Finanzen

Goldman Sachs: Verfassungsrichter in Karlsruhe werden dem ESM zustimmen

Lesezeit: 2 min
07.09.2012 01:03
Für die Investmentbank Goldman Sachs besteht kein Zweifel: Das Bundesverfassungsgericht wird am 12. September den ESM durchwinken. Dies schreibt Goldman in seinem Fahrplan für den Herbst. Dem Plan zufolge wird Spanien am 14. September den Bailout beantragen.
Goldman Sachs: Verfassungsrichter in Karlsruhe werden dem ESM zustimmen

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Aktuell: Verfassungsgericht: Mehrheit der Deutschen für Erfolg der ESM-Gegner

Die Entwicklung der europäischen Schuldenkrise folgt ironischerweise ziemlich genau dem Drehbuch der US-Investmentbank Goldman Sachs. Einen Tag vor der Draghi-Pressekonferenz waren über Bloomberg alle Details bekanntgeworden - genauso, sie in einem offiziellen Memo von Goldman Sachs verbreitet worden waren. Für den Goldman-Sachs Banker Mario Draghi dürfte dies ebenso wenig eine Überraschung gewesen sein wie für den Goldman-Regierungschef in Rom, Mario Monti.

Eine Überraschung könnte das neueste Memo der Goldmänner indes für die Verfassungsrichter in Karsruhe sein: Denn Goldman geht in einem Fahrplan für den Euro-Herbst davon aus, dass Karlsruhe den ESM durchwinken wird (haben wir das nicht schon mal irgendwo gehört - hier?).

Es lohnt, den Text auf Englisch zu lesen. Der Goldman-Analyst Dirk Schumacher schreibt wörtlich: "September 12: German constitutional court gives its blessing to the ESM. Although we expect some procedural riders to be attached to the decision, this would allow German ratification to be completed and the ESM to be established in relatively short order." Auf Deutsch: "12. September: Das deutschen Verfassungsgericht gibt seinen Segen zum ESM. Obwohl wir einige prozedurale Anmerkungen zu der Entscheidung erwarten, würde es diese Entscheidung erlauben, dass Deutschland den ESM ratifiziert und dieser dann innerhalb relativ kurzer Zeit etabliert werden könne."

Goldman hat also nicht den geringsten Zweifel, dass die Verfassungsrichter vielleicht zu einem anderen Urteil kommen könnten. Dies ist schon bemerkenswert, zeigt die Sicherheit von Goldman doch, dass man bei der Bank entweder das deutsche Grundgesetz aus dem FF kennt oder aber man hat Informationen aus Berlin, dass die Entscheidung in die richtige Richtung laufen werde. Immerhin ist Goldman ja auch in Berlin präsent: Der US-Botschafter Philip Murphy gehört nämlich auch zum Club, er war von 1997 bis 1999 Präsident von Goldman Sachs Asien.

Weil Goldman offenkundig wirklich sehr gut informiert ist, kann man auch ein weiteres Datum aus dem Fahrplan mit Interesse zur Kenntnis nehmen. Goldman schreibt: "13.-14. September: Spanien wird beim Treffen der Euro-Gruppe die Rettung aus dem EFSF erbitten."

Danach kann die EU sehr schnell mit Spanien über "Auflagen" sprechen, deren Einhaltung allerdings nach dem griechischen Vorbild verlaufen dürfte - nämlich gar nicht. Wichtig ist der Termin jedoch, weil Spanien im Oktober seine Schulden in Milliardenhöhe refinanzieren muss, wie Goldman eher beiläufig anmerkt. Es kann jedoch nicht im Interesse der Gläubiger-Banken sein, dass diese Schulden nicht bezahlt werden - weshalb der Geldsegen der EZB gerade zum richtigen Zeitpunkt kommt. Sollten die Banken aber dennoch auch nach der Übernahme der spanischen Schulden durch die EZB noch Geld brauchen, hat Goldman eine beruhigende Perspektive: Die Investment-Bank deutet eine beiläufige Antwort Draghis bei der Pressekonferenz so, dass die EZB selbstverständlich in einer nächsten Welle auch Anleihen von Banken und Unternehmen kaufen wird.

Was Goldman geflissentlich nicht erwähnt, ist, woher der Geldsegen am Ende kommen wird: Er wird, über das Target 2-System, von der Deutschen Bundesbank garantiert werden. Deren Präsident Jens Weidmann wehrt sich mit Händen und Füssen gegen diese Entwicklung (mehr zum Streit mit der Bundesbank - hier). Es dürfte jedoch nur eine Frage der Zeit sein, bis Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble seine Vision von Europa auch in der Bundesbank durchgesetzt haben wird.

Weitere Themen

Gauweiler: Regierung muss gegen Entscheidung der EZB rechtlich vorgehen

Analysten: EZB-Effekt wird schnell verpuffen

Wegen Rezession: Spanische Industrie fährt Produktion stark zurück


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Kommunikation im Wandel – Was es für Unternehmen in Zukunft bedeutet
25.04.2024

In einer Ära schneller Veränderungen wird die Analyse von Trends in der Unternehmenskommunikation immer entscheidender. Die Akademische...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Lieferdienste in Deutschland: Bei Flink, Wolt und anderen Lieferando-Konkurrenten geht es um alles oder nichts
25.04.2024

Getir, Lieferando, Wolt, UberEats - es fällt schwer, in deutschen Großstädten beim Angebot der Essenskuriere den Überblick zu...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Familienunternehmer in Sorge: Land verliert an Wettbewerbsfähigkeit
25.04.2024

In einer Umfrage kritisieren zahlreiche Familienunternehmer die Politik aufgrund von übermäßiger Bürokratie und Regulierung. Besonders...

DWN
Finanzen
Finanzen So wählt Warren Buffett seine Investments aus
25.04.2024

Warren Buffett, auch als „Orakel von Omaha“ bekannt, ist eine Ikone der Investment-Welt. Doch worauf basiert seine Investmentstrategie,...

DWN
Technologie
Technologie KI-Chips trotz Exportbeschränkungen: China sichert sich US-Technologie durch die Hintertür
25.04.2024

Trotz der US-Exportbeschränkungen für Hochleistungsprozessoren scheint China einen Weg gefunden zu haben, sich dennoch mit den neuesten...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Russlands Kriegswirtschaft: Putin geht das Geld nicht aus
25.04.2024

Russlands Wirtschaft wächst weiterhin, ist aber stark von der der Kriegsproduktion abhängig. Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius...

DWN
Technologie
Technologie Petrochemie: Rettungsleine der Ölindustrie - und Dorn im Auge von Umweltschützern
24.04.2024

Auf den ersten Blick sieht die Zukunft des Erdölmarktes nicht rosig aus, angesichts der Abkehr von fossilen Treibstoffen wie Benzin und...

DWN
Politik
Politik Sunaks Antrittsbesuch bei Kanzler Scholz - strategische Partnerschaft in Krisenzeiten
24.04.2024

Rishi Sunak besucht erstmals Berlin. Bundeskanzler Scholz empfängt den britischen Premierminister mit militärischen Ehren. Im Fokus...