Finanzen

Volksbanken Österreich: Loch von mehreren hundert Millionen Euro entdeckt

Lesezeit: 2 min
08.06.2014 01:38
Der österreichischen Volksbanken AG droht laut Insidern beim EZB-Stresstest eine Kapitallücke in Millionenhöhe. Die Regierung unterschätzt das Problem und könnte am Ende gezwungen sein, die ÖVAG zusammen mit der HGAA abzuwickeln. Auf den Steuerzahler kommen weitere Belastungen zu.
Volksbanken Österreich: Loch von mehreren hundert Millionen Euro entdeckt

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die österreichische Volksbank AG (ÖVAG) droht im Jahr 2015 eine Kapitallücke. Bei der anstehenden Vermögensprüfung und dem anschließenden Stresstest durch die EZB sei bereits eine Finanzierungslücke von „mehreren hundert Millionen Euro“ absehbar, berichten Insider aus den europäischen Aufsichtsbehörden. Ihnen zufolge würde die österreicherische Regierung das Problem erheblich unterschätzen und könnte am Ende gezwungen sein, die ÖVAG zusammen mit der Hypo Alpe Adria abzuwickeln.

Die Bankenaufsicht hat die Auflagen für die Volksbank AG verschärft. Demnach müssen diese nun 13,6 Prozent Eigenkapital vorweisen, deutlich mehr als die gesetzlich vorgeschriebenen 8 Prozent. Zurzeit erfüllt der Volksbankensektor die Quote mit rund 14,6 Prozent Eigenkapital. Doch im Jahr 2015 wird die Eigenkapitalquote aufgrund veränderter Bewertungskriterien drastisch nach unten fallen, wie die Wiener Zeitung berichtet. Manche Kapital-Kategorien werden dann überhaupt nicht mehr in die Berechnung einfließen. Zudem kommen Risiken durch den geplanten Verkauf der Tochterfirma aus Rumänien, die die Blanz nachträglich belasten könnten.

Das daraus resultierende Finanzierungsproblem für die Volksbanken werde in Österreich unterschätzt, berichtet das Wirtschaftsblatt und bezieht sich dabei auf Insider aus Frankfurt und Brüssel. Die europäischen Aufseher rechnen mit erheblichen Kapitalbedarf nach der Prüfung der Vermögenswerte durch die EZB. Die genauen Ausmaße des Kapitalbedarfs sind noch unklar, doch Insider sprechen von „mehreren Hundert Millionen Euro“.

Durch die 2015 in Kraft tretende europäische Bankenunion könnte sich das Problem für die ÖVAG nochmals verschärfen. Demnach müssen kriselnde Bankinstitute zunächst versuchen, sich das nötige Kapital am Finanzmarkt zu leihen. Doch genau das fällt der Bank schon jetzt schwer. Anschließend würden Aktionäre und Gläubiger zur Rettung der Bank herangezogen werden. Dies würde viele Bankkunden der 49 Volksbanken mit einschließen.

Der Volksbankensektor versucht den Problemen mit einer Umstrukturierung zu begegnen. Die Zahl der Volksbanken soll in den nächsten drei Jahren auf 12 reduziert und unter einer gemeinsamen Holding neu strukturiert werden. Doch der veranschlagte Zeitrahmen für die Neuaufstellung der ÖVAG könnte am Ende nicht ausreichen.

„In der jetzigen Situation kann es eintreten, dass die Volksbanken diese Zeit nicht mehr haben. Wenn sie 2015 Kapital benötigen, aber gemäß den Bestimmungen der Bankenunion keines auftreiben, wird es für Österreich schwierig", zitiert die Wiener Zeitung Insider aus EU-Kommissionskreisen in Brüssel.

Die österreichische Regierung verfügt wohl über einen Notfallplan für Abwicklung der ÖVAG, wie die Wiener Zeitung in Erfahrung gebracht hat. Demnach würden die unrentablen Volksbanken zusammen mit der Hypo Alpe Adria in einer staatlichen „Bad Bank“ abgewickelt werden. Für den Steuerzahler würde das weitere Belastungen in Form von Staatshilfen bedeuten. Schon jetzt ist Österreich mit rund 1,4 Milliarden Euro (43 Prozent der Anteile) an der ÖVAG beteiligt.

Die Kapitallücke bei den Volksbanken würde Österreichs Bankensektor einen zusätzlichen Schlag verpassen. Am Freitag erst verkündete Finanzminister Spindelegger, dass die Regierung einen Schuldenschnitt für ausgewählte Papiere der Hypo Alpe Adria plant. Der Schritt hatte über die Ländergrenzen hinweg für Aufregung gesorgt, da das Land Kärtnen für die Papiere bürgt. Die Landesregierung in Kärtnen kündigte bereits an nicht für die Ausfälle in Haftung treten zu wollen (mehr hier).


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Politik
Politik EU-Austritt für Deutschland? Der Wissenschaftliche Dienst gibt Aufschluss!
20.04.2024

Seit dem Ausscheiden Großbritanniens aus der Europäischen Union (EU) gibt es auch in Deutschland Diskussionen um einen möglichen...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Deutsche Öl- und Gasförderer am Tiefpunkt – jetzt soll Geothermie die Branche retten
20.04.2024

Die Öl- und Gasförderung in Deutschland sinkt immer weiter – ohne Fracking wird sich daran wohl auch nichts ändern. Die Bohr-Industrie...

DWN
Unternehmen
Unternehmen DWN-Interview: Absicherung von Unternehmen – worauf kommt es an?
20.04.2024

Kleine und mittelständische Unternehmen sind sich ihrer Risiken oft nicht bewusst. Der Studienautor und Versicherungsexperte Daniel Dewiki...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Erdbeer-Saison in Deutschland beginnt - hartes Geschäft mit süßen Früchten
20.04.2024

Geschützt unter Folientunneln sind in Deutschland die ersten Erdbeeren der Saison gereift. Bisher zeichnet sich eine gute Ernte ab - doch...

DWN
Politik
Politik Einigung auf Solarpaket - das sind die Neuerungen
20.04.2024

Ein Maßnahmenpaket soll den Ausbau der Solarenergie in Deutschland beschleunigen. Es geht vor allem um weniger Bürokratie. Einen Bonus...

DWN
Technologie
Technologie Der Chefredakteur kommentiert: Kleiner Blackout - kein neuer Strom mehr in Oranienburg! Echt jetzt?
19.04.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Städtereisen neu entdeckt: Easyjet läutet Renaissance der Rollkoffer ein
19.04.2024

Vor genau 20 Jahren eroberte Easyjet mit seinen günstigen Flügen das Festland der EU. Der Start in Berlin-Schönefeld begann...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft G7-Außenministertreffen: Israel-Iran Konflikt überschattet Agenda
19.04.2024

Nach israelischem Angriff auf Iran: G7-Außenministertreffen auf Capri ändert Agenda. Diskussionen zu China und Cyber-Sicherheit werden...