Deutschland

Notprogramm: Kunden müssen Versicherer mit 2 Milliarden Euro retten

Lesezeit: 1 min
11.03.2014 00:09
Die niedrigen Zinsen machen Lebensversicherern zu schaffen. Die Versicherer machen Verluste durch die vor Jahren festgeschriebenen Garantiezinsen bei Lebensversicherungen. Jetzt springt der Staat ein: Ein neues Gesetz soll die Ausschüttung der Bewertungsreserven an die Versicherten abschaffen. Dadurch entgehen ihnen bis 2015 insgesamt 2 Milliarden Euro.
Notprogramm: Kunden müssen Versicherer mit 2 Milliarden Euro retten

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die Bundesregierung will Versicherte für die finanziell schlecht dastehenden Versicherer in die Verantwortung ziehen. Sie sollen auf die Auszahlung der Bewertungsreserven verzichten. Ein entsprechendes Gesetz ist bereits auf dem Weg und soll Medienberichten zufolge in den nächsten Wochen stehen. Versicherte, deren Verträge in diesem Jahr auslaufen oder die diese Verträge kündigen müssten danach auf insgesamt zwei Milliarden Euro verzichten.

Die Versicherer machen unter anderem mit Lebensversicherungen ein Verlustgeschäft, da sie ihren Kunden über Jahre hinweg hohe Zinsen garantiert haben, die im derzeitigen Niedrigzinsumfeld mit neuen Produkten nicht zu erwirtschaften sind.

Der SZ zufolge wird zudem eine Senkung des Garantiezinses von 1,75 auf 1,25 Prozent ab 2015 erwogen. „Das Bundesfinanzministerium strebt eine langfristige und umfassende Stabilisierung der Lebensversicherungen an“, sagte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, Michael Meister. Ziel sei ein „fairer Ausgleich“ zwischen allen Beteiligten, also den Versicherten und den Aktionären.

Nach Angaben aus der schwarz-roten Koalition ist nicht nur im Gespräch, die Beteiligung ausscheidender Versicherungskunden an den sogenannten Bewertungsreserven neu zu regeln. Im Gespräch sei etwa auch eine Begrenzung von Vermittlungsprovisionen.

Die Bundesbank war in ihrem Finanzstabilitätsbericht 2013 zu dem Ergebnis gekommen, dass das Niedrigzinsumfeld die Lebensversicherer schwächt, da Neuanlagen geringere Renditen abwerfen. Ein erster Versuch der früheren Bundesregierung, die Versicherer daher bei der vorgeschriebenen hälftigen Ausschüttung ihrer Bewertungsreserven zu entlasten, war am Widerstand des von der SPD dominierten Bundesrates gescheitert.

Bewertungsreserven sind Kursgewinne der Kapitalanlagen, an denen die Versicherten beteiligt werden müssen. Bisher werden Kunden bei Kündigung oder regulärem Ablauf ihrer Police zur Hälfte an den Bewertungsreserven beteiligt. Im Fokus stehen die vorübergehenden stillen Reserven auf festverzinsliche Anlagen. Diese müssen nach geltendem Recht zum Teil an die Kunden ausgeschüttet werden.

Hoch verzinsliche Wertpapiere, die die Versicherer vor Jahren erworben haben, sind aufgrund der generell niedrigen Zinsen für die Versicherungsgesellschaften enorm wertvoll geworden. Um die Garantiezinsen gewährleisten und die Bewertungsreserven auszahlen zu können, müssen Versicherer immer mehr dieser wertvollen Finanzprodukte verkaufen.

Wenn das von der Regierung geplante Gesetz verabschiedet wird, tragen die Versicherten den Schaden, deren Verträge weiterlaufen. Denn sie müssen mit weniger Rendite und einer sinkenden Beteiligung an den Bewertungsreserven rechnen.

Damit entlässt der Staat die Versicherungsgesellschaften aus der Verantwortung und mischt sich zum Nachteil der Versicherten in dessen Angelegenheiten ein.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

Jede Anlage am Kapitalmarkt ist mit Chancen und Risiken behaftet. Der Wert der genannten Aktien, ETFs oder Investmentfonds unterliegt auf dem Markt Schwankungen. Der Kurs der Anlagen kann steigen oder fallen. Im äußersten Fall kann es zu einem vollständigen Verlust des angelegten Betrages kommen. Mehr Informationen finden Sie in den jeweiligen Unterlagen und insbesondere in den Prospekten der Kapitalverwaltungsgesellschaften.

DWN
Technologie
Technologie Der Chefredakteur kommentiert: Kleiner Blackout - kein neuer Strom mehr in Oranienburg! Echt jetzt?
19.04.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Politik
Politik Forsa-Zahlen: Die Grünen unterliegen den Fliehkräften der Abwärtsspirale
19.04.2024

Und schon wieder eine Etage tiefer. Der Sog verstärkt sich und zieht die Partei Bündnis 90/Grüne immer weiter hinab in der Wählergunst....

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft G7-Außenministertreffen: Israel-Iran Konflikt überschattet Agenda
19.04.2024

Nach israelischem Angriff auf Iran: G7-Außenministertreffen auf Capri ändert Agenda. Diskussionen zu China und Cyber-Sicherheit werden...

DWN
Technologie
Technologie Sehnsuchtsort Mond – Wettlauf um Macht und Rohstoffe
19.04.2024

Forscher, Technologiefirmen und ganze Staaten streben nach neuen galaktischen Ufern. Der Mond lockt mit wertvollen Rohstoffen und dient...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Krieg: So ist die Lage
19.04.2024

Ukraines Präsident, Wolodymyr Selenskyj, dankt Deutschland für die Unterstützung. Die Außenminister beider Länder, Baerbock und...

DWN
Immobilien
Immobilien Wie viel Immobilie kann ich mir 2024 leisten?
19.04.2024

Wie günstig ist die aktuelle Marktsituation für den Erwerb einer Immobilie? Auf welche Haupt-Faktoren sollten Kaufinteressenten momentan...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Trotz Exportbeschränkungen: Deutsche Ausfuhren in den Iran gestiegen
19.04.2024

Deutsche Exporte in den Iran trotzen geopolitischen Spannungen: Anstieg trotz EU- und US-Sanktionen. Welche Kritikpunkte gibt es in diesem...

DWN
Technologie
Technologie Turbulenzen bei Tesla: Stellenabbau und düstere Prognosen für 2024
19.04.2024

Nach einem Stellenabbau bei Tesla prognostizieren Experten ein „Durchhänger-Jahr“ für Elektromobilität 2024, während Tesla auf...