Weltwirtschaft

Ölpreis steigt nach Eskalation zwischen Saudi-Arabien und dem Iran

Lesezeit: 3 min
04.01.2016 03:03
Der Ölpreis ist am Sonntag deutlich gestiegen. Dies liegt im Interesse Saudi-Arabiens, des Iran, der USA und Russlands. China hat sich durch hohe Lagerbestände offenbar rechtzeitig vorbereitet. Das schwächste Glied in der Kette ist die außenpolitisch machtlose EU.
Ölpreis steigt nach Eskalation zwischen Saudi-Arabien und dem Iran
Der Ölpreis steigt wieder. (Grafik: Zerohedge)

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Der Preis für Ölpreis-Futures ist am Sonntag in New York um 3,5 Prozent gestiegen. Bereits am Donnerstag hatte der Preis sich um 1,2 Prozent erhöht. Bloomberg führt diese Entwicklung auf die neuen Spannungen im Nahen Osten zurück. Öl der Nordsee-Sorte Brent verteuerte sich am Montag um 1,7 Prozent auf 37,93 Dollar je Fass.

Im elektronischen Handel in Asien kostete ein Barrel (159 Liter) der US-Referenzmarke West Texas Intermediate kurz nach 07.00 Uhr MEZ 37,81 Dollar (34,78 Euro), 77 Cent oder 2,08 Prozent mehr als am Ende des vorherigen Handelstags. Die Nordseesorte Brent kostete 38,19 Dollar, das war ein Plus von 91 Cent oder 2,44 Prozent.

Tatsächlich könnte die Entwicklung des Ölpreises einer der Hauptgründe der von den Saudis betriebenen Eskalation sein: Die Massenhinrichtung und vor allem der Tod des schiitischen Geistlichen Nimr al-Nimr haben in der schiitischen Welt erzürnte Reaktionen ausgelöst: In Pakistan, Kaschmir, der Türkei und in Bahrain kam es zu wütenden Demonstrationen. Bloomberg zitiert den Iran-Experten Scott Lucas, der der Meinung ist, die Saudis hätten die Hinrichtung bewusst als Provokation gegen Teheran ausgeführt, um im Iran einen Machtkampf zwischen moderaten Kräften und Hardlinern anzufachen.

Der Hintergrund der Eskalation könnte der Versuch der Saudis sein, den Öl-Preis in die Höhe zu treiben: Regionale Konflikte zwischen Sunniten und Schiiten könnten zu neuen blutigen Kriegen in der Region führen. Wenn die Lage im Nahen Osten besonders konfliktbeladen ist, steigt der Öl-Preis in der Regel. Saudi-Arabien ist nach Einschätzung des IWF von der Staatspleite bedroht. Die Saudis werden alles unternehmen, um den Öl-Preis in die Höhe zu treiben.

Die Entwicklung kommt auch den USA und Russland entgegen: Die US-Regierung versucht seit langem, die Schiiten und die Sunniten gegeneinander auszuspielen. Ein hoher Ölpreis sichert auch den den Petro-Dollar und damit die Vorherrschaft des Dollar als Weltwährung. Der niedrige Ölpreis und in die in der Folge eingetretene Baisse bei allen Rohstoffpreisen haben gravierende Auswirkungen auf die gesamte Weltwirtschaft, weil der Investitions-Zyklus der Rohstoff-Lieferanten negativ beeinflusst ist.

Die weltweiten Öl- und Gas-Investitionen, die im vergangenen Jahr schon um 22 Prozent auf 595 Milliarden Dollar gesunken waren, werden nach einer Prognose der Beratungsfirma Rystad Energy aus Oslo 2016 weiter auf 522 Milliarden Dollar (umgerechnet rund 480 Milliarden Euro) abrutschen. Das ist der tiefste Stand seit sechs Jahren. "Das wird das erste Mal seit dem Ölpreisrutsch 1986 sein, dass wir zwei aufeinanderfolgende Jahre mit sinkenden Investitionen sehen", sagte der Öl- und Gasexperte Bjoernar Tonhaugen von Rystad Energy.

Russland ist ebenfalls an einem hohen Ölpreis interessiert: Die Russen haben ihre Förderung auf Rekordhöhe getrieben. Sie profitieren von einem starken Dollar, weil der Großteil des russischen Öls immer noch in Dollar bezahlt wird. Die russische Wirtschaft steckt durchaus in einer Krise, die auch mit dem niedrigen Ölpreis zusammenhängt.

Die große Unbekannte sind die Lager: In den vergangenen Monaten sind die Lagerbestände von Rohöl massiv gestiegen. China hat in der Phase der niedrigen Preise besonders viel gehortet. Es ist unklar, wie lange diese reichen werden. Vor dem Hintergrund der neuen Eskalation im Nahen Osten muss angenommen werden, dass China schon seit längerem Hinweise auf diese Entwicklung hatte.

Das schwächste Glied in dieser Kette ist die EU: Sie kann weder militärisch im Nahen Osten mitmischen, noch kann sie den Ölpreis aktiv beeinflussen. Zwar sind auch in Europa die Lager gefüllt. Doch für die wegen der anhaltenden Euro-Krise wäre ein dauerhaft steigender Ölpreis Gift.

Zugleich würde sich Europa einer Verschärfung der Flüchtlingskrise gegenübersehen. Denn der Konflikt zwischen Schiiten und Sunniten muss nicht zwangsläufig zu einem großen Krieg zwischen dem Iran und Saudi-Arabien führen. Stattdessen werden Stellvertreter-Kriege geführt – etwa im Jemen. Dort agiert Riad seit langem völkerrechtswidrig. Der Iran hat sich bisher zurückgehalten, könnte jedoch durch die offene Feindschaft mit Saudi-Arabien sein Engagement verschärfen. Riad hat am Wochenende bereits angekündigt, die von den UN vermittelte Waffenruhe im Jemen wieder zu beenden. Ähnlich wie im Jemen oder in Syrien könnte es zu vielen kleinen Stellvertreter-Kriegen kommen.

Die Türkei hat erst vor wenigen Tagen eine umfangreiche Allianz mit Saudi-Arabien bekanntgegeben. Diese könnte auch dazu führen, dass die ölreichen Gebiete in Kurdistan zu einem wichtigen Faktor werden. Die Türkei betriebt seit langem auch einen regen Öl-Handel mit dem IS, der sein Rohöl über die Türkei auf den Weltmarkt bringt – sehr zum Zorn des Irak, der der Türkei mittlerweile sogar offen mit Krieg droht, sollte Ankara seine Truppen nicht aus dem Iran zurückziehen.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Finanzen
Finanzen Teurer Anlegerfehler: Wie der Blick in den Rückspiegel fehlgeht
25.04.2024

Anleger orientieren sich an den Renditen der vergangenen drei bis zehn Jahre, um Aktien oder Fonds auszuwählen. Doch laut Finanzexperten...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Kommunikation im Wandel – Was es für Unternehmen in Zukunft bedeutet
25.04.2024

In einer Ära schneller Veränderungen wird die Analyse von Trends in der Unternehmenskommunikation immer entscheidender. Die Akademische...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Lieferdienste in Deutschland: Bei Flink, Wolt und anderen Lieferando-Konkurrenten geht es um alles oder nichts
25.04.2024

Getir, Lieferando, Wolt, UberEats - es fällt schwer, in deutschen Großstädten beim Angebot der Essenskuriere den Überblick zu...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Familienunternehmer in Sorge: Land verliert an Wettbewerbsfähigkeit
25.04.2024

In einer Umfrage kritisieren zahlreiche Familienunternehmer die Politik aufgrund von übermäßiger Bürokratie und Regulierung. Besonders...

DWN
Finanzen
Finanzen So wählt Warren Buffett seine Investments aus
25.04.2024

Warren Buffett, auch als „Orakel von Omaha“ bekannt, ist eine Ikone der Investment-Welt. Doch worauf basiert seine Investmentstrategie,...

DWN
Technologie
Technologie KI-Chips trotz Exportbeschränkungen: China sichert sich US-Technologie durch die Hintertür
25.04.2024

Trotz der US-Exportbeschränkungen für Hochleistungsprozessoren scheint China einen Weg gefunden zu haben, sich dennoch mit den neuesten...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Russlands Kriegswirtschaft: Putin geht das Geld nicht aus
25.04.2024

Russlands Wirtschaft wächst weiterhin, ist aber stark von der der Kriegsproduktion abhängig. Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius...

DWN
Technologie
Technologie Petrochemie: Rettungsleine der Ölindustrie - und Dorn im Auge von Umweltschützern
24.04.2024

Auf den ersten Blick sieht die Zukunft des Erdölmarktes nicht rosig aus, angesichts der Abkehr von fossilen Treibstoffen wie Benzin und...