Die Aktienkurse der 40 international als systemrelevant eingestuften Groß-Banken sind seit Jahresbeginn um etwa 18 Prozent gesunken. Der Financial Times zufolge könnte ein Grund der Entwicklung darin bestehen, dass die erhöhten Eigenkapitalanforderungen, welche diese Finanzinstitute beachten müssen, die Rentabilität belasten und Investoren abschrecken.
Die Verluste sind beachtlich. „Wenn man die 40 Institute nach ihrer Marktkapitalisierung bewertet, dann wird deutlich, dass diese zwischen dem letzten Höchststand an den Börsen am 26. Januar bis zum 30. Mai etwa 800 Milliarden Dollar Marktwert verloren beziehungsweise Kursverluste von 18 Prozent hinnehmen mussten, wie Daten von Absolute Strategy Research zeigen. Das ist ein Bärenmarkt. 16 dieser Bankenaktien haben seit Anfang des Jahres mehr als 20 Prozent verloren“, schreibt die Financial Times.
Besonders betroffen sind Banken aus der Eurozone, welche noch immer ausfallgefährdete Kredite von mehreren Hundert Milliarden Euro in ihren Büchern haben.
Dem unabhängigen Finanzexperten Achim Dübel zufolge kann man die Probleme der europäischen systemrelevanten Groß-Banken aber nicht generalisieren. Diese hätten verschiedene Gründe. Dübel sagte den Deutschen Wirtschaftsnachrichten:
„Globale Banken wie Deutsche oder BNP, die hohe USD-Exposures haben, leiden unter den steigenden USD-Zinsen und den dadurch ausgelösten steigenden Risikoprämien in Schwellenländern. Eher regional operierende große europäische Banken wie Unicredit, sind durch die hohen Verschuldungen der Kreditnehmer in EUR oder anderen Lokalwährungen und politische Instabilität in ihren Regionen gehemmt.
Bei beiden Gruppen sollte man den Ausstieg der EZB aus der quantitativen Lockerung (‚tapering off‘) beachten, die die Risikoprämien für europäische Unternehmensbonds bereits deutlich hat ansteigen lassen. Zwar verlief der Prozess bisher eher geordnet, aber der Markt sieht hier natürlich Risiken.
Auch hilft beiden Bankengruppen zwar langfristig ein steigendes Zinsniveau in USD und EUR, um wieder höhere Margen zu erzielen. Aber zuerst kommen mögliche Kreditverluste (falls man variabel vornehmlich verzinslich verliehen hat) oder Zinsverluste (falls man vornehmlich fest verzinslich verliehen hat).
Hinzu kommen allgemein für Banken die historisch erhöhten Risikoprämien aus der Finanzkrise und die nach wie vor hohe Intransparenz sowie die sich rasch zuspitzende IT-Problematik alter und großer Firmen. Zwar will man von Fintechs profitieren und sieht sie als komplementär, wie Deutsche Bank-Chef Sewing auf dem Wirtschaftstag am Dienstag betonte. Aber Großbanken sind oft langsam und unflexibel. Ein Beispiel in Deutschland ist die Vermittlung von Hypokrediten über Fintechs nach dem Aldi-Modell – gute Qualität zum günstigsten Preis ohne Rücksicht auf Markennamen - die die League-Tables ordentlich durcheinandergebracht hat.
Auch der zu starke Fokus auf Regulierungen und Nähe zum Staat in den vergangenen 10 Jahren hat viel Managementkapazitäten gebunden, die besser in die Unternehmensentwicklung investiert worden wären. Man hat sich, auf alte Machtverhältnisse verlassend, erst Druck in Richtung Rettungen durch den Steuerzahler gemacht, und als diese Strategie nicht mehr verfing fast ein Jahrzehnt lang mit den Regulierern um die Konsequenzen gestritten. Flexibles unternehmerisches Denken hätte die Lektionen der Krise rascher akzeptiert, vielleicht ist das der verborgene Grund, warum es den US-Banken heute besser als den europäischen geht.
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