In der Krim-Krise gibt es trotz neuer Sanktionen erste Signale für eine Entspannung zwischen dem Westen und Russland. Zwar kündigte die russische Regierung am Freitag an, auf jede Sanktion des Westens ebenbürtig zu reagieren. Präsident Wladimir Putin ließ aber auch erklären, Russland wolle die Zusammenarbeit mit der EU und den USA weiterentwickeln. Auf militärische Aktionen im Osten der Ukraine solle verzichtet werden. Russland und die EU einigten sich zudem auf die Entsendung einer OSZE-Beobachtergruppe in die Ukraine. Während Russland die Vorbereitungen zur Eingliederung der Halbinsel Krim abschloss, besiegelten in Brüssel Spitzen der EU mit der Ukraine eine engere Anbindung des Landes an die Europäische Union.
Bereits vor der Abstimmung auf der Krim hatte sich die Kompromiss-Linie abgezeichnet: Der Westen hatte sich zu diesem Zeitpunkt mit der Annexion der Krim durch Russland bereits abgefunden. Im Gegenzug hatte Putin signalisiert, keine weiteren Gebietsansprüche in der Ukraine zu stellen (mehr dazu hier).
Als Zeichen der Entspannung wurde die russische Zusage gewertet, keine Truppen in die Ost-Ukraine zu schicken. Dies habe der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu seinem US-Kollegen Chuck Hagel versichert, teilte ein Sprecher des US-Verteidigungsministeriums mit. In westlichen Staaten würde eine Ausweitung militärischer Aktionen als Eskalation angesehen und hätte wohl konkrete Wirtschaftssanktionen gegen Russland zur Folge.
Am Abend beschloss die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) mit der Stimme Russlands einen sechsmonatigen Einsatz 100 ziviler Beobachter in der Ukraine. Die 57 Mitglieder hätten Einstimmigkeit erzielt, teilte die OSZE mit. Die Krim wurde nicht erwähnt, damit war unklar, ob die Beobachter auch auf die Halbinsel gehen können. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier erklärte, die Vereinbarung sei noch nicht das Ende der Krise, aber ein Schritt, der die Bemühungen um Deeskalation stütze.
Putin unterzeichnete die Gesetze, die eine Aufnahme der Krim in die Russische Föderation ermöglichen. Er beriet in Moskau auch mit seinem Sicherheitsrat die vom Westen verhängten Strafmaßnahmen. Der Nachrichtenagentur RIA zufolge will Russland aber vorläufig auf eine weitere Vergeltung der US-Sanktionen verzichten. US-Präsident Barack Obama hatte am Donnerstag den Weg freigemacht für Sanktionen gegen Kernbereiche der russischen Wirtschaft und weitere Visasperren gegen prominente Russen angekündigt. Russland reagierte umgehend mit Einreiseverboten für US-Spitzenpolitiker.
Russlands Finanzminister Anton Siluanow räumte ein, die westlichen Sanktionen könnten die Kosten für Anleihen in die Höhe treiben. Er stellte in Aussicht, dass Russland die 2014 im Ausland geplante Kreditaufnahme stoppt und die im Inland reduziert. An der Börse in Moskau zeigten die Sanktionen erste Wirkungen, die Kurse gaben deutlich nach. Auch der Wechselkurs des Rubel sank.
Die EU-Staats- und Regierungschefs weiteten Einreise- und Kontosperren gegen Russen aus. Sie ergänzten ihre Sanktionsliste um zwölf Personen auf nunmehr 33. Zudem bereitete auch die EU mögliche, die russische Wirtschaft treffende Sanktionen vor. "Europa hat einmal mehr gezeigt, dass es auch auf aktuelle Herausforderungen sehr gemeinsam und sehr geschlossen reagieren kann", erklärte Bundeskanzlerin Angela Merkel.
Deutschland und Frankreich kündigten an, die militärische Zusammenarbeit mit Russland auszusetzen, geplante gemeinsame Aktionen wurden abgesagt. Die USA gaben Militärmanöver in Polen unter Beteiligung mehrerer osteuropäischer Staaten bekannt. Die EU-Spitzen vereinbarten auch, Wege aus der Abhängigkeit von russischen Gaslieferungen zu suchen. Falls die USA bereit zum Export von Schiefer-Gas seien, könnte dies eine Alternative für europäische Länder sein, schlug Merkel vor. In der EU sei die Verunsicherung über die Zuverlässigkeit russischer Gaslieferungen bereits spürbar.
Die EU will die Ukraine finanziell stabilisieren und ihr wirtschaftlich unter die Arme greifen, die 28 EU-Staaten senkten die Zölle auf die Einfuhr ukrainischer Waren. Der ukrainische Ministerpräsident Arseni Jazenjuk sagte, die Unterstützung sei der erste Schritt hin zur EU-Mitgliedschaft seines Landes. "Wir wollen ein Teil der größeren europäischen Familie sein."