Die vom niedrigen Ölpreis und den im Ukraine-Konflikt vom Westen verhängten Sanktionen gebeutelte russische Wirtschaft ist im zweiten Quartal weniger stark geschrumpft als noch zu Jahresbeginn, berichtet AFP. Wie das Wirtschaftsministerium in Moskau am Donnerstag mitteilte, ging das Bruttoinlandsprodukt (BIP) von April bis Juni aufs Jahr gerechnet um 0,6 Prozent zurück.
Im ersten Quartal lag das Minus noch bei 1,2 Prozent. Russland steckt seit anderthalb Jahren in einer Rezession. Massive Preissteigerungen drücken die Kaufkraft der russischen Haushalte. Laut Wirtschaftsministerium verbesserte sich die Lage in den vergangenen Monaten aber bei der Industrieproduktion, in der Landwirtschaft und im Transportsektor. Die Baubranche und der Einzelhandel befänden sich dagegen weiter in einer tiefen Krise.
Die am Donnerstag vorgelegten Zahlen sind eine erste Schätzung, die offizielle Statistik soll in den kommenden Wochen veröffentlicht werden. Das russische Wirtschaftsministerium erwartet für das Gesamtjahr einen Rückgang des BIP um 0,2 Prozent, nachdem die Wirtschaft 2015 noch um 3,7 Prozent geschrumpft war. Der Internationale Währungsfonds ist pessimistischer und rechnet dieses Jahr mit einem Negativwachstum von 1,2 Prozent.
Trotz der anhaltenden Kämpfe in der Ukraine erwägt Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) eine schrittweise Lockerung der Russland-Sanktionen. "Wenn wir signifikante Fortschritte erreichen, spricht aus meiner Sicht nichts dagegen, die Sanktionen sukzessive zu lockern", sagte Steinmeier der Passauer Neuen Presse. Deutschland und Frankreich seien gemeinsam mit Russland und der Ukraine im Gespräch, um die Umsetzung des Minsker Abkommens vom Februar 2015 zu erreichen.
Spätestens im September werde klar sein, "ob etwas geht", sagte Steinmeier. Bisher knüpft die EU die Aufhebung der Sanktionen an eine vollständige Erfüllung der Minsker Vereinbarungen, die ein Ende der Gefechte und den Abzug schwerer Waffen von der Front in der Ostukraine vorsieht. Steinmeier brachte bereits Ende Mai die schrittweise Lockerung der Sanktionen ins Gespräch. Anfang Juli wurden die Sanktionen jedoch von der EU um weitere sechs Monate verlängert.
Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) rief unterdessen die Konfliktparteien in der Ukraine auf, eine Wiederaufnahme von Militäroperationen in großem Stil zu verhindern. Die OSZE-Beobachter beklagten, dass die Zahl der zivilen Verletzten und Getöteten zuletzt gestiegen sei.