Politik

Finanz-Krise: Griechenland entdeckt den Tausch-Handel

Lesezeit: 1 min
01.08.2015 22:57
In Griechenland boomt der Tauschhandel. Vor allem Bauern machen davon Gebrauch, weil sie über wenig Bargeld verfügen. Die Steuerbehörden betrachten die Entwicklung mit Argwohn. Sie befürchten Einnahmen-Rückgänge.
Finanz-Krise: Griechenland entdeckt den Tausch-Handel

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Lefteris Karagiannopoulos von Reuters beschreibt eine interessante Entwicklung in Griechenland:

Früher waren Wildschweine und Stromausfälle die größten Probleme des griechischen Baumwollbauern Mimis Tsakanikas. Seit es nur noch begrenzt Bargeld gibt und Überweisungen beschränkt sind, hat er vor allem das Problem, Angestellte, Lieferanten und Geschäftspartner zu bezahlen. Einen Ausweg aus dieser Misere sieht der 41-jährige Landwirt wie viele seiner Kollegen im Tauschhandel, wie er in vorindustrieller Zeit weit verbreitet war.

Einige seiner Angestellten bezahlt Tsakanikas mit Teilen der Klee-Ernte. Statt Landmaschinen gegen Bargeld zu mieten, versucht er, die Technik mit anderen Bauern zu tauschen. Auch die Pacht für einen Acker zahlt Tsakanikas in Naturalien. "Es ist ein Alptraum", sagt er. "Ich schulde vielen Geld, der Tankstelle, dem Landmaschinenservice." Jeden Tag gehe er zur Bank, ohne ausreichend Geld zu bekommen. 420 Euro Bargeld gibt pro Woche.

Den Tauschhandel hat es nach seinen Worten auf dem Land schon immer gegeben. Aber in jüngster Zeit nehme er immer mehr zu. Daten über den Umfang dieser Geschäfte gibt es nicht. Entsprechende Internetplattformen verzeichnen jedoch einen deutlichen Zulauf, und die Bauern bestätigen den zunehmenden Tauschhandel. Früher habe er vor allem in Familien und kleineren Gemeinschaften eine Rolle gespielt, sagt Haris Lambropoulos, Wirtschaftsprofessor an der Universität Patras. "Jetzt ist dieses Phänomen mehr strukturiert und organisiert."

Deutlich wird das auch auf den entsprechenden Portalen. Tradenow (www.tradenow.gr), das sich seit drei Jahren als Plattform für den Tauschhandel anbietet, hat seit den Beschränkungen im Finanzwesen die Zahl der Nutzer und das Handelsvolumen verdoppeln können. "Vor den Kapitalverkehrskontrollen mussten wir die Firmen ansprechen, sich registrieren zu lassen", sagt Firmenchef Yiannis Deliyiannis. "Jetzt melden sie sich von selbst." Getauscht werde alles: Eine Autowerkstatt gibt Reifen für eine Duschkabine, ein Unternehmen für Einbruchsalarmsysteme bietet seine Dienste im Gegenzug für Papier und Werbung, ein Metzger aus Athen will Dienstleistungen mit Fleisch bezahlen.

Meistens interessieren sich aber Bauern für die Tauschgeschäfte, denn sie hatten ohnehin wenig Bargeld in den Kassen, als die Banken vorübergehend geschlossen wurden. In der Landwirtschaft kommen die großen Einnahmen erst mit dem Verkauf der Ernte. Kosten fallen das ganze Jahr an. Nun tauschen sie Weizen gegen Tierfutter, Heu gegen Käse oder vermieten Geräte gegen andere Agrarprodukte.

Mit Argwohn betrachten die Steuerbehörden den Tauschhandel, denn ohne Rechnungen lässt sich nicht nachprüfen, ob die Mehrwertsteuer gezahlt wurde. "Tauschhandel ist nicht illegal, solange die rechtlich erforderlichen Dokumente ausgestellt werden", sagt Christos Kyriazopoulos von der Antikorruptionsabteilung im Finanzministerium. "Wir haben die Entwicklung aber genau im Auge."

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..


Mehr zum Thema:  

Jede Anlage am Kapitalmarkt ist mit Chancen und Risiken behaftet. Der Wert der genannten Aktien, ETFs oder Investmentfonds unterliegt auf dem Markt Schwankungen. Der Kurs der Anlagen kann steigen oder fallen. Im äußersten Fall kann es zu einem vollständigen Verlust des angelegten Betrages kommen. Mehr Informationen finden Sie in den jeweiligen Unterlagen und insbesondere in den Prospekten der Kapitalverwaltungsgesellschaften.

DWN
Politik
Politik Corona-Aufarbeitung: Lauterbach will RKI-Protokolle weitgehend entschwärzen
28.03.2024

Gesundheitsminister Karl Lauterbach hat angekündigt, dass einige der geschwärzten Stellen in den Corona-Protokollen des RKI aus der...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Brückeneinsturz in Baltimore trifft Importgeschäft der deutschen Autobauer
28.03.2024

Baltimore ist eine wichtige Drehscheibe für die deutschen Autobauer. Der Brückeneinsturz in einem der wichtigsten Häfen der...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Osterfreude und EM-Fieber: Hoffnungsschimmer für Einzelhandel
28.03.2024

Das Ostergeschäft verspricht eine Wende für den deutschen Einzelhandel - nach einem düsteren Februar. Wird die Frühlingshoffnung die...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft „Made in Germany“ ist wieder gefragt - deutsche Exporte steigen deutlich
28.03.2024

Der Außenhandel in Deutschland hat wider Erwarten zu Jahresbeginn deutlich Fahrt aufgenommen. Insgesamt verließen Waren im Wert von 135,6...

DWN
Immobilien
Immobilien Immobilienkrise für Banken noch nicht überwunden
28.03.2024

Die deutschen (Pfandbrief-)Banken sind stark im Gewerbeimmobilien-Geschäft engagiert. Das macht sie anfällig für Preisrückgänge in dem...

DWN
Finanzen
Finanzen Der Ukraine-Krieg macht's möglich: Euro-Bonds durch die Hintertür
28.03.2024

Die EU-Kommission versucht, mehr Macht an sich zu ziehen. Das Mittel der Wahl hierfür könnten gemeinsame Anleihen, sogenannte Euro-Bonds,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Tarifkonflikt gelöst: Keine Lufthansa-Streiks zu Ostern
28.03.2024

Nachdem die Deutsche Bahn ihren Tarifkonflikt mit der Lokführergewerkschaft GDL in dieser Woche gelöst hat, scheinen auch bei der...

DWN
Politik
Politik Bundeswehr unterstützt Strukturwandel in der Lausitz
27.03.2024

In Bernsdorf im Landkreis Bautzen wird ein neues Logistik-Zentrum der Bundeswehr entstehen. Das entschied Verteidigungsminister Boris...