Wegen einer auf reine Größe abzielenden Förderpolitik werden Grundnahrungsmittel völlig überflüssigerweise aus dem Ausland nach Deutschland importiert. Die Bio-Bauern fristen dagegen ein Schatten-Dasein - obwohl Deutschland die meisten Lebensmittel zur Versorgung der Bevölkerung selbst herstellen könnte. Diesen Schluss ziehen Ulrich Köpke und Paul Küpper von der Universität Köln in einer aktuellen Studie, die sie im Auftrag der Grünen-Bundestagsfraktion erstellten.
Das Handelsvolumen bei Lebensmitteln aus ökologisch kontrolliertem Anbau hat sich von 2000 bis 2012 auf über 7 Milliarden Euro mehr als verdreifacht. Damit stellt Deutschland gut 30 Prozent des europäischen Bio-Marktes. Der Flächenanteil des ökologischen Landbaus dagegen stieg in den letzten zehn Jahren nur um 47 %. Trotz des großen Umsatzwachstums profitieren die deutschen Biobauern davon also kaum. Der Anteil der Öko-Schiene am gesamten Lebensmittelmarkt ist zwar leicht auf 3,9 Prozent gestiegen, bleibt aber weiter auf niedrigem Niveau.
Die wachsende Nachfrage ökologisch erzeugter Lebensmittel in Deutschland konnte somit nur durch steigende Importe gedeckt werden. Immer größere Mengen an Kartoffeln, Obst und Gemüse, Schweinefleisch und Milchprodukten werden aus dem europäischen Ausland eingeführt. Der Marktanteil der Importe vieler Produktgruppen hat in den letzten Jahren zwischen 5 und 20 % zugelegt, heißt es in der Studie. Dabei könnte der Mehrbedarf einwandfrei durch heimische Produktion abgedeckt werden. Unter Druck geraten sind die deutsche Bio-Produkte auch durch die massiven Importe von industriell hergestellten Lebensmittel aus der EU. Denn diese sind billiger - weil sie nicht vom Kunden, sondern vom Steuerzahler finanziert werden.
Die Butter aus Irland in den Regalen der deutschen Supermärkte ist also auch wirtschaftlich überflüssig wie ein Kropf.
Viele andere Länder haben das Potential erkannt und in die Umstellung auf Biolandbau investiert. So stiegen beispielsweise die Bio-Anbauflächen in Polen und den baltischen Ländern allein seit 2004 um 300 bis 500 Prozent, in Deutschland dagegen nur um 29 Prozent. In manchen Bundesländern sind die Flächen für die Biolandwirtschaft sogar rückläufig. Damit wird ein Wachstumsfeld ignoriert, in dem deutlich mehr Arbeitsplätze als in der konventionellen Landwirtschaft entstehen. Zudem gehen wichtige Impulse für den Umwelt- und Artenschutz verloren.
Als einen Hauptgrund für die Schwäche des heimischen Bio-Wachstums nennen die Studienautoren eine verfehlte Förderpolitik. Sie kritisieren Unsicherheiten bei der Förderung des ökologischen Landbaus und seiner Umweltleistungen. So hätte die Bundesregierung bei den Verhandlungen zum Europäischen Finanzrahmen Kürzungen im Bereich der ländlichen Entwicklung in Kauf genommen.
In den Bundesländern kämen dadurch 15 bis 20 Prozent weniger Gelder an. Das ist gerade deshalb brisant, weil bei den Landwirtschaftsförderungen immer wieder Fälle von Verschwendung hochkommen (hier). Von den Förderstrukturen profitieren vorrangig Großbauern. Erhebliche Summen an Steuergeld fließen zum Beispiel in den Rapsanbau zur Kraftstoff- und Biogas-Erzeugung.
Mitschuld ist auch der harte Preiskampf, insbesondere weil in den letzten Jahren auch die großen Einzelhandels-Ketten ins Biosegment eingestiegen sind. Auch durch einen immer schärferen globalen Wettbewerb geraten die Lebensmittel-Preise unter Druck. Nicht nur die Änderung der Rahmenbedingungen zugunsten nachhaltiger Landwirtschaft ist nötig, sondern auch die Bereitschaft der Endkunden, für diesen Mehrwert auch zu bezahlen.