Politik

Spanien: Polizei greift bei kritischen Internet-Postings ein

Lesezeit: 1 min
13.08.2015 00:01
Ein Spanier bezeichnet Polizisten auf Facebook als „Drückeberger“. Sechs Stunden später stehen Beamte vor seiner Tür und kassieren ein Bußgeld. Seit Juli gelten in Spanien strenge Zensur-Gesetze, die jeglichen Bürgerprotest im Keim ersticken sollen.
Spanien: Polizei greift bei kritischen Internet-Postings ein

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die spanische Polizei hat die seit Juli in Kraft getretenen umstrittenen Knebelgesetze erstmals angewendet. Wegen eines kritischen Facebook-Posts geriet ein Spanier ins Visier der Beamten. Knapp sechs Stunden, nachdem Diaz den Kommentar auf dem sozialen Netzwerk hinterlassen hatte, klingelten die Beamten an seiner Tür. Sie kämen, um das Bußgeld einzufordern, wegen des Kommentars.  Sein Vergehen: Er hatte die Beamten online als „Drückeberger“ (Spanisch: Esquateados) bezeichnet. Dank der neuen Sicherheitsgesetze dürfen die Beamten dies als „mangelnden Respekt gegenüber Amtspersonen“ werten und mit Geldstrafen zwischen 100 und 600 Euro ahnden.

Die hierbei angewandte neue Regel ist einer der umstrittensten, weil die Definition von „respektlosem Verhalten“ den Beamten massig Interpretationsspielraum lässt. Die Bürger sind damit willkürlichen Entscheidungen schutzlos ausgeliefert. So fällt auch der spanische Ausdruck, den Diaz verwendet hat, im Spanischen ebenso wenig unter die Kategorie einer Beleidigung wie die deutsche Übersetzung „Drückeberger“ – Diaz befürchtet vielmehr, dass die Beamten damit ihre neue Macht austesten und ein Exempel statuieren wollten, um andere Kritiker abzuschrecken, so berichtet er in einem Interview mit der spanischen Zeitung „El Mundo“.

Allerdings ist dies längst nicht die schlimmste Strafe, die Spaniern seit Juli bei der Ausübung ihrer Bürgerrechte droht, handelt es sich dabei doch nach dem Regelwerk nur um ein „leichtes Vergehen“. Zu den schwerwiegenderen Vergehen zählt es demnach etwa, prügelnde Polizisten zu fotografieren: Zwei CNN-Fotografen wurden dafür jüngst in Mellila festgenommen, jedoch nach kurzer Zeit wieder frei gelassen, berichtete Periodismo Humano.

Die schwersten Strafen jedoch drohen jenen, die ihren Protest auf die Straße tragen: Spontane Demonstrationen vor dem spanischen Parlament etwa können seit Juli bis zu 600.000 Euro kosten, ebenso wie Sitzblockaden bei Zwangsräumungen,  Doch damit es gar nicht erst soweit kommt, kann schon der Aufruf zu einer solchen Demo in den sozialen Netzwerken entsprechend bestraft werden. Dazu reicht es, Ort und Zeitpunkt einer geplanten Versammlung auf Facebook zu teilen.

Welche weiteren Verbote künftig die Bürgerrechte der Spanier einschränken lesen sie hier.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Technologie
Technologie Der Chefredakteur kommentiert: Kleiner Blackout - kein neuer Strom mehr in Oranienburg! Echt jetzt?
19.04.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Politik
Politik Forsa-Zahlen: Die Grünen unterliegen den Fliehkräften der Abwärtsspirale
19.04.2024

Und schon wieder eine Etage tiefer. Der Sog verstärkt sich und zieht die Partei Bündnis 90/Grüne immer weiter hinab in der Wählergunst....

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft G7-Außenministertreffen: Israel-Iran Konflikt überschattet Agenda
19.04.2024

Nach israelischem Angriff auf Iran: G7-Außenministertreffen auf Capri ändert Agenda. Diskussionen zu China und Cyber-Sicherheit werden...

DWN
Technologie
Technologie Sehnsuchtsort Mond – Wettlauf um Macht und Rohstoffe
19.04.2024

Forscher, Technologiefirmen und ganze Staaten streben nach neuen galaktischen Ufern. Der Mond lockt mit wertvollen Rohstoffen und dient...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Krieg: So ist die Lage
19.04.2024

Ukraines Präsident, Wolodymyr Selenskyj, dankt Deutschland für die Unterstützung. Die Außenminister beider Länder, Baerbock und...

DWN
Immobilien
Immobilien Wie viel Immobilie kann ich mir 2024 leisten?
19.04.2024

Wie günstig ist die aktuelle Marktsituation für den Erwerb einer Immobilie? Auf welche Haupt-Faktoren sollten Kaufinteressenten momentan...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Trotz Exportbeschränkungen: Deutsche Ausfuhren in den Iran gestiegen
19.04.2024

Deutsche Exporte in den Iran trotzen geopolitischen Spannungen: Anstieg trotz EU- und US-Sanktionen. Welche Kritikpunkte gibt es in diesem...

DWN
Technologie
Technologie Turbulenzen bei Tesla: Stellenabbau und düstere Prognosen für 2024
19.04.2024

Nach einem Stellenabbau bei Tesla prognostizieren Experten ein „Durchhänger-Jahr“ für Elektromobilität 2024, während Tesla auf...