Finanzen

EZB prüft massives Programm zum Ankauf von Staatsanleihen

Lesezeit: 2 min
07.04.2014 14:13
Die EZB prüft, pro Jahr eine Billion Euro mittels Staatsanleihen-Käufe in den Markt zu schießen. Damit soll laut EZB eine kommende Deflation bekämpft werden. Somit würde sie aber endgültig zur Bad Bank.
EZB prüft massives Programm zum Ankauf von Staatsanleihen

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

In der vergangenen Woche kündigte EZB-Chef Draghi bei seiner monatlichen Pressekonferenz an, der 24-köpfige EZB-Rat sei einstimmig zu der Auffassung gekommen, „auch mit unkonventionellen Maßnahmen“ der Phase der zu langen, niedrigen Inflationsrate Herr zu werden. Damit ist explizit eine sogenannte „Quantitative Easing“ (QE), bekannt aus den USA, als Maßnahme mit eingeschlossen.

Die EZB wollte zwar den Leitzins aktuell nicht senken, betonte jedoch, dass dies jederzeit wegen der Deflationsgefahr möglich sei. Auch Wertpapierkäufe in großem Stil seien dann denkbar, hatte EZB-Präsident Mario Draghi erklärt (mehr hier).

Zuletzt hatte der Vorstand des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher für einen Ankauf von Staats- und Unternehmensanleihen aus der Eurozone mit einem Umfang von 60 Milliarden Euro pro Monat unter dem Vorwand der Deflationsbekämpfung plädiert.

Auch Jürgen Fitschen, Präsident des Bundesverbands Deutscher Banken und Ko-Chef der Deutschen Bank, hatte die EZB aufgefordert, Staatsanleihen zu kaufen, sollten sich die Preise in der Euro-Zone weiter in Richtung Deflation bewegen, berichtete die FAZ.

Indessen wurde bekannt, dass die EZB offenbar darüber nachdenkt, Staatsanleihen im Volumen von monatlich 80 Milliarden Euro aufzukaufen. Pro Jahr wären dies 960 Milliarden oder rund eine Billion Euro, berichtet die Wirtschaftswoche.

Die Modellrechnungen der EZB kommen dabei offenbar zu dem Ergebnis, dass die neue „dicke Bertha“ die Inflationsrate lediglich um 0,2 Prozentpunkte erhöhen würde, andere Szenarien kommen auf 0,8 Prozent.

Somit ist fraglich, welche makro-ökonomische Grundlagen überhaupt eine „Quantitative Easing“ (QE) nach monatlich 80 Milliarden Euro aus der Notenpresse der EZB rechtfertigen.

Gesetzt den Fall, so würde die EZB damit endgültig zur „Bad Bank“. Der Staatsanleihen-Markt in der Eurozone wäre nicht mehr existent. Die EZB wäre dann der einzige Player. Was nichts anderes hieße, als dass Draghi der einzige ist, der über die Fiskalpolitik der Euroländer entscheidet und über das OMT-Programm weiterhin Banken und Staaten so viel Geld wie möglich zur Verfügung stellen wird.

Die EZB verfügt derzeit über eine Kapitalausstattung von rund sieben Milliarden Euro. Die Bundesrepublik Deutschland ist mit rund 18 Prozent oder knapp 2 Milliarden Euro beteiligt.

Die EZB beteuert indessen, es seien noch „keine Details“ über ein QE verabredet worden. Vizepräsident Vitor Constancio sagte dem US-amerikanischen Sender CNBC, dafür sei das Umfeld nicht entsprechend gewesen.

Vermutlich möchte man die kommenden Wahlen zum Europa-Parlament nicht stören.

Mittlerweile werden kritische Stimmen laut, die bezweifeln, ob ein QE im Euroraum jenen „Transmissionsriemen“ bereitstellen würde, um dadurch die Kreditvergaben der Banken an Unternehmen anzukurbeln. Denn bekanntlich verhalf die erste „dicke Bertha“ namentlich LRTO 1 und 2 im Volumen von einer Billion Euro (in den Jahren 2011 und 2012) im Wesentlichen nur den Banken in den Krisenländern dazu, ihre jeweils heimischen Staatsanleihen aufzukaufen.

Daher resümiert die EZB offenbar seit geraumer Zeit, kleineren und mittleren Unternehmen (KMU) die Finanzierungskonditionen zu erleichtern, indem sie Kreditverbriefungen (Asset Backed Securities, ABS) ankauft, (hier und hier).

Offenbar möchte die EZB noch im April zusammen mit der Bank of England einen Vorstoß für den europäischen ABS-Markt machen. Doch auch hier sprechen Experten hinsichtlich der Preise von Unternehmensanleihen bereits von einer „Blase“.


Mehr zum Thema:  
Europa >

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Erdbeer-Saison in Deutschland beginnt - hartes Geschäft mit süßen Früchten
20.04.2024

Geschützt unter Folientunneln sind in Deutschland die ersten Erdbeeren der Saison gereift. Bisher zeichnet sich eine gute Ernte ab - doch...

DWN
Politik
Politik Einigung auf Solarpaket - das sind die Neuerungen
20.04.2024

Ein Maßnahmenpaket soll den Ausbau der Solarenergie in Deutschland beschleunigen. Es geht vor allem um weniger Bürokratie. Einen Bonus...

DWN
Technologie
Technologie Der Chefredakteur kommentiert: Kleiner Blackout - kein neuer Strom mehr in Oranienburg! Echt jetzt?
19.04.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Städtereisen neu entdeckt: Easyjet läutet Renaissance der Rollkoffer ein
19.04.2024

Vor genau 20 Jahren eroberte Easyjet mit seinen günstigen Flügen das Festland der EU. Der Start in Berlin-Schönefeld begann...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft G7-Außenministertreffen: Israel-Iran Konflikt überschattet Agenda
19.04.2024

Nach israelischem Angriff auf Iran: G7-Außenministertreffen auf Capri ändert Agenda. Diskussionen zu China und Cyber-Sicherheit werden...

DWN
Politik
Politik Forsa-Zahlen: Die Grünen unterliegen den Fliehkräften der Abwärtsspirale
19.04.2024

Und schon wieder eine Etage tiefer. Der Sog verstärkt sich und zieht die Partei Bündnis 90/Grüne immer weiter hinab in der Wählergunst....

DWN
Technologie
Technologie Sehnsuchtsort Mond – Wettlauf um Macht und Rohstoffe
19.04.2024

Forscher, Technologiefirmen und ganze Staaten streben nach neuen galaktischen Ufern. Der Mond lockt mit wertvollen Rohstoffen und dient...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Trotz Exportbeschränkungen: Deutsche Ausfuhren in den Iran gestiegen
19.04.2024

Deutsche Exporte in den Iran trotzen geopolitischen Spannungen: Anstieg trotz EU- und US-Sanktionen. Welche Kritikpunkte gibt es in diesem...