Die erste Runde der TV-Debatten zwischen Donald Trump und Hillary Clinton sah zwar keinen deutlichen Sieg von Hillary Clinton. Ihre Positionierung, dass es Amerika gut gehe und sich die Lage durch einige Verbesserungen noch weiter stabilisieren werde, konnte nicht überzeugen. Clinton agierte jedoch sehr professionell – man konnte sehen, dass sie ein Medien-Profi ist.
Trumps Kalkül, sich als Anwalt der kleinen Leute zu präsentieren, ging nicht auf. Er machte zwei klassische Fehler, die Quereinsteigern aus der Wirtschaft immer wieder unterlaufen: Er verzettelte sich in Scharmützeln, weil er den Eindruck hat, von den Medien schlecht behandelt zu werden. Zwar gelang es ihm, mit markigen Sprüchen zu punkten – etwa, als er sagte, er werde seine Steuererklärung veröffentlichen, wenn Clinton ihre verschwundenen Emails veröffentlicht. Auf die sehr pointiert vorgetragenen Mutmaßungen Clintons, warum Trump seine Steuererklärung nicht veröffentliche, ging er nicht ein – womit der Verdacht im Raum stehen blieb, Trump habe vermutlich sehr wenige Steuern gezahlt.
Doch sein zweiter Fehler war noch gravierender: In vielen Wortmeldungen sprach er nicht zur Sache, sondern verwies auf seine Leistungen, die er als Unternehmer vollbracht hatte. Es ist jedoch eine alte TV-Weisheit, dass zuviel Selbstlob nicht überzeugen kann.
Überraschend war, dass er in der Wirtschaftspolitik nicht überzeugte. Eigentlich sollte dies seine Domäne sein. Doch es war zu erkennen, dass er außer der pauschalen Senkung der Unternehmenssteuern keine Konzepte auf den Tisch legte. Insbesondere ging er nicht auf die Ungleichheit zwischen Arm und Reich ein – dem vielleicht drängendsten Problem in der amerikanischen Gesellschaft. Man konnte sich des Eindruck nicht erwehren, dass ein US-Präsident Trump im Amt am Ende doch eine Klientel-Politik im alten Stil machen würde, die vor allem auf seinesgleichen, nämlich die Super-Reichen abzielt.
Clinton gelang es immer wieder, mit kleinen Spitzen oder erheblichen Vorwürfen Trump aus der Spur zu bringen. Trump ist, wie viele Unternehmer, kein ausgesprochener Intellektueller. Er geriet immer wieder in die Defensive – und musste sich von Clinton über weite Strecken die Themen diktieren lassen.
Auch in der Außenpolitik waren seine Aussagen nicht konsistent: Einerseits sagte er, die USA seien nicht der Weltpolizist. Dann aber donnerte er gegen den Iran oder Nordkorea, woran man erkennen konnte, dass er sich mit der Außenpolitik nicht wirklich beschäftigt hat. Clinton konnte dagegen ohne große Mühe ihren Ansatz durchbringen, wonach die USA eine führende Rolle spielen sollten. Ihre unbewiesene Behauptung, Russland stecke hinter den jüngsten Hackerangriffen, konterte Trump nur halbherzig.
Allerdings könnte Trump auf der emotionalen Ebene gepunktet haben: Die durch seine bizarren Aussprüche befeuerte Dämonisierung durch weite Teile der Öffentlichkeit verstand er, durch ein vergleichsweise konziliantes Auftreten zu konterkarieren. Clinton wirkte dagegen intellektuell sicher, aber nicht besonders glaubwürdig und etwas kühl.
Wirklich überzeugend agierte der Moderator Lester Holt: Er verstand es, durch seine sehr distanzierte und ruhige Gesprächsführung die Debatte in der richtigen Mischung aus Improvisation und Überwachung der gerechten Verteilung der Redezeit zu steuern.
Im Lauf des Oktober werden noch zwei weitere Debatten folgen.