Politik

Weidmann will Banken-Aufsicht von der EZB abspalten

Lesezeit: 1 min
19.09.2016 02:16
Bundesbank-Präsident Weidmann überrascht mit einem provokanten Vorschlag: Die erst vor kurzem unter dem Dach der EZB installierte Banken-Aufsicht sollte wieder von der EZB abgespalten werden. Er erkennt - wie viele Kritiker schon seit langem warnen - einen Zielkonflikt bei den Interessen der EZB.
Weidmann will Banken-Aufsicht von der EZB abspalten

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Bundesbank-Präsident Jens Weidmann überrrascht in einem Interview für die SZ, Le Monde, La Stampa und dem Guardian mit einem radikalen Vorschlag: Er fordert lauter Reuters-Vorabmeldung die Abspaltung der Bankenaufsicht von der EZB. "Der EZB-Rat verantwortet Geldpolitik und Bankenaufsicht", sagte Weidmann. Hier drohe ein Zielkonflikt: Als Bankenaufseher tue sich der EZB-Rat möglicherweise schwer, eine Bank hart anzufassen oder gar auf eine Abwicklung hinzuwirken, wenn er wisse, dass er aufgrund seiner geldpolitischen Maßnahmen ihr größter Gläubiger sei. "Als Geldpolitiker tue er sich möglicherweise schwer, den Leitzins anzuheben, wenn ihm Probleme, die Banken mit dem Zinsanstieg haben können, als Aufseher auf die Füße fallen."

Die Bankenaufsicht war erst vor kurzer Zeit bei der EZB angesiedelt worden. Kritiker warnen seit Anbeginn vor dem Interessenkonflikt. Viele sehen in der aktuellen Geldpolitik auch eher eine Stützung der maroden Banken, zumal sich der Wunsch einer Belebung der Realwirtschaft durch niedrige Zinsen und da OMT-Programm bisher nicht erfüllt hat. Das Problem der EZB besteht außerdem darin, dass die ultralockere Geldpolitik den Banken in ihrem Kerngeschäft mittlerweile mehr Ärger als Entlastung bringt. Viele Kunden und Investoren horten Cash, weil sie die Negativzinsen nicht bezahlen wollen. Radikale Vordenken fordern daher eine vollständige Abschaffung des Bargelds. Der US-Ökonom Kenneth Rogoff spricht sich in einem Welt-Interview gar für Negativzinsen von 6 Prozent aus, die im Falle einer neuen Finanzkrise unverzüglich zu verhängen seien.

Weidmann warnt davor, die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) zu überfordern. "Die Notenbanken werden mit Erwartungen überfrachtet", sagte Weidmann. "Dies erfüllt mich mit einer gewissen Sorge, denn die EZB kann nicht alle Probleme lösen." Die Zinsen dürften auf keinen Fall länger so niedrig bleiben als es mit Blick auf die Preisstabilität unbedingt erforderlich sei. Die EZB dürfe dabei niemanden schonen. "Mögliche Probleme einzelner Finanzinstitute oder Staatshaushalte dürfen uns nicht davon abhalten, die Geldpolitik zu normalisieren, sobald es geboten ist."

Der Bundesbank-Präsident äußerte sich zudem besorgt über die Zukunft Europas. "Die übliche Reaktion der EU-Institutionen, Krisen mit 'mehr Brüssel', mehr Integration zu beantworten, verfängt nicht mehr", sagte Weidmann. Für viele Bürger habe Europa an Strahlkraft verloren und sei zur Projektionsfläche für die "Schattenseiten von Globalisierung und Migration" geworden


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Kommunikation im Wandel – Was es für Unternehmen in Zukunft bedeutet
25.04.2024

In einer Ära schneller Veränderungen wird die Analyse von Trends in der Unternehmenskommunikation immer entscheidender. Die Akademische...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Lieferdienste in Deutschland: Bei Flink, Wolt und anderen Lieferando-Konkurrenten geht es um alles oder nichts
25.04.2024

Getir, Lieferando, Wolt, UberEats - es fällt schwer, in deutschen Großstädten beim Angebot der Essenskuriere den Überblick zu...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Familienunternehmer in Sorge: Land verliert an Wettbewerbsfähigkeit
25.04.2024

In einer Umfrage kritisieren zahlreiche Familienunternehmer die Politik aufgrund von übermäßiger Bürokratie und Regulierung. Besonders...

DWN
Finanzen
Finanzen So wählt Warren Buffett seine Investments aus
25.04.2024

Warren Buffett, auch als „Orakel von Omaha“ bekannt, ist eine Ikone der Investment-Welt. Doch worauf basiert seine Investmentstrategie,...

DWN
Technologie
Technologie KI-Chips trotz Exportbeschränkungen: China sichert sich US-Technologie durch die Hintertür
25.04.2024

Trotz der US-Exportbeschränkungen für Hochleistungsprozessoren scheint China einen Weg gefunden zu haben, sich dennoch mit den neuesten...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Russlands Kriegswirtschaft: Putin geht das Geld nicht aus
25.04.2024

Russlands Wirtschaft wächst weiterhin, ist aber stark von der der Kriegsproduktion abhängig. Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius...

DWN
Technologie
Technologie Petrochemie: Rettungsleine der Ölindustrie - und Dorn im Auge von Umweltschützern
24.04.2024

Auf den ersten Blick sieht die Zukunft des Erdölmarktes nicht rosig aus, angesichts der Abkehr von fossilen Treibstoffen wie Benzin und...

DWN
Politik
Politik Sunaks Antrittsbesuch bei Kanzler Scholz - strategische Partnerschaft in Krisenzeiten
24.04.2024

Rishi Sunak besucht erstmals Berlin. Bundeskanzler Scholz empfängt den britischen Premierminister mit militärischen Ehren. Im Fokus...