Die neue brasilianische Regierung des Präsidenten Jair Bolsonaro will zur Verringerung der Staatsschulden etwa hundert staatliche Unternehmen privatisieren oder schließen. Infrastrukturminister Tarcísio Gomes de Freitas sagte am Dienstag, viele dieser Unternehmen seien Tochterfirmen. Es handele sich deshalb nicht nur um Privatisierungen, sondern auch um Schließungen von Betrieben, die heute "keinerlei Sinn" hätten.
Diese Schließungen staatlicher Unternehmen würden dabei helfen, den Haushalt zu entlasten, sagte der Minister dem Radiosender CBN. Die Gelder würden da investiert, wo es nötiger sei.
Wirtschaftsminister Paulo Guedes, der der sogenannten Chicago School of Economy ("Chicago Boys") angehört, hat angekündigt, die von Bolsonaros Vorgänger Michel Temer begonnenen Privatisierungen im großen Stil fortzusetzen. Das soll den Angaben der Regierung zufolge dazu beitragen, Brasiliens enorme Schulden um etwa ein Fünftel zu senken. Als strategisch wichtig geltende große Staatsbetriebe wie der Energieriese Petrobras sollen allerdings von den Privatisierungen ausgenommen werden.
Der neue Vorsitzende des brasilianischen Öl-Riesen Petrobras, Roberto Castello Branco, hatte im November 2018 angekündigt, dass Assets, die nicht zum Kerngeschäft von Petrobras gehören verkauft werden sollen. Castello Branco gehört ebenfalls der Chicago School of Economics an. Dem US-Sender CNBC zufolge hatten internationale Investoren positiv auf die Ernennung von Guedes zum Wirtschaftsberater des Präsidenten und Castello Branco zum neuen Vorsitzenden von Petrobras reagiert. In einem früheren Interview mit der Zeitung O Estado de S. Paulo sagte Castello Branco, BR Distribuidora, Petrobras' Brennstoffverteiler, passe nicht zu dem Unternehmen und erwirtschafte keine Rendite. Dieses Interview führte dazu, dass die Aktien von Petrobras um sechs Prozent stiegen. Auslöser war eine Wette von Spekulanten, die davon ausgingen, dass der Staat seine 70-prozentige Beteiligung an Petrobras verkaufen könnte. Der Petrobras-Vorsitzende fügte hinzu, dass er auch den Verkauf der Flüssiggas-
Am 24. Dezember 2018 teilte Bolsonaro über Twitter mit: "Weniger Einmischung des Staates bedeutet bessere Lebensbedingungen für den Brasilianer."
The Brazilian Report zufolge sind vor allem Unternehmen und Investoren aus den USA, China und Frankreich interessiert an den brasilianischen Staatsunternehmen.
Bolsonaro hat vor, im aktuellen Jahr am Weltwirtschaftsforum in Davos teilzunehmen, um sein Land als als wirtschaftsfreundlich zu präsentieren, berichtet Bloomberg.
Die brasilianische Wirtschaft und Guedes
Vor einem Jahrzehnt war Brasilien eine zunehmend durchsetzungsfähige globale Macht mit einer schnell wachsenden Wirtschaft, die durch den Export von Rohstoffen wie Sojabohnen, Zucker und Öl angeheizt wurde. Der größte Kunde war China: Von 2000 bis 2013 wuchs der Handel mit China um über 4.000 Prozent. In dieser Zeit gewann Brasilien die Rechte für die Ausrichtung der Weltmeisterschaft und der Olympischen Spiele, so das Council on Foreign Relations (CFR) in einem Bericht.
2014 erlebte die brasilianische Wirtschaft jedoch eine tiefe Rezession, die sich durch das nachlassende Wachstum in China verschlechterte. Die Wirtschaft schrumpfte um mehr als sieben Prozent, bevor sie 2017 mit einer Erholung begann. Die Arbeitslosigkeit liegt immer noch bei etwa zwölf Prozent.
Guedes wünscht umfassende Änderungen, von denen er sagt, dass sie das Wachstum ankurbeln und das Defizit beseitigen werden. Guedes setzt sich vor allem für die Privatisierung der Elektrizitätsgesellschaft Electrobras und Banken wie Banco do Brasil ein.
Er will eine Rentenreform durchführen. Die Rentenausgaben sind der größte Treiber des Defizits und machen mehr als acht Prozent des brasilianischen BIP aus. Da die Bevölkerung des Landes schnell altern wird, könnte sich dies in den kommenden Jahrzehnten mehr als verdoppeln.
Guedes plant auch eine Steuerreform, um Investitionen anzuziehen. Auffällig ist auch, dass der Ökonom von der Chicago School sich für bilaterale Handelsabkommen einsetzt. Der Binnenmarkt Mercosur, der den Handel zwischen den Staaten Lateinamerikas erleichtern soll, sei hingegen ein "restriktiver regionaler Block", so Guedes.