Finanzen

Investoren ziehen sich aus früheren Boom-Märkten zurück

Lesezeit: 2 min
20.08.2018 01:11
Investoren ziehen sich in großem Stil aus den Finanzmärkten der aufstrebenden Länder zurück. Die Aktienmärkte verzeichnen deutliche Verluste.
Investoren ziehen sich aus früheren Boom-Märkten zurück

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Anleger ziehen sich derzeit in großem Stil aus den Finanzmärkten aufstrebender Staaten zurück. Insbesondere die Aktienmärkte sind von dem Ausverkauf betroffen. Der MSCI Emerging Markets Index – welcher die Aktienkurse von 24 aufstrebenden Märkten abbildet – fiel seit Erreichung seines Höchststandes im Januar von rund 1.300 Punkten auf derzeit rund 1.000 Punkte zurück. Der FTSE Emerging Index – welcher die Aktienkurse von rund 850 Großkonzernen und mittelgroßen Unternehmen in 22 Ländern abbildet – gab seit Januar um mehr als 20 Prozent nach, berichtet die Financial Times.

Auch auf den Devisenmärkten ist ein Rückzug von Investoren auf breiter Front zu beobachten. Die Währungen wichtiger Länder stehen seit etwa 3 Monaten aufgrund der deutlichen Aufwertung des US-Dollar unter Druck. Neben den massiven Wertverlusten der türkischen Lira sind insbesondere auch die indische Rupie, der südafrikanische Rand, der chinesische Yuan, die indonesische Rupie sowie der brasilianische Real und der russische Rubel von dem Abverkauf betroffen.

Ein ähnliches Bild ergibt sich in abgeschwächter Form auf dem Anleihemarkt. Die Renditen russischer Anleihen mit 10 Jahren Laufzeit stiegen seit Jahresbeginn von etwa 7 auf aktuell rund 8,5 Prozent. Brasilianische Papiere verzeichneten einen Renditeanstieg von rund 9,5 Prozent auf aktuell 11,6 Prozent im selben Zeitraum. Die Rendite zehnjähriger Anleihen aus Südafrika stieg von 8,5 Prozent auf 9 Prozent, während indonesische Schuldscheine deutlich von 6 Prozent auf 8 Prozent anzogen.

Der zentrale Grund für den Kursverfall und dem diesen zugrunde liegenden Abzug von Liquidität aus den Schwellenländern ist die Anhebung des Zinsniveaus in den USA, welche Anlagen im Dollarraum profitabler erscheinen lassen als in vielen anderen Teilen der Welt. Eine Folge der erstarkenden Kapitalströme in die USA ist die Aufwertung des Dollar und die Abwertung der Währungen der Handelspartner.

Der Dollar-Index, welcher den Kurs des Dollar zu den Währungen von sechs Industriestaaten abbildet, ist seit Anfang des Jahres deutlich von etwa 89 Punkte auf aktuell rund 96,5 Punkte gestiegen. „Wir können gar nicht oft genug auf die Wichtigkeit der 95-Punkte-Marke beim US Dollar-Index hinweisen. Ein dauerhafter Bruch der Marke nach oben würde die nächste Hochrisikophase einleiten“, schreiben die Nedbank-Analysten Neels Heyneke und Mehul Daya in einem Bericht.

Inzwischen mehren sich die Stimmen, welche vor einer „Dollar-Knappheit“ warnen. Eine Dollar-Knappheit kennzeichnet eine Situation, in der in Dollar verschuldete Unternehmen auf der ganzen Welt ihre Verpflichtungen nicht mehr begleichen können, weil sie schlicht und einfach nicht mehr an neue Dollar-Liquidität in Form von neuen Schulden kommen.

Dies wiederum könnte zu einer Welle von Insolvenzen weltweit führen, welche wiederum Auswirkungen auf die Banken im Westen hätte.

Nicht nur die Anhebung des Zinsniveaus hat zu einem Rückfluss von Dollar-Liquidität in die USA geführt, auch die Schrumpfung der Bilanz der US-Zentralbank Federal Reserve bewirkt, dass der Umfang der Liquidität im Dollar-System abnimmt und nicht mehr für andere Marktteilnehmer in gewohntem Umfang zur Verfügung steht.

Zudem würde auch die von US-Präsident Donald Trump angestrebte deutliche Reduzierung des Handelsdefizits der USA zu einer Verknappung des weltweiten Angebots an Dollar führen.

„Wenn die Vereinigten Staaten damit aufhören, Handelsbilanzdefizite aufzuweisen, würde die Weltgemeinschaft ihre größte Quelle an zusätzlichen Ressourcen verlieren. Die daraus resultierende Verknappung von Liquidität könnte die Weltwirtschaft in eine Spirale der Kontraktion ziehen und zu mehr Instabilität führen“, schreiben Analysten des Internationalen Währungsfonds.

Vor einigen Wochen forderte der Gouverneur der indischen Zentralbank die Federal Reserve in einem ungewöhnlichen öffentlichen Aufruf dazu auf, die Normalisierung ihrer Geldpolitik abzubrechen, weil es sonst in zahlreichen Ländern zu Schuldenkrisen kommen werde. „Globale Ansteckungseffekte waren bis Oktober des vergangenen Jahres nicht zu erkennen. Aber nun sind sie in vollem Gange, seit die Fed ihre Bilanz zurückfährt“, sagte Urjit Patel.

Derzeit sieht es nicht so aus, als ob die Fed den Forderungen nach einer Lockerung der Geldpolitik nachgeben würde. Fed-Gouverneur Jerome Powell sagte bei einem Anlass des Internationalen Währungsfonds: „Es gibt gute Gründe anzunehmen, dass die Normalisierung der Geldpolitik in den entwickelten Ländern sich für die aufstrebenden Staaten als verkraftbar erweisen sollte. Die Märkte sollten durch unsere Aktionen nicht überrascht werden, wenn diese sich im Einklang mit den Erwartungen befinden.“

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..


Mehr zum Thema:  

DWN
Politik
Politik Verfassungsgericht stärken: Mehrheit der Parteien auf dem Weg zur Einigung?
28.03.2024

Das Verfassungsgericht soll gestärkt werden - gegen etwaige knappe Mehrheiten im Bundestag in aller Zukunft. Eine Einigung zeichnet sich...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Deutschlands maue Wirtschaftslage verhärtet sich
28.03.2024

Das DIW-Konjunkturbarometer enttäuscht und signalisiert dauerhafte wirtschaftliche Stagnation. Unterdessen blieb der erhoffte...

DWN
Politik
Politik Corona-Aufarbeitung: Lauterbach will RKI-Protokolle weitgehend entschwärzen
28.03.2024

Gesundheitsminister Karl Lauterbach hat angekündigt, dass einige der geschwärzten Stellen in den Corona-Protokollen des RKI aus der...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Brückeneinsturz in Baltimore trifft Importgeschäft der deutschen Autobauer
28.03.2024

Baltimore ist eine wichtige Drehscheibe für die deutschen Autobauer. Der Brückeneinsturz in einem der wichtigsten Häfen der...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft „Made in Germany“ ist wieder gefragt - deutsche Exporte steigen deutlich
28.03.2024

Der Außenhandel in Deutschland hat wider Erwarten zu Jahresbeginn deutlich Fahrt aufgenommen. Insgesamt verließen Waren im Wert von 135,6...

DWN
Finanzen
Finanzen Der Ukraine-Krieg macht's möglich: Euro-Bonds durch die Hintertür
28.03.2024

Die EU-Kommission versucht, mehr Macht an sich zu ziehen. Das Mittel der Wahl hierfür könnten gemeinsame Anleihen, sogenannte Euro-Bonds,...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Osterfreude und EM-Fieber: Hoffnungsschimmer für Einzelhandel
28.03.2024

Das Ostergeschäft verspricht eine Wende für den deutschen Einzelhandel - nach einem düsteren Februar. Wird die Frühlingshoffnung die...

DWN
Immobilien
Immobilien Immobilienkrise für Banken noch nicht überwunden
28.03.2024

Die deutschen (Pfandbrief-)Banken sind stark im Gewerbeimmobilien-Geschäft engagiert. Das macht sie anfällig für Preisrückgänge in dem...