Zuerst wurde das Bargeld in Griechenland limitiert, jetzt kommen die Kapitalverkehrskontrollen auch im Netz an. Griechische Nutzer sind aus den Internet-Diensten der großen Anbieter faktisch ausgeschlossen: Die mit ihrem Nutzerprofil verknüpften Konten und Kreditkarten werden nicht mehr als Zahlungsmittel akzeptiert. Selbst Centbeträge etwa für Songs oder Apps auf iTunes können aus Griechenland nicht mehr bezahlt werden.
Auch bei dem größten Online-Bezahldienst Paypal sind für griechische Bürger keinerlei Auslandsüberweisungen mehr möglich. Ein Sprecher des US-Konzerns erklärte dem Wirtschaftsmagazin Quartz: „Aufgrund der jüngsten Entscheidung der griechischen Regierung zu Kapitalverkehrskontrollen sind die Dienste PayPal wallet ebenso wie internationale Überweisungen mittels griechischer Karten oder Konten derzeit nicht verfügbar. Wir beabsichtigen unseren geschätzten Kunden in Griechenland weiter unseren vollen Service anzubieten, wie wir es bereits seit einem Jahrzehnt tun.“
Wie Bloomberg berichtet, sind auch Cloud-Dienste betroffen. Bei wem jedoch die monatlichen Beiträge nicht abgebucht werden können, dessen Daten sind in Gefahr: „griechische Unternehmen sind momentan weder in der Lage, für Hosting-Dienste (Amazon) zu bezahlen, noch für Datenspeicherung (Dropbox), noch für E-Mail-Dienste (MailChimp) oder viele weitere Internet-Dienste“, so Unternehmer John Vlachoyiannis. Ohne diese Dienste sind jedoch viele eigentlich zahlungsfähige und -willige IT-Unternehmen in Schwierigkeiten. Bleibt die Zahlung aus, wird das Abo gekündigt oder zumindest heruntergestuft, womit ein geringeres Datenvolumen und potentiell Datenverlust verbunden ist - das Aus für viele Internet-Dienste. Auch in Griechenland haben die meisten Start-ups heute ihre komplette Betriebsführung auf ausländische Server ausgelagert und hängen für E-Mail, Datenspeicherung und Verarbeitung in vielen Fällen vollständig von ausländischen Anbietern ab.
Kalifornische Unternehmen um Vlachoyiannis haben daher eine Solidaritäts-Aktion ins Leben gerufen, indem sie ein unaufgeregtes Google-Formular namens „Rette griechische Unternehmen“ auf ihrer Seite zerofund verbreiten: „Wenn du wegen Kapitalverkehrskontrollen für Hosting, Domains und andere kritische Funktionen nicht bezahlen kannst, versuchen wir, deine Rechnungen zu übernehmen. Wir können nicht jedem helfen, also werden wir versuchen, Prioritäten zu setzen und es wird einige Zeit dauern, zu antworten und sich mit unseren Anteilseignern abzusprechen. Bitte habt Geduld. Dies ist eine freiwillige Anstrengung“. Darunter kann man ein Formular ausfüllen, um die grundlegenden Betriebskosten für das eigene Online-Start-up aus den USA bezahlen zu lassen. Das Geld dafür nehmen die in vielen Fällen griechisch-stämmigen Unternehmer in Silicon Valley aus ihrer eigenen Tasche. Die Beträge bleiben meist unter 1000 Euro, helfen aber enorm um die Türen offen zu halten und die Angestellten zu behalten bis eine langfristige Lösung gefunden wird, so Vlachoyiannis bei tech.eu.
Dem Bericht zufolge haben Gründer wie Georgios Gatos von Incrediblue genau mit diesen Schwierigkeiten zu kämpfen: „Gestern hatten wir Probleme mit der Zahlung unseren Lieferanten (AWS, Google, etc.) da unsere Unternehmenskreditkarten diese als Überweisungen ins Ausland werten. Darüber hinaus können unsere Kunden vor Ort uns auch nicht bezahlen da das Zahlungssystem, das wir benutzen, als eine Auslandszahlung gewertet wird.“ Auch andere berichten von spürbaren Umsatzrückgängen bereits 24 nach Einführung der Kapitalverkehrskontrollen.
Perfekt getimt scheint da ein Urteil zum grenzüberschreitenden Eintreiben auch kleinerer europäischer Online-Schulden. Forderungen bis 2000 Euro können in wenigen Wochen in sechs europäischen Ländern grenzüberschreitend digital vollstreckt werden. Das hat der nordrhein-westfälische Justizminister Thomas Kutschaty angekündigt. So können künftig auch Summen unter 2000 Euro leichter eingetrieben werden, ohne dass wie bisher ein zusätzliches internationales Anerkennungsverfahren notwendig ist.