Politik

Tsipras‘ Vorschlag: Kapitulation aus Verzweiflung oder ein politischer Akt?

Lesezeit: 1 min
10.07.2015 15:38
Der neue Vorschlag für ein Kredit-Programm der Tsipras-Regierung enthält keine fundamental verschiedenen Punkte von dem, was dieselbe Regierung vor zwei Wochen effektvoll abgelehnt hat. Vor allem enthält sie keine Lösung für die Bankenkrise.
Tsipras‘ Vorschlag: Kapitulation aus Verzweiflung oder ein politischer Akt?

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Der offenbar exakt auf die bisher vorgetragenen Gläubigerwünsche abgestimmte Vorschlag für ein drittes Rettungsprogramm enthält keine fundamental verschiedenen Punkte von dem, was dieselbe Regierung vor zwei Wochen effektvoll abgelehnt und einem Referendum unterworfen hat. Sie enthält keine Lösung für die Bankenkrise, die sich inzwischen rasant vertieft hat. Sie spielt den Ball der Gläubigerseite zu. Eine Interpretation ist die, dass Tspiras unter dem Druck der Bankenkrise nachgegeben hat. Eine andere sieht dies vor allem als politische Maßnahme, um das Scheitern dann der Gläubigerseite zuzuschieben. Schließlich öffnet er verschiedene Differenzen unter den Gläubigern, welche angesichts der verzweifelten Lage neue Spielräume schafft.

In der Situation einer schweren akuten Banken- und Liquiditätskrise ist ein hartes Austeritätsprogramm mit einem Volumen von fast 12 Milliarden Euro eine wirtschaftspolitische Vollidiotie. Das entspricht vollen 6% des BIP. Der einzige unterschiedliche Punkt ist, dass die Mehrwertsteuererhöhung erst auf den 1. Oktober statt auf den 1. Juli in Kraft treten soll. Dann ist die diesjährige Tourismussaison großenteils vorbei. Auch die Erhöhung der Tonnagesteuer und die angekündigte Beendigung des steuerlichen Sonderregimes hat nur einen Effekt: Die Flucht der Reeder weg von Griechenland anzuheizen. Ökonomisch macht dieses Paket keinen Sinn, außer den unmittelbaren Kollaps durch den Grexit abzuwenden.

Was der Vorschlag aber bewirkt, ist innenpolitisch und politisch gegenüber der Gläubigerseite. Wird er abgelehnt, kann Tspiras die Schuld den Gläubiger zuschieben. Der Vorschlag sprengt die Einheitsfront der Gläubigerseite. Bisher war das Problem von Tspiras, dass die von seinem Finanzminister Varoufakis ausgearbeitete Strategie des Alles oder Nichts auf die Ablehnung einer Einheitsfront stiess. Das jetzt vorgelegte Programm wurde unter Beizug französischer Berater ausgearbeitet. Präsident Hollande hat bereits Unterstützung signalisiert. Wenn Deutschland es refüsiert, dann wird Deutschland die ganze Verantwortung für direkte und indirekte Folgen des Grexit schultern müssen. Auch bringt es die Division zwischen dem Währungsfonds und Deutschland bezüglich der Frage eines Schuldenschnitts bzw. einer Umstrukturierung zur vollen Entfaltung. Schließlich sät es Differenzen zwischen EZB und der staatlichen Gläubigerseite. Verschiedene EZB-Ratsmitglieder wollen die ELA nicht ausdehnen. Damit würde die Liquiditätskrise voll angeheizt. Dabei gäbe es durchaus Ansätze, wie die Krise produktiv gelöst werden könnte. Sie werden ausführlich diskutiert auf den letzten drei Seiten in A Different Solution For The Greek Tragedy. Eine Zusammenfassung wird morgen und am Sonntag präsentiert.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Technologie
Technologie Der Chefredakteur kommentiert: Kleiner Blackout - kein neuer Strom mehr in Oranienburg! Echt jetzt?
19.04.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Städtereisen neu entdeckt: Easyjet läutet Renaissance der Rollkoffer ein
19.04.2024

Vor genau 20 Jahren eroberte Easyjet mit seinen günstigen Flügen das Festland der EU. Der Start in Berlin-Schönefeld begann...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft G7-Außenministertreffen: Israel-Iran Konflikt überschattet Agenda
19.04.2024

Nach israelischem Angriff auf Iran: G7-Außenministertreffen auf Capri ändert Agenda. Diskussionen zu China und Cyber-Sicherheit werden...

DWN
Politik
Politik Forsa-Zahlen: Die Grünen unterliegen den Fliehkräften der Abwärtsspirale
19.04.2024

Und schon wieder eine Etage tiefer. Der Sog verstärkt sich und zieht die Partei Bündnis 90/Grüne immer weiter hinab in der Wählergunst....

DWN
Technologie
Technologie Sehnsuchtsort Mond – Wettlauf um Macht und Rohstoffe
19.04.2024

Forscher, Technologiefirmen und ganze Staaten streben nach neuen galaktischen Ufern. Der Mond lockt mit wertvollen Rohstoffen und dient...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Trotz Exportbeschränkungen: Deutsche Ausfuhren in den Iran gestiegen
19.04.2024

Deutsche Exporte in den Iran trotzen geopolitischen Spannungen: Anstieg trotz EU- und US-Sanktionen. Welche Kritikpunkte gibt es in diesem...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Krieg: So ist die Lage
19.04.2024

Nach neuen Angriffen: USA und NATO erhöhen Unterstützung für Ukraine, während Russland seinen Machtanspruch verstärkt.

DWN
Immobilien
Immobilien Wie viel Immobilie kann ich mir 2024 leisten?
19.04.2024

Wie günstig ist die aktuelle Marktsituation für den Erwerb einer Immobilie? Auf welche Haupt-Faktoren sollten Kaufinteressenten momentan...