Noch haben die USA und ihre Verbündeten sich nicht zu einem Militärschlag gegen Syrien entschieden. Die Vorbereitungen reichen jedoch aus, um die Ölpreise schon jetzt in die Höhe zu treiben. Der globale Ölmarkt reagiert nervös auf die Krisensituation infolge eines möglichen Chemiewaffeneinsatzes durch Assads Truppen in der vergangenen Woche. Getroffen wird damit direkt der Geldbeutel der deutschen mittelständischen Unternehmen. Diese sollten strategisch wichtige Seewege und Pipelines in den kommenden Wochen genau im Blick haben.
Am Mittwoch kostete ein Barrel Rohöl 110,34 Dollar. Die wichtigste Sorte Brent kletterte auf fast 116 Dollar pro Barrel. Am Ende des Tages erreichten die Preise gar ein Zwei-Jahres-Hoch. Bereits seit Juli ist diese Tendenz nach oben zu beobachten. Nach dem Sturz des ägyptischen Präsidenten Mursi hätte nun die Ankündigung des US-Präsidenten Barack Obama, einen Militärschlag gegen Syrien in Erwägung zu ziehen, für einen neuerlichen Preissprung gesorgt.
Syrien als Ölproduzent gilt dabei nicht als die größte Sorge. Das Land selbst ist hier eher unbedeutend. Sorge bereitet den Beobachtern vielmehr der Umstand, dass sich aus dem aktuellen Konflikt ein Flächenbrand entwickeln könnte, der die gesamte Region ergreift. „Der gesamte Nahe Osten könnte involviert werden“, zitiert die Los Angeles Times Patrick DeHaan, Analyst bei GasBuddy.com. Beunruhigt sei man vor allem mit Blick auf die Lieferketten, die am Ende auch den Westen versorgen. Nach Einschätzung des Fachmanns würden die höheren Rohölpreise voraussichtlich auch in höheren Gaspreisen für die Verbraucher resultieren. Für die USA rechnet er mit einem Anstieg um bis zu 20 Prozent.
Und Assad könnte den Preisanstieg im Falle eines Krieges noch weiter anheizen. Möglich sei demnach ein „Verzweiflungsangriff“ auf die Energieinfrastruktur der Region, so die CNBC. Gleiches sei bereits unter Saddam Hussein geschehen, als das irakische Militär Anfang der 1990er Jahre das Feuer auf mehr als 600 Ölquellen in Kuwait eröffnete. „Wenn sich Syrien in die Enge getrieben fühlt, könnten sie entscheiden: 'Hey, wir haben nichts mehr zu verlieren, also lasst uns die Krise ausweiten'“, zitiert die CNBC Mohammed Akacem, Wirtschaftsprofessor an der Metropolitan State University in Denver.
Ziele, um der Weltwirtschaft zu schaden, gebe es für Assad genug: Gut ein Prozent der weltweiten Öl-Produktion fließt zum Beispiel durch den türkischen Hafen Ceyhan. Der liegt nur drei Stunden von der syrischen Grenze entfernt. Durch diesen Standort fließt auch ein wesentlicher Teil des irakischen Erdgases. Die Pipeline selbst ist ebenfalls ein sensibler Punkt. Allein im Jahr 2013 wurde sie bereits 30 Mal attackiert. Der Direktor des Center for International Industry Competitiveness, George Haley, ist überzeugt, das syrische Regime könnte hier schwere Schäden anrichten. Wenn auch wahrscheinlich nur mit Hilfe der letzten Verbündeten.
Auch den Suez-Kanal gilt es im Blick zu behalten. Der Kanal transportiert etwa 800.000 Barrel Rohöl und 1,4 Millionen Barrel Erdöl täglich, so das Wall Street Journal. Als mögliches Ziel kommt aber auch die Suez-Mittelmeer-Pipeline in Betracht. Diese fördert das Öl aus der Region am Persischen Golf bis zum Mittelmeer. Tagtäglich fließen hier rund 1,7 Millionen Barrel Rohöl.
Welche Auswirkungen die aktuelle Krisensituation für Deutschlands Autofahrer haben kann, erlebten diese nicht zuletzt Anfang 2011. Die Libyen-Krise schlug sich deutlich auf die Preise nieder und erreichte Ende Februar ein Zwei-Jahres-Hoch. Für deutsche mittelständische Unternehmen bedeutet das einen weiteren Anstieg ihrer laufenden Betriebskosten. Die dadurch entstehenden Mehrausgaben dürften sich am Ende nicht nur auf das Betriebsergebnis auswirken, sondern auch auf den Geldbeutel jedes einzelnen Verbrauchers. Die meisten Mittelständler werden die Mehrkosten an ihre Kunden weiterreichen oder aber am Ende schmälere Gewinne hinnehmen müssen. Vertraut sind sie mit dieser Situation allemal. Bereits 2012 waren es die Energiekosten, die das Wachstum des Mittelstandes ausbremsten.