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Jamie Dimon: Etwas ist faul im Staat Amerika

Lesezeit: 2 min
10.04.2017 01:14
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Der für seinen Optimismus bekannte Chef der Großbank JPMorgan, Jamie Dimon, sieht die USA auf eine höchst unsichere Zukunft zusteuern. Es bestünden große Probleme, die bislang nicht behoben wurden.

Der Vorstandsvorsitzende von JPMorgan sieht die USA auf eine höchst ungewisse Zukunft zusteuern. Eine ganze Reihe zentraler Probleme in Wirtschaft, Finanzsystem und Gesellschaft seien nicht gelöst worden, berichtet Bloomberg. „Die Vereinigten Staaten von Amerika sind ein wahrhaft außergewöhnliches Land. Es ist aber offensichtlich, dass etwas nicht stimmt“, schreibt Dimon in seinem jährlich erscheinenden Brief an die Aktionäre der Bank.

Dimon eröffnet daraufhin einen Reigen verschiedener Probleme, die in den vergangenen Jahren an Schärfe zugenommen hätten. Seit Beginn des neuen Jahrtausends hätten die USA Billionen von Dollar in Kriegen auf der ganzen Welt versenkt, vielen Studenten hohe Schulden aufgebürdet, Ausländern keine Stelle anbieten können, nachdem sie im Land ausgebildet wurden und Millionen von Amerikanern den Zugang zum Arbeitsmarkt verwehrt, weil sie sich in ihrem Leben kleinere Vergehen zu Schulden haben kommen lassen.

Dimon ist eigentlich als positiver Zeitgenosse bekannt. Er zeigte sich in den zurückliegenden Wochen zuversichtlich, dass die von US-Präsident Donald Trump geplanten Reformen wie beispielsweise verstärkte Investitionen in die Infrastruktur des Landes, weniger Regulierungsvorschriften sowie Steuersenkungen für Unternehmen ein wichtiger Schritt zur Belebung der Wirtschaft und des Landes seien. Allerdings scheint er sich auch der Schwere und Vielzahl falscher Entwicklungen bewusst zu sein.

Dazu zählt auch die Partizipationsrate am Arbeitsmarkt, welche seit Jahren sinkt und ein nennenswertes Wachstum der Wirtschaftsleistung in den kommenden Jahren zusammen mit der Alterung der Gesellschaft eigentlich unerreichbar macht.

Dimon sprach zudem das massive Armutsproblem in den USA an. Tatsächlich hatten mehrere Studien in den vergangenen Monaten deren desaströses Ausmaß beleuchtet. Dazu zählt beispielsweise, dass etwa die Hälfte der US-Amerikaner über keinerlei Ersparnisse verfügt und dass rund ein Drittel der Bevölkerung akut von Armut bedroht ist. In den Innenstädten würden arme Kinder von der Gesellschaft und vom Staat alleine gelassen, schreibt Dimon. Zudem seien gute Abschlüsse an Universitäten und höheren Einrichtungen heute kein Garant mehr dafür, eine ordentliche Arbeitsstelle zu bekommen. Die Regulierung sei exzessiv, die Steuern für Unternehmen zu hoch, schreibt Dimon.

Eine der gefährlichsten Entwicklungen jedoch dürfte der drohende Zusammenbruch der Rentensysteme sein. Anfang März wurde bekannt, dass der erste Pensionsfonds einer Gewerkschaft Bankrott angemeldet hat. Landesweit sollen etwa 200 Pensionsfonds auf die Zahlungsunfähigkeit zusteuern.

Die Verschuldung der Amerikaner hat inzwischen bedrohliche Ausmaße angenommen. Der Staat steht derzeit mit fast 20 Billionen Dollar in der Kreide. Weil diese Marke seit dem 15. März als feste Obergrenze gilt, könnte es schon bald zu einer Krise im Haushalt kommen, da keine Neuschulden mehr ohne eine vom Kongress zu bewilligende Anhebung der Obergrenzen aufgenommen werden dürfe. In der achtjährigen Präsidentschaft von Barack Obama haben sich die Schulden des Bundesstaates von etwa 10 Billionen Dollar auf jetzt fast 20 Billionen Dollar verdoppelt – eine desaströse Entwicklung. Unter Obama wurden damit fast so viele neue Schulden aufgenommen, wie unter allen 43 US-Präsidenten vor ihm. Die Gesamtverschuldung der USA inklusive Unternehmen, Privatpersonen und Städten und Gemeinden beläuft sich aktuell auf etwa 68,5 Billionen Dollar.

Dimon resümiert: „Es ist verständlich, warum so viele sauer auf die Führungseliten im Bereich der Wirtschaft und Finanzen, der Erziehungswesen und der Politik sind. Dieser Zustand kann verständlicherweise zu einer Abwendung vom Handel, von der Globalisierung und sogar von unserem Wirtschaftssystem als solchem führen, weil diese für so viele Menschen nicht funktioniert hat. Wir brauchen Vertrauen und Zuversicht unseren Institutionen gegenüber. Zuversicht die die ‚Geheimzutat‘, durch die die Wirtschaft fast von alleine wächst.“

Dimons Pessimismus könnte allerdings auch damit zusammenhängen, dass in der aktuellen US-Regierung eine Phalanx von Goldman-Bankern vertreten ist. Diese pflegen die politische Vernetzung zu ihrem Vorteil und zum Nachteil der Konkurrenten zu nutzen. In der Finanzkrise hatten das Bear Stearns und Lehman zu spüren bekommen. Die aktuell von Goldman angestoßene Trennbanken-Debatte dürfte zur schlechten Laune von Dimon beigetragen haben.

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