Politik

EU will Freiheiten der Schweizer Kantone beschneiden

Lesezeit: 2 min
21.12.2012 02:23
Die Europäische Kommission will die Möglichkeit der Schweizer Kantone begrenzen, Unternehmen mit Steuervorteilen anzulocken. Brüssel überlegt eine Regulierung und schließt sogar Sanktionen nicht aus.
EU will Freiheiten der Schweizer Kantone beschneiden

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Die offizielle Unternehmenssteuer in der Schweiz liegt bei etwa 21 Prozent und ist damit wesentlich niedriger als vergleichsweise in Deutschland (29%) oder Frankreich (33 %). Der effektive Beitrag liegt in der Schweiz jedoch häufig darunter, da viele Firmen oft einen besseren Deal verhandeln können. Einem Bericht von Reuters zufolge gehen anderen Ländern dadurch jährlich rund 30 Milliarden Euro verloren. Brüssel fordert nun, dass die Schweiz spezielle Steuervorteile für ihre 24.000 privilegierten Unternehmen streichen soll.

Firmen wie Nissan oder eBay zahlen in der Schweiz nur einen Bruchteil der Steuern, die sie in ihren Heimatmärkten zahlen müssten. Der Hauptvorwurf der EU richtet sich an die Kantone, die in ihrem Wettbewerb untereinander für im Ausland erwirtschaftetes Einkommen weniger Steuern verlangen als für im Inland erwirtschaftetes Einkommen. Die Attacke aus Brüssel geht so weit, dass Gegenmaßnahmen entwickelt werden sollen, die es den Unternehmen erschweren, sich Steuervorteile der Schweiz zu sichern.

Sogar Schutzzölle sind als Instrument dafür im Gespräch. Diese würden jedoch die Schweizer Industrie vom gemeinsamen europäischen Markt ausschließen. Bis es zu Sanktionen durch die EU kommen kann, müssen große Hürden in Form von „rechtlichen Urteilen und einstimmigen Vereinbarungen“ überwunden werden, sagte eine Sprecherin der Europäischen Kommission. Obwohl die Möglichkeiten der EU begrenzt seien, scheint klar, dass sie ihre Forderungen „nicht zurückziehen wird. Es muss eine Lösung gefunden werden und die Schweiz“ müsse sich anpassen, sagte Martin Naville, Chef der Swiss-American Chamber of Commerce.

Die Schweiz ist nicht der einzige sichere Steuerhafen in Europa. Google nutzt beispielsweise Lücken im irischen Steuersystem aus und hat über den Umweg durch die Bermudas in den letzten drei Jahren zehn Milliarden Euro nicht versteuern müssen. In der Schweiz profitiert eBay von einer Steuerquote von maximal 3,6 Prozent auf Einnahmen aus dem Ausland. Das Steuersystem sei jedoch „nicht der einzige Grund“ für die Schweiz als Standort für eBay, versicherte eine Sprecherin. Die geostrategische Lage, die Arbeitskräfte, die Infrastruktur und die Lebensqualität seien ebenfalls wichtige Faktoren.

Einige Kantone haben inzwischen gestanden, dass sie sich als „Geiseln multinationaler Unternehmen“ sehen, sagte Ada Marra von der SP Partei. Ohne die Steuervorteile der Großkonzerne müsste die Schweiz auf zehntausende Jobs und Milliardeneinnahmen verzichten.

Für ein Steuersystem, welches mit den Vorgaben der EU vereinbar wäre, könnte die Schweiz den Steuersatz auf Einnahmen aus dem Inland an den Steuersatz für Einnahmen aus dem Ausland angleichen. Dadurch würden jedoch wiederum Steuereinnahmen von den heimischen Unternehmen wegfallen. Eine andere Idee könnte in einer Anhebung des Auslandssteuersatzes liegen, bei gleichzeitiger Gestattung von Sonderlizenzen auf geistiges Eigentum oder der Gewährung von kostenloser Elektrizität. Im Gegensatz zu vielen anderen europäischen Staaten jedoch wisse „die Schweiz, wie es ihr Steuersystem beschützt“, sagte Pascal Broulis, Finanzminister des Kantons Vaud.

Weitere Themen:

Trotz Krise am Automarkt: Banken geben Peugeot 11,5 Milliarden Euro

Bank of England: Goldman-Banker an der Spitze mit Traumgehalt

Nach Milliarden-Überweisung: Athen warnt vor Staatspleite

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..


Mehr zum Thema:  
Europa >

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Brückeneinsturz in Baltimore trifft Importgeschäft der deutschen Autobauer
28.03.2024

Baltimore ist eine wichtige Drehscheibe für die deutschen Autobauer. Der Brückeneinsturz in einem der wichtigsten Häfen der...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Osterfreude und EM-Fieber: Hoffnungsschimmer für Einzelhandel
28.03.2024

Das Ostergeschäft verspricht eine Wende für den deutschen Einzelhandel - nach einem düsteren Februar. Wird die Frühlingshoffnung die...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft „Made in Germany“ ist wieder gefragt - deutsche Exporte steigen deutlich
28.03.2024

Der Außenhandel in Deutschland hat wider Erwarten zu Jahresbeginn deutlich Fahrt aufgenommen. Insgesamt verließen Waren im Wert von 135,6...

DWN
Immobilien
Immobilien Immobilienkrise für Banken noch nicht überwunden
28.03.2024

Die deutschen (Pfandbrief-)Banken sind stark im Gewerbeimmobilien-Geschäft engagiert. Das macht sie anfällig für Preisrückgänge in dem...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Tarifkonflikt gelöst: Keine Lufthansa-Streiks zu Ostern
28.03.2024

Nachdem die Deutsche Bahn ihren Tarifkonflikt mit der Lokführergewerkschaft GDL in dieser Woche gelöst hat, scheinen auch bei der...

DWN
Finanzen
Finanzen Der Ukraine-Krieg macht's möglich: Euro-Bonds durch die Hintertür
27.03.2024

Die EU-Kommission versucht, mehr Macht an sich zu ziehen. Das Mittel der Wahl hierfür könnten gemeinsame Anleihen, sogenannte Euro-Bonds,...

DWN
Politik
Politik Bundeswehr unterstützt Strukturwandel in der Lausitz
27.03.2024

In Bernsdorf im Landkreis Bautzen wird ein neues Logistik-Zentrum der Bundeswehr entstehen. Das entschied Verteidigungsminister Boris...

DWN
Unternehmen
Unternehmen EU blockiert Übernahme von ITA Airways und schützt Lufthansa vor sich selbst
27.03.2024

Brüssel hat neue Hürden für die Übernahme der italienischen Fluggesellschaft ITA Airways aufgestellt. Die dänische EU-Kommissarin...