In der Berichterstattung über den NSU-Prozess hat das ZDF in der heute-Sendung um 19 Uhr einen Fake geliefert. Wie der Stern herausgefunden hat, hat der Sender bereits vor der Entscheidung des NSU-Prozesses ein Interview mit Ismail Erel von der türkischen Zeitung Sabah geführt, in dem er die Enscheidung lobte.
Der Stern:
In "heute" kommentierte er gegen 19.02 Uhr stolz das Urteil, das türkischen Medien nun Präsenz zugestand: "Das ist nun mal für uns eine sehr, sehr positive Nachricht. Also nicht nur für uns, die 'Sabah' hat, glaube ich, für die ganzen türkischen Medien hier in Deutschland etwas bewirkt, nämlich dass die am Prozess teilnehmen können. Und das Bundesverfassungsgericht hat natürlich auch gesehen, dass hier eine Ungleichbehandlung stattfand."
Nur: Erel konnte den Richterspruch noch gar nicht kennen. Er fiel erst rund dreieinhalb Stunden nach der Aufzeichnung des Beitrags. Wer genau hinsah, konnte entdecken, dass die Redaktionsuhr hinter Erels Kopf kurz vor halb drei Uhr zeigte.
Die Nachrichtenagenturen hatten die Entscheidung um kurz nach 18 Uhr bekanntgegeben.
Der Sabah-Journalist versuchte zunächst, den Stern an der Nase herumzuführen:
Auf Nachfrage des stern beteuerte Erel zunächst, das Urteil bereits gekannt zu haben. "Da ging wohl die Uhr falsch", sagte er am Telefon. Das Kamerateam sei allerdings schon vor 18 Uhr anwesend gewesen. Wann genau das Statement aufgezeichnet worden war, könne er sich am Ende nicht mehr erinnern.
Nach einigen Schreck-Stunden räumte das ZDF dann ein:
"Nach Rückfrage bei den zuständigen Kolleginnen und Kollegen können wir Ihnen mitteilen, dass die Frage bei einem Dreh für die ZDF-Sendung 'Forum am Freitag’ in Erwartung einer entsprechenden Entscheidung vorab gestellt und aufgezeichnet wurde."
Warum eine Zeitung beim NSU-Prozess anwesend sein will, die sich nicht entblödet, ein anderes Medium glatt anzulügen, ist eigentlich nicht klar: Wenn Sabah ohnehin schon vorher weiß, was beim Prozess herauskommt und auf Verdacht einfach ein paar Berichte schreibt, sollten die Stühle, die Sabah vor dem Bundesverfassungsgericht für sich erstritten hat, besser von Kollegen besetzt werden, die nur das schreiben, was sie wirklich gesehen haben.
Dass das ZDF als Organ des deutschen Demokratieschutzes sich für so eine plumpe Manipulation hergibt, die eigentlich aus der Steinzeit des Fernsehens stammt, überrascht indes nicht: Der Sender befindet sich in einem mörderischen, zur Gänze vom GEZ-Zahler finanzierten Konkurrenzkampf dutzender öffentlich-rechtlicher Sender und darf sich in diesem Wettbewerb um die Erhaltung der Demokratie keine Blöße geben.
Sonst muss das ZDF zur Strafe das nächste Mal das Interview mit Wladimir Putin veranstalten.
Und dieses Schicksal soll, nach den Erfahrungen des Chefredakteurs des Westdeutschen Rundfunks mit Putin, aus Sicht der Chefredakteure des ZDF vom Sender unter allen Umständen abgewendet werden.