Deutschland

Künftig zwei Chefs: Papst-Sekretär zieht zu Benedikt XVI. in die Wohnung

Lesezeit: 2 min
28.02.2013 15:02
Zwei Päpste, ein Sekretär. Rom staunt über die erstaunlichste Personalie nach dem Papst-Rücktritt. Georg Gänswein behält seinen Job als Leiter des päpstlichen Haushalts - und zieht mit Joseph Ratzinger in dessen neue Wohnung. Der „George Clooney“ der Katholischen Kirche sieht keinen Interessenskonflikt. Im Vatikan rätselt man über die neue Rolle des Ex-Papstes.
Künftig zwei Chefs: Papst-Sekretär zieht zu Benedikt XVI. in die Wohnung

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Er gilt als der schönste Priester aller Zeiten: Der Vatikan-Kenner Colm Toibin hat über Monsignore aus Baden-Württemberg einmal geschrieben: „Gänswein ist bemerkenswert gutaussehend, eine Mischung von George Clooney und Hugh Grant, aber auf eine Weise schöner als jeder der beiden einzeln.“

Gänswein wird nun mit dem Papst aus dem Vatikan ausziehen – und mit ihm gemeinsam in seine neue Wohnung einziehen.

Bemerkenswerterweise wird Gänswein dem Ex-Papst dienen und gleichzeitig dessen Nachfolger. Vatikan-Sprecher Federico Lombardi gab bekannt, dass Gänswein mit Joseph Ratzinger in dessen neue Wohnung in einem vatikanischen Kloster ziehen wird und dann täglich in den Vatikan gehen wird, um als Chef des Haushalts des neuen Papstes zu arbeiten. Als Lombardi bei der Pressekonferenz gefragt wurde, ob es hier nicht einen Interessenskonflikt gäbe, geriet Lombardi sichtlich in die Defensive und sagte, die Entscheidungen seien wohl überlegt gewesen: „Ich glaube, man hat das genau durchdacht.“

Die Entscheidung, dass der engste Mitarbeiter des neuen Papstes quasi jeden Abend zum Abendessen nach Hause kommt, und dort sitzt dann – wie anderswo die Ehefrau – der Ex-Papst, und man redet nur über Fußball und den aktuellen TV-Krimi, mutet den Vatikan-Beobachtern doch etwas seltsam an.

Zumal Joseph Ratzinger auch nicht zu seinem Namen zurückkehren wird. Der Papst hat verfügt, dass er weiter „Seine Heiligkeit, Benedikt XVI.“ genannt werden möchte. Auch wird der Papst nicht zu der für Priestern üblichen schwarzen Soutane zurückkehren, sondern weiter im weißen Ornat auf- und abmarschieren. Das einzig, was sich ändern wird, sind die Schuhe: Der Papst lässt seine Prada-Schuhe im Vatikan zurück und bekommt braune, handgefertigte Schuhe.

Ein Papst, der sich wirklich aus dem Tagesgeschäft verabschiedet und nur dem asketischen Gebet widmet, sieht anders aus. Es ist durchaus vorstellbar, dass Ratzinger versuchen wird, ein Auge auf die Aktivitäten seines Nachfolgers zu werfen. Im Intrigen-Sumpf des Vatikan wird das Vorgehen des deutschen Papstes mit Argus-Augen beobachtet. Insbesondere fragen sich einige, welche Themen der Papst unter Umständen weiter aktiv beeinflussen möchte.

Ratzinger war zurückgetreten, weil ihm die Intrigen im Vatikan auf die Nerven gingen, und weil er auch selbst unter Druck geraten war: Der immer noch ungelöste Finanz-Skandal (hier) und eine beispiellose Serie von Sex-Affären (hier) und Fällen von Kindesmisshandlungen hatten seine Amtszeit überschatte.

Die Doppelrolle seines Sekretärs ist in jedem Fall dazu geeignet, Spekulationen anzuheizen: Über die Rolle, die Benedikt XVI. weiter im Vatikan spielen will – und über die wahren Gründe seines Rücktritts.

In einem Buch hat Angelo Quattrochi das außergewöhnliche Verhältnis von Gänswein zu Ratzinger beschrieben. Gänswein war nach eignenen Angaben praktisch rund um die Uhr mit dem Papst zusammen. Gänswein hatte dem Autor erzählt: „Die Tatsache, dass wir uns jeden Tag treffen, erzeugt eine gewisse familiäre Atmosphäre. Man ist weniger nervös. Aber natürlich weiß ich, wer der Heilige Vater ist und so weiß ich, dass ich mich ordentlich zu benehmen habe. Aber es gibt immer wieder einige Situationen, in denen das Herz etwas heftiger klopft als gewöhnlich.“


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Technologie
Technologie Der Chefredakteur kommentiert: Kleiner Blackout - kein neuer Strom mehr in Oranienburg! Echt jetzt?
19.04.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Städtereisen neu entdeckt: Easyjet läutet Renaissance der Rollkoffer ein
19.04.2024

Vor genau 20 Jahren eroberte Easyjet mit seinen günstigen Flügen das Festland der EU. Der Start in Berlin-Schönefeld begann...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft G7-Außenministertreffen: Israel-Iran Konflikt überschattet Agenda
19.04.2024

Nach israelischem Angriff auf Iran: G7-Außenministertreffen auf Capri ändert Agenda. Diskussionen zu China und Cyber-Sicherheit werden...

DWN
Politik
Politik Forsa-Zahlen: Die Grünen unterliegen den Fliehkräften der Abwärtsspirale
19.04.2024

Und schon wieder eine Etage tiefer. Der Sog verstärkt sich und zieht die Partei Bündnis 90/Grüne immer weiter hinab in der Wählergunst....

DWN
Technologie
Technologie Sehnsuchtsort Mond – Wettlauf um Macht und Rohstoffe
19.04.2024

Forscher, Technologiefirmen und ganze Staaten streben nach neuen galaktischen Ufern. Der Mond lockt mit wertvollen Rohstoffen und dient...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Trotz Exportbeschränkungen: Deutsche Ausfuhren in den Iran gestiegen
19.04.2024

Deutsche Exporte in den Iran trotzen geopolitischen Spannungen: Anstieg trotz EU- und US-Sanktionen. Welche Kritikpunkte gibt es in diesem...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Krieg: So ist die Lage
19.04.2024

Nach neuen Angriffen: USA und NATO erhöhen Unterstützung für Ukraine, während Russland seinen Machtanspruch verstärkt.

DWN
Immobilien
Immobilien Wie viel Immobilie kann ich mir 2024 leisten?
19.04.2024

Wie günstig ist die aktuelle Marktsituation für den Erwerb einer Immobilie? Auf welche Haupt-Faktoren sollten Kaufinteressenten momentan...