Die New York Times berichtet, US-Vizejustizminister Rod Rosenstein habe im Mai 2017 in Gesprächen mit Mitarbeitern seines Ministeriums sowie der Bundespolizei FBI vorgeschlagen, Trump könne aufgrund des sogenannten Zusatzartikels 25 aus dem Amt entfernt werden. Außerdem soll Rosenstein vorgeschlagen haben, Trump heimlich abhören zu lassen.
Der Konflikt zwischen Trump und dem Justizministerium könnte nun eskalieren. Trump hadert seit langem mit dem von ihm ernannten Justizminister Jeff Sessions. Am Donnerstag sagte Trump zu Journalisten, er habe keinen Justizminister. Demokratische Aktivisten haben vorsorglich eine Petition gestartet, die gegen den Rauswurf von Rosenstein eintritt. Die Petition ruft zu Protesten auf und soll schon 400.000 Unterzeichner gewonnen haben.
RED ALERT: friends, this could be it. Please sign up below and be ready if Rosenstein is fired. It will be a test for our democracy. Don’t fail the test —register to march! t.co/6IQuKElRF8— Norm Eisen (@NormEisen) September 21, 2018
Der Verfassungszusatz besagt, dass der Präsident auf Betreiben seines Kabinetts abgesetzt werden kann, wenn er "unfähig" ist, "die Pflichten und Vollmachten seines Amtes auszuüben". Kriterien für diese "Unfähigkeit" sind nicht definiert, gemeint sind generell physische oder mentale Beeinträchtigungen.
Rosenstein erklärte, der Bericht sei "fehlerhaft und von der Faktenlage her inkorrekt". Die darin zitierten anonymen Quellen seien offensichtlich negativ gegen das Justizministerium eingestellt.
Rosenstein sagte laut AFP: "Aufgrund meines persönlichen Umgangs mit dem Präsidenten gibt es keine Grundlage dafür, den 25. Zusatzartikel anzurufen."
Bereits Anfang September hatte ein anonymer und als "ranghoher Regierungsmitarbeiter" beschriebener Gastautor in der New York Times berichtet, schon kurz nach Trumps Amtsantritt im Januar 2017 hätten Regierungsmitglieder über die Anwendung des 25. Zusatzartikels diskutiert. Bis heute ist unbekannt, wer der Autor ist. Dem Rang nach käme auch Rosenstein in Frage. US-Beobachter sind allerdings der Meinung, der Bericht sei von mehreren Autoren verfasst worden. Der Artikel erschien auf der Op-Ed-Seite der Times, die vom Newsroom völlig getrennt operiert. Trump hatte die NYT-Journalisten aufgefordert, ihre investigativen Fähigkeiten einzusetzen, um den Autor zu enttarnen.
Dem jetzigen Bericht der Zeitung zufolge soll Rosenstein im Mai vergangenen Jahres in internen Diskussionen auch vorgeschlagen haben, dass Trumps Äußerungen hinter verschlossenen Türen mitgeschnitten werden könnten - und zwar mit dem Ziel, das "Chaos" im Weißen Haus offenzulegen. Das Blatt zitierte mehrere anonyme Quellen, die über Rosensteins Äußerungen in Kenntnis gesetzt worden seien. Die Washington Post schreibt, Rosenstein habe seine Bemerkungen "sarkastisch" gemeint. Die New York Times beschreibt die Aktivitäten Rosensteins allerdings ziemlich detailreich und in einer Weise, die nicht nach einem einmaligen, sarkastischen Ausspruch klingen.
Rosenstein hatte Ende April 2017 sein Amt angetreten und die Oberaufsicht über die Ermittlungen zur Russland-Affäre übernommen, weil sich Ressortchef Jeff Sessions wegen seiner Rolle in Trumps Wahlkampfteam und seiner früheren Kontakte zum russischen Botschafter für befangen erklärt hatte.
Kurz nach Rosensteins Amtsantritt feuerte Trump dann überraschend FBI-Chef James Comey - was er zunächst mit einem von Rosenstein verfassten Memo begründete. In dem Papier hatte der Vizeminister den Umgang des FBI-Chefs mit der E-Mail-Affäre von Trumps früherer Wahlkampfrivalin Hillary Clinton angeprangert. Clinton hatte als Außenministerin unter Verstoß gegen die Regeln ihre privaten Server für ihre dienstliche Kommunikation genutzt.
Rosenstein soll damals davon überrascht worden sein, dass Trump sein Papier als Begründung für den Rauswurf des FBI-Chefs anführte, wie die New York Times bereits im vergangenen Jahr berichtete. Er habe damals die Sorge geäußert, vom Präsidenten missbraucht worden zu sein. Nur kurz nachdem er Rosensteins Memo angeführt hatte, nannte Trump dann eine andere Begründung für Comeys Rauswurf: die FBI-Ermittlungen zur Russland-Affäre.
Laut dem jetzigen Bericht der Zeitung spiegeln die damaligen angeblichen Überlegungen Rosensteins zur Absetzung Trumps seine "Befindlichkeit in den verwirrenden Tagen" nach Comeys Entlassung wider. Es sei nicht klar, wie entschlossen er tatsächlich damals gewesen sei, die Absetzung des Präsidenten zu betreiben.
Als Reaktion auf den Rauswurf Comeys ernannte der Vizeminister nur wenige Tage danach den früheren FBI-Direktor Robert Mueller als Sonderermittler zur Russland-Affäre. Die Mueller-Ermittlungen haben Trump und seine Regierung im Verlauf der Zeit unter wachsenden Druck gesetzt. Der Präsident macht keinen Hehl daraus, dass er die Einsetzung des Sonderermittlers für einen schweren Fehler hält. Er bezeichnet die Untersuchungen zur Russland-Affäre als "Hexenjagd".