Politik

Wettlauf um Rohstoffe: USA wollen Arktis-Flotte ausbauen

Lesezeit: 3 min
03.09.2015 00:42
Bei einem Besuch in Alaska hat US-Präsident Obama einen Ausbau der US-Marine angekündigt. Die neuen Schiffe sollen „US-Interessen in der Region vertreten und natürliche Ressourcen schützen“. Die Arktis wird zum Schauplatz eines Wettlaufs zwischen den Großmächten.
Wettlauf um Rohstoffe: USA wollen Arktis-Flotte ausbauen

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

US-Präsident Obama erhöht den Druck auf den Kongress, zusätzliche Geldmittel für den Bau von neuen Eisbrechern bereitzustellen. Die US-Regierung will die Zahl der Eisbrecher so schnell wie möglich steigern und damit die Lücke zu Russland schließen. Die Schiffe sollen dabei helfen, „unseren nationalen Interessen gerecht zu werden und unsere natürlichen Resourcen zu verwalten und zu schützen“, sagte ein Sprecher des Weißen Hauses gegenüber der Financial Times. Während die USA derzeit nur drei Eisbrecher unter ihrer Kontrolle haben (darunter nur ein einsatzbereiter Hochleistungseisbrecher), verfügt Russland über 40 Eisbrecher. Elf weitere russische Schiffe befinden sich derzeit in der Fertigung.

„Es ist ein wichtiger erster Schritt“, zitiert die FT Heather Conley. Conley ist Arktis-Expertin des Center for Strategic and International Studies (CSIS) in Washington, einem der einflussreichsten politischen Think Tanks der Welt. „Es gab einfach einen Mangel an US-Bereitschaft für diese unglaubliche Transformation, die wir zurzeit sehen. Das ist zum Teil ein Grund, warum der Präsident drei Tage in Alaska verbringt.“

Die Ankündigung Obamas folgt auf innenpolitischen Druck, die US-Interessen in der Polar-Region entschiedener durchzusetzen. Kritiker werfen Obama vor, zu sehr auf umweltpolitische Aspekte fixiert gewesen zu sein und die wirtschaftlichen Interessen der USA dabei außer Acht gelassen zu haben. Sie befürchten, dass die rohstoffreiche Region an Kanada und Russland fallen könnte. Der Ausbau der Eisbrecher-Flotte sei der „offensichtlichste und schnellste Weg“ die Bereitsschaft der USA zu erhöhen. Dennoch sei dies erst der Anfang. Die USA müssten darüber hinaus in Tiefsee-Häfen investieren und die Satelliten-Kommunikation in der Region ausbauen, so Conley weiter.

Die USA haben seit drei Jahrzehnten keinen Eisbrecher mehr hergestellt. Die Firma, die den letzten US-Eisbrecher hergestellt hat, war Lockheed Shipbuilding and Construction. Doch das Unternehmen hat die Produktion 1988 eingestellt. Die durchschnittliche Herstellungszeit beläuft sich auf etwa zehn Jahre. Dennoch will die US-Regierung bis spätestens 2020 einen Hochleistungseisbrecher zu ihrer Flotte hinzufügen. Der US-Rüstungshersteller General Dynamics Corp hat Interesse an dem Auftrag bekundet, verfügt jedoch nur in der Produktion von Kriegsschiffen über Erfahrung. Die marktführenden Hersteller von Eisbrechern befinden sich heute in Russland, Finnland und Südkorea.

Die USA haben spätestens seit dem Kauf Alaskas von Russland im Jahr 1867 verstärkte Interessen in der Region. Doch mit der voranschreitenden Klimaveränderung hat die Region nördlich des Polarkreises zusätzlich an Bedeutung gewonnen. So ist die Nord-West-Passage, die den Atlantik über Kanada mit dem Pazifik verbindet, seit einigen Jahren ganzjährig passierbar. Seit Beginn der Aufzeichnungen 1979 ist das arktische Packeis um ein Drittel zurückgegangen, wie aus Daten des US National Snow and Ice Data Center (NSIDC) hervorgeht. Auch in diesem Jahr war die Ausdehnung des Packeises fast überall in der Region unterdurchschnittlich. Zum Höhepunkt der Eissaison gab es so wenig Meereis wie noch nie seit Beginn der Aufzeichnungen 1979.

Aufgrund der hohen Erdöl- und Erdgas-Vorkommen ist die Region für die arktischen Nationen von strategischer Bedeutung. Eine wissenschaftliche Untersuchung kommt zu dem Ergebnis, dass etwa 13 Prozent der weltweiten, noch unentdeckten Öl-Reserven und rund 30 Prozent der unentdeckten Erdgas-Reserven in der Arktis-Region schlummern. Hinzu kommen große Mineralvorkommen, darunter Seltene Erden, Eisenerz und Nickel. Zu den acht arktischen Nationen gehören neben den USA auch Kanada, Russland, Dänemark, Finnland, Norwegen, Island und Schweden. Davon haben besonders Kanada, Norwegen, Russland und die USA Ansprüche auf die Rohstoff-Vorkommen in der Arktis angemeldet.

Die USA haben im Jahr 2009 eine außenpolitische Strategie für die Arktis definiert. An erster Stelle dieser politischen Leitline stehen „Interessen der nationalen Sicherheit“ in der Region. Dazu zählen die USA unter anderem ständige Präsenz und freie Durchfahrt für US-Schiffe, Raketnabwehr-Systeme und Marine-Manöver sowie das ständige Überflugsrecht für US-Flugzeuge. Die US-Regierung behält sich das Recht auf „strategische Abschreckung“ vor und ist bereit ihre Interessen wenn nötig „auch im Alleingang durchzusetzen“. Die Leistungsfähigkeit der US-Flotte müsse deshalb erhöht und ihre Präsenz in der Region ausgeweitet werden, um „Handelswege, kritische Infrastruktur und Schlüssel-Ressourcen zu schützen“.

Die Erschließung der arktischen Öl-Reserven hat in den letzten Monaten an Fahrt gewonnen. Die US-Regierung erteilte dem Mineralöl-Konzern Royal Dutch Shell kürzlich die Erlaubnis, in der Arktis nach Öl zu bohren. Trotz massiver Proteste von Umweltschützern darf Shell die Öl-Reserven vor der Nordwest-Küste Alaskas ausbeuten. Auch Russland hat bereits mit der Ausbeutung der arktischen Erdöl-Reserven begonnen. So fördert der russische Ölkonzern Rosneft zusammen mit dem norwegischen Statoil-Konzern Öl aus einem Feld nördlich des Polarkreises in der Barentsee. Darüber hinaus hat Russland bereits ein Raketenabwehr-System in der Arktis stationiert. Die Raketen vom Typ Panzir sollen die Nordflanke des Landes schützen und Russlands Anspruch auf die Region untermauern. Zudem plant die Militärführung des Landes eine Verlegung von Kampfflugzeugen des Typs MiG-31 in die Region und die Errichtung eines Frühwarnsystems auf der Insel Nowaja Semlja im Nordpolarmeer.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Technologie
Technologie 3D Spark: Ein Hamburger Start-up revolutioniert die Bahnbranche
25.04.2024

Die Schienenfahrzeugindustrie befindet sich in einem grundlegenden Wandel, in dessen Verlauf manuelle Fertigungsprozesse zunehmend...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Automesse China 2024: Deutsche Autohersteller im Preiskrieg mit BYD, Xiaomi und Co.
25.04.2024

Bei der Automesse in China steht der eskalierende Preiskrieg bei Elektroautos im Vordergrund. Mit hohen Rabatten kämpfen die Hersteller...

DWN
Politik
Politik Bericht: Habeck-Mitarbeiter sollen Kritik am Atom-Aus missachtet haben
25.04.2024

Wichtige Mitarbeiter von Bundesministern Habeck und Lemke sollen laut einem Bericht interne Zweifel am fristgerechten Atomausstieg...

DWN
Finanzen
Finanzen Feiertagszuschlag: Was Unternehmer an den Mai-Feiertagen beachten sollten
25.04.2024

Feiertagszuschläge sind ein bedeutendes Thema für Unternehmen und Arbeitnehmer gleichermaßen. Wir werfen einen genauen Blick auf die...

DWN
Finanzen
Finanzen Teurer Anlegerfehler: Wie der Blick in den Rückspiegel fehlgeht
25.04.2024

Anleger orientieren sich an den Renditen der vergangenen drei bis zehn Jahre, um Aktien oder Fonds auszuwählen. Doch laut Finanzexperten...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Kommunikation im Wandel – Was es für Unternehmen in Zukunft bedeutet
25.04.2024

In einer Ära schneller Veränderungen wird die Analyse von Trends in der Unternehmenskommunikation immer entscheidender. Die Akademische...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Lieferdienste in Deutschland: Bei Flink, Wolt und anderen Lieferando-Konkurrenten geht es um alles oder nichts
25.04.2024

Getir, Lieferando, Wolt, UberEats - es fällt schwer, in deutschen Großstädten beim Angebot der Essenskuriere den Überblick zu...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Familienunternehmer in Sorge: Land verliert an Wettbewerbsfähigkeit
25.04.2024

In einer Umfrage kritisieren zahlreiche Familienunternehmer die Politik aufgrund von übermäßiger Bürokratie und Regulierung. Besonders...