Politik

Mehr Macht für Spanien: Ex-Lehman-Banker soll Chef der Euro-Gruppe werden

Lesezeit: 2 min
15.07.2014 00:46
Der spanische Wirtschaftsminister de Guindos soll neuer Euro-Gruppen-Chef werden. Damit bekäme neben EZB-Chef Draghi ein weiterer ehemaliger Investment-Banker eine zentrale Position in der Euro-Zone. Der Wechsel wäre auch ein Signal in Richtung Schulden-Union in Europa.
Mehr Macht für Spanien: Ex-Lehman-Banker soll Chef der Euro-Gruppe werden

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Der spanische Wirtschaftsminister Luis de Guindos soll neuer Vorsitzender der Euro-Gruppe werden. Damit würde die Euro-Gruppe erstmals von einem Südeuropäer geleitet - und von einem Investment-Banker.

Wie die spanische Zeitung El Mundo berichtet, hat die niederländische Regierung gegenüber Spanien bereits bestätigt, dass der bisherige Euro-Gruppen-Chef Dijsselbloem den Posten freimachen könnte. Dijsselbloem will gerne in die EU-Kommission weiterziehen. Dort stößt er jedoch auf den Widerstand des designierten Präsidenten: Jean-Claude Juncker nimmt Dijsselbloem dessen Aussage über Juncker als Trinker sehr übel. Doch die Spanier hoffen, dass der Euro-Gruppen-Vorsitz dennoch als „wichtige internationale Trophäe“ an Spanien gehe.

Der Übergang des Postens an einen Spanier könnte die Politik der Südländer mit Interesse an einer Lockerung der Verschuldungs-Regeln weiter vorantreiben. Die Euro-Gruppe hat eigentlich die Aufgabe über die Erfüllung des Euro-Stabilitätspakts zu wachen. Spaniens Regierung hat an einer Durchsetzung der Regeln allerdings wenig Interesse - und ist abhängig von dem billige Geld der EZB (mehr hier). Die Bilanz der spanischen Wirtschaft nach drei Jahren unter de Guindos Führung ist wenig vorbildhaft, mehr Anlass zur Sorge gibt aber seine Karriere vor dem Ministeramt:

De Guindos war  Chef der Investment-Bank Lehman Brothers für Spanien und Portugal - bis zu deren spektakulären Pleite 2008. Danach leitete er die spanische Finanzsektion bei Pricewaterhouse Coopers, bevor er 2011 das Wirtschaftsministerium übernahm. Mit de Guindos und EZB-Chef Draghi wäre damit auch der zweite zentralen Posten für die Finanzen der Euro-Zone mit einem ehemalige Investment-Banker besetzt.

Europapolitisch hat sich de Guindos in letzter Zeit besonders für eine EU-weite Bankenunion eingesetzt. Dies würde der Regierung Bankenrettungen auf Kosten der Steuerzahler erleichtern (mehr hier). Der spanische Finanzminister plante jüngst auch die Einführung einer Zwangsabgabe auf Sparguthaben (mehr dazu hier).

Nach drei Jahren unter der Führung Luis de Guindos im Wirtschaftsministerium ist die Bilanz der spanischen Wirtschaft wenig vorbildhaft: Das Erreichen der Haushaltsziele und damit die Kreditwürdigkeit des Landes steht immer wieder auf der Kippe, die Arbeitslosigkeit bewegt sich auf Rekordhoch, die Löhne auf Rekordtief . Die Regierung ist indess bemüht, das reale Defizit Spaniens immer wieder vor der EU zu verschleiern: Jüngst ermittelt die EU-Kommission einen Fall von Statistik-Manipulationen in Valencia, wie die spanische Zeitung El País berichtet.

Schon vor einer möglichen Amtsübernahme setzt sich der Ex-Investment-Banker für eine Aufwertung der Position als Vorsitzender der Euro-Gruppe ein. Aus der bisher nebenamtliche Tätigkeit soll ein hauptamtlicher Posten werden. Eine ständige Besetzung des Vorsitzes würde eine stärkere Zentralisierung der Euro-Finanzpolitik bedeuten und auch den Ausbau eines dazugehörigen Apparates erfordern. Bürokratische Mehrkosten wären unvermeidlich.

Auf die Frage nach der Zweckmäßigkeit einer solchen Umwandlung antwortete de Guindos der spanischen Zeitung Expansion: „Ich glaube wir sind uns alle einig, dass die wirtschaftliche und finanzielle Integration der Euro-Zone möglichst schnell und intensiv ablaufen soll. (... ) Diese wachsende Einheit muss von einem institutionellen Wandel begleitet werden." Ein Wandel, der den Schuldnern die Macht über ihre Gläubiger gibt.


Mehr zum Thema:  
Europa >

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Lieferdienste in Deutschland: Bei Flink, Wolt und anderen Lieferando-Konkurrenten geht es um alles oder nichts
25.04.2024

Getir, Lieferando, Wolt, UberEats - es fällt schwer, in deutschen Großstädten beim Angebot der Essenskuriere den Überblick zu...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Familienunternehmer in Sorge: Land verliert an Wettbewerbsfähigkeit
25.04.2024

In einer Umfrage kritisieren zahlreiche Familienunternehmer die Politik aufgrund von übermäßiger Bürokratie und Regulierung. Besonders...

DWN
Finanzen
Finanzen So wählt Warren Buffett seine Investments aus
25.04.2024

Warren Buffett, auch als „Orakel von Omaha“ bekannt, ist eine Ikone der Investment-Welt. Doch worauf basiert seine Investmentstrategie,...

DWN
Technologie
Technologie KI-Chips trotz Exportbeschränkungen: China sichert sich US-Technologie durch die Hintertür
25.04.2024

Trotz der US-Exportbeschränkungen für Hochleistungsprozessoren scheint China einen Weg gefunden zu haben, sich dennoch mit den neuesten...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Russlands Kriegswirtschaft: Putin geht das Geld nicht aus
25.04.2024

Russlands Wirtschaft wächst weiterhin, ist aber stark von der der Kriegsproduktion abhängig. Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius...

DWN
Technologie
Technologie Petrochemie: Rettungsleine der Ölindustrie - und Dorn im Auge von Umweltschützern
24.04.2024

Auf den ersten Blick sieht die Zukunft des Erdölmarktes nicht rosig aus, angesichts der Abkehr von fossilen Treibstoffen wie Benzin und...

DWN
Politik
Politik Sunaks Antrittsbesuch bei Kanzler Scholz - strategische Partnerschaft in Krisenzeiten
24.04.2024

Rishi Sunak besucht erstmals Berlin. Bundeskanzler Scholz empfängt den britischen Premierminister mit militärischen Ehren. Im Fokus...

DWN
Finanzen
Finanzen Bundesbank-Präsident: Zinssenkungspfad unklar, digitaler Euro erstrebenswert
24.04.2024

Spannende Aussagen von Bundesbank-Präsident Joachim Nagel: Ihm zufolge wird die EZB nach einer ersten Zinssenkung nicht unbedingt weitere...