Politik

Italien: Notenbank fürchtet Bank-Run durch nervöse Sparer

Lesezeit: 2 min
07.07.2016 01:44
Die italienische Notenbank fürchtet offenbar, dass die Sparer die Nerven verlieren und wegen der Banken-Krise die Schalter von gefährdeten Instituten stürmen könnten. Die Lage ist nach Ansicht von Finanzexperten ernst.
Italien: Notenbank fürchtet Bank-Run durch nervöse Sparer

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Gerhard Schick, Sprecher der Grünen für Finanzpolitik, hat am Mittwoch eine bemerkenswerte Mitteilung verschickt: Er hat in den vergangenen Wochen zahlreiche Gespräche mit italienischen Bankern und Finanzexperten geführt und bringt keine besonders beruhigenden Nachrichten mit nach Deutschland.

Ein Sprecher von Gerhard Schick bestätigte den Deutschen Wirtschafts Nachrichten auf Anfrage, dass die Möglichkeit eines Bank-Runs in Italiens Finanzkreisen sehr ernst genommen wird. Ein Sprecher sagte, Schick sei vor einigen Wochen in Italien gewesen und habe sich mit Vertretern mehrerer Banken – darunter auch der Zentralbank – getroffen. Schon damals sei dem Problem der ausfallgefährdeten Kredite viel Beachtung geschenkt worden. Ein Mitarbeiter betonte, dass die Information, wonach die Banca d’Italia fürchtet, dass Kunden die Bankschalter stürmen könnten, nicht aus dem Finanzausschuss des Bundestages stammt.

Zur Diskussion im Finanzausschuss über die Krise im italienischen Banksystem erklärt Schick:

Italien wird sein Bankenproblem nicht alleine lösen können. Doch erneut Steuergeld in sieche Banken zu stecken ist der falsche Weg. Nur durch eine Stabilisierung der italienischen Wirtschaft kann der Teufelskreis aus schwacher Wirtschaftslage und wackelnden Banken durchbrochen werden. Durch die andauernde Wirtschaftskrise sind Milliardenlasten an notleidenden Krediten entstanden. Etwa 200 Milliarden Euro wurden abgeschrieben, auf 55% des Nominalwertes. Der Markt hält 80% für nötig und sieht eine Lücke von 40 Milliarden Euro in den Büchern klaffen. Gleichzeitig sind im Niedrigzinsumfeld die Ertragsmöglichkeiten schwach. In Italien wurde zu lange zu viel Gewinn von den Banken ausgeschüttet, statt die Kapitalbasis zu stärken. Das rächt sich jetzt. Hier hat die italienische Bankenaufsicht versagt und auch die EZB als Bankenaufsicht nicht rechtzeitig durchgegriffen. Das gilt auch für die Verschleppung der Strukturbereinigung im italienischen Banksystem. Nun hat die Brexit-Abstimmung noch für zusätzliche Unsicherheit gesorgt und die Lage verschärft. Seit der britischen Volksabstimmung verloren Italiens Banken etwa ein Drittel ihres Börsenwertes. Die Banca d‘Italia fürchtet, dass Sparer ihr Vertrauen verlieren, die Schalter stürmen und die Banken krachen. Die Lage ist ernst.

Die EU hat staatliche Liquiditätsgarantien in Höhe von 150 Milliarden Euro genehmigt. Regierungschef Renzi will den Banken allerdings auch mit Steuergeld direkt unter die Arme greifen. Das ist aber nach europäischem Recht nicht erlaubt. Laut den neuen EU-Regeln zur Bankenrettung müssen private Gläubiger einen Teil der Verluste tragen bevor Steuergeld zugeschossen werden darf. Es ist auch sinnvoll, dass Steuerzahler nicht mehr für die Fehler von Banken haften. Hier sollte die europäische Kommission hart bleiben. Aber Europa kann das italienische Bankenproblem nicht länger ignorieren. Denn dadurch wird es nicht kleiner, sondern wird weiter die italienische Wirtschaft schwächen und für externe Schocks anfällig machen. Wer eine nachhaltige Stabilisierung der Eurozone will, muss wahrnehmen, dass die Hauptursache für die faulen Kredite der italienischen Banken die Wirtschaftskrise ist. Und diese kann Italien alleine nicht überwinden. Zusätzliche Investitionsimpulse von europäischer Ebene können helfen, den Teufelskreis aus schwacher Wirtschaftsentwicklung und maroden Banken zu überwinden, damit aus dem Problem einzelner italienischer Banken nicht ein Problem der ganzen Eurozone erwächst. Hier wäre Schäubles Unterstützung nötig, doch der deutsche Finanzminister bremst.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Automesse China 2024: Deutsche Autohersteller im Preiskrieg mit BYD, Xiaomi und Co.
25.04.2024

Bei der Automesse in China steht der eskalierende Preiskrieg bei Elektroautos im Vordergrund. Mit hohen Rabatten kämpfen die Hersteller...

DWN
Politik
Politik Bericht: Habeck-Mitarbeiter sollen Kritik am Atom-Aus missachtet haben
25.04.2024

Wichtige Mitarbeiter von Bundesministern Habeck und Lemke sollen laut einem Bericht interne Zweifel am fristgerechten Atomausstieg...

DWN
Finanzen
Finanzen Feiertagszuschlag: Was Unternehmer an den Mai-Feiertagen beachten sollten
25.04.2024

Feiertagszuschläge sind ein bedeutendes Thema für Unternehmen und Arbeitnehmer gleichermaßen. Wir werfen einen genauen Blick auf die...

DWN
Finanzen
Finanzen Teurer Anlegerfehler: Wie der Blick in den Rückspiegel fehlgeht
25.04.2024

Anleger orientieren sich an den Renditen der vergangenen drei bis zehn Jahre, um Aktien oder Fonds auszuwählen. Doch laut Finanzexperten...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Kommunikation im Wandel – Was es für Unternehmen in Zukunft bedeutet
25.04.2024

In einer Ära schneller Veränderungen wird die Analyse von Trends in der Unternehmenskommunikation immer entscheidender. Die Akademische...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Lieferdienste in Deutschland: Bei Flink, Wolt und anderen Lieferando-Konkurrenten geht es um alles oder nichts
25.04.2024

Getir, Lieferando, Wolt, UberEats - es fällt schwer, in deutschen Großstädten beim Angebot der Essenskuriere den Überblick zu...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Familienunternehmer in Sorge: Land verliert an Wettbewerbsfähigkeit
25.04.2024

In einer Umfrage kritisieren zahlreiche Familienunternehmer die Politik aufgrund von übermäßiger Bürokratie und Regulierung. Besonders...

DWN
Finanzen
Finanzen So wählt Warren Buffett seine Investments aus
25.04.2024

Warren Buffett, auch als „Orakel von Omaha“ bekannt, ist eine Ikone der Investment-Welt. Doch worauf basiert seine Investmentstrategie,...