betrachten, der sich freiwillig am Weg aufgepflanzt hat. Es wäre höchst unsinnig, diesen Bankomaten im Januar umzusäbeln, wenn man weiß, dass man im Februar bereits wieder zum Geldabheben vorbeischauen wird.


Mehr zum Thema:  
Europa >

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Immobilien
Immobilien Wie viel Immobilie kann ich mir 2024 leisten?
18.04.2024

Wie günstig ist die aktuelle Marktsituation für den Erwerb einer Immobilie? Auf welche Haupt-Faktoren sollten Kaufinteressenten momentan...

DWN
Politik
Politik G7-Gipfel auf Capri: Militärische Signale für Ukraine und Nahost
18.04.2024

Inmitten eskalierender Konflikte in der Ukraine und im Nahen Osten kommen die G7-Außenminister auf Capri zusammen, um gemeinsam Strategien...

DWN
Politik
Politik Russische Agenten in Bayern festgenommen: Sabotagepläne aufgedeckt
18.04.2024

Zwei Russland-Deutsche sollen für einen russischen Geheimdienst spioniert haben. Einer der beiden soll sich auch zur Durchführung von...

DWN
Politik
Politik Kampf am Himmel: Ukrainische Verteidiger unter Druck
18.04.2024

Die militärische Lage der Ukraine verschlechtert sich weiter. Es fehlen Mittel, Soldaten und Luftabwehrsysteme, um sich gegen neue...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Halving: Die nächste Evolutionsstufe im digitalen Geldsystem
18.04.2024

Am 20. April 2024 ist es wieder soweit: Das nächste Halving steht vor der Tür. Doch um was geht es bei diesem Event, auf das die...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Wirtschaftsstandort Deutschland: 7 Maßnahmen, die den Wohlstand sichern
18.04.2024

Kein Wirtschaftswachstum, Fachkräftemangel, Bürokratie und hohe Energiekosten: Die deutsche Wirtschaft hat viele Baustellen. Im aktuellen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Bosch verhandelt über Stellenabbau: Fokus auf Alternativen und Standortsicherung
18.04.2024

Bosch will massiv Stellen streichen, um im internationalen Wettbewerb nicht ins Hintertreffen zu geraten. Dagegen gingen zuletzt Tausende...

DWN
Finanzen
Finanzen Geldvermögen privater Haushalte hat einen neuen Höchststand erreicht
18.04.2024

Die gestiegenen Kurse an den Aktienmärkten und die erhöhten Sparzinsen haben zusammen dazu geführt, dass das Geldvermögen der deutschen...