Politik

Untersuchungen zu MH17: Es war eine Buk-Rakete - doch wer hat geschossen?

Lesezeit: 2 min
13.10.2015 13:59
Die Niederlande und Russland haben zeitgleich neue Untersuchungsergebnisse zum Abschuss von MH17 veröffentlicht. Einigkeit besteht in der Erkenntnis, dass die Maschine von einer Buk-Rakete getroffen worden sein dürfte. Wer sie jedoch abgeschossen hat, ist weiterhin unklar.
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Der niederländische Sicherheitsrat kommt zu dem Schluss, dass Flug MH17 über der Ostukraine von einer Luftabwehrrakete vom Typ Buk abgeschossen wurde. Von welchem Gebiet aus die Rakete abgefeuert wurde, teilte das Gremium am Dienstag nicht mit. Westliche Spekulationen haben sich immer wieder gegen Russland gerichtet, zuletzt haben die Anschuldigungen in ihrer Heftigkeit jedoch nachgelassen. Die Russen behaupten, es nicht gewesen zu sein, können aber außer Spekulationen bisher auch wenig zur Aufklärung beitragen.

Der nun vorliegende Bericht widerlegt die Russen in einem wichtigen Punkt: „Flug MH17 stürzte ab, weil auf der linken Seite des Cockpits ein Raketenkopf explodierte“, schilderte der Vorsitzende des Rates, Tjibbe Joustra. Die Russen hatten dagegen lange die Theorie verbreitet, die Maschine sei von einem ukrainischen Kampfjet aus der Luft abgeschossen worden.

Das internationale Expertenteam unter niederländischer Leitung untersuchte nicht die Schuldfrage. Dies ist Gegenstand noch laufender strafrechtlicher Ermittlungen.

Bei der Suche nach Schuldigen haben die Ukraine und die Niederlande offenbar eine enge Zusammenarbeit vereinbart. Das teilte der ukrainische Präsident Petro Poroschenko am Dienstag in Kiew nach einem Telefonat mit dem niederländischen Regierungschef Mark Rutte mit. Die Ukraine hat allen Grund, nervös zu sein: Sie wird gerade verklagt, weil unabhängig von der Abschussfrage Experten übereinstimmend der Meinung sind, dass die ukrainischen Behörden den Luftraum über dem Donbass wegen der Kämpfe hätten sperren müssen.

Die Russen scheinen sich nun auch die These mit der Buk-Rakete zu eigen zu machen und veröffentlichten am Dienstag ihrerseits Untersuchungsergebnisse. Nach Einschätzung des russischen Rüstungskonzerns Almas-Antej wurde MH17 von ukrainisch kontrolliertem Gebiet aus abgeschossen. Ein Test habe frühere Erkenntnisse des Unternehmens bestätigt, sagte Firmenchef Jan Nowikow ebenfalls am Dienstag laut der Nachrichtenagentur TASS.

„Falls die Boeing mit einem Buk-M1-Raketensystem abgeschossen wurde, wurde sie von einer Rakete vom Typ 9M38 von Saroschtschenske aus getroffen“, sagte der Leiter des Unternehmens, das die Buk-Systeme herstellt. Der ostukrainische Ort Saroschtschenske wurde zum Zeitpunkt des Abschusses von Regierungstruppen kontrolliert.

Almas-Antej habe am 7. Oktober ballistische Tests an einer Iljuschin Il-86 vorgenommen, weil der Flugzeugtyp der abgestürzten Boeing-777 gleiche, sagte Nowikow. Mehrere Ergebnisse daraus stünden im Gegensatz zu Aussagen der niederländischen Untersuchungskommission, meinte er. Dies betreffe unter anderem den Raketentyp 9M38, den die russische Armee bereits länger nicht mehr in ihrem Bestand führe.

Russland behauptet, die eigenen Armee verfüge nicht mehr über solche Buk-Modelle: „Die 9M38-, 9M38M- und 9M38M1-Raketen sind Modifikationen der Buk-System-Raketen, aber sie haben alle den gleichen Sprengkopf. Diese Modelle werden nicht mehr von den russischen Streitkräften verwendet, aber die Ukraine hat sie. Und wir haben seit 15 Jahren Raketen eines anderen Typs, der 9M317“, zitiert TASS Alexander Luzan, den ehemaligen stellvertretenden Chef der russischen Luftverteidigung. Auch die Rebellen in Donzek hätten diesen Raketen-Typ nicht.

Die Ukraine hingegen habe drei militärische Bezirke und verfüge über fünf Buk-Raketen-Brigaden, die insgesamt mehr als 100 Fahrzeuge besitzen, mit denen die Buk transportiert und abgeschossen werden kann, so Luzan.

Der Generalkonstrukteur von  Almas-Antej, Michail Malyschewski, sagte, die Boeing-777 sei damals auf der linken Seite getroffen worden. Das schließe einen Beschuss von Snischne aus. Der Ort wurde damals von Rebellen kontrolliert.

Die Aufklärung wird auch dadurch erschwert, weil die Bundesregierung sich weigert, den Inhalt der Funksprüche von Flug MH17 bekanntzugeben. Die Angelegenheit wird geheim eingestuft, daher erhalten auch Bundestagsmitglieder keine Einsicht in den Funkverkehr. Offenbar sind alle Geheimdienste in der einen oder anderen Form in das Verbrechen verwickelt, denn die Geheimhaltung wurde damit begründet, dass man den Diensten keinen Schaden zufügen wolle.


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