Deutschland

Rückschläge bei Ökostrom für E.ON und RWE

Lesezeit: 3 min
17.09.2014 17:34
Die Krise von Kohle- und Gaskraftwerken lässt die Bedeutung von Erneuerbaren Energieträgern wie Wind, Wasser und Sonnenlicht für Energiekonzerne steigen. Doch RWE und E.ON müssen immer wieder Rückschläge hinnehmen. Der Anschluss neuer Windparks an das Stromnetz verzögerte sich.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Drei Jahre nach der Atomwende spielt das Ökostromgeschäft in den Bilanzen von E.ON und RWE eine immer größere Rolle. Zwar hätten E.ON -Chef Johannes Teyssen und RWE-Boss Peter Terium mit abgeschriebenen Meilern wie Biblis oder Brunsbüttel gerne länger Kasse gemacht. Der Wandel zur Stromerzeugung aus Wind, Sonne und Wasser kommt den Energieriesen aber inzwischen zu Gute. Wegen der Krise der Kohle- und Gaskraftwerke nimmt die Bedeutung des Ökostroms zu. Doch nicht überall läuft es rund. Die Einnahmen sind wechselhaft wie das Wetter. Das Geld für Investitionen sitzt nicht mehr so locker. Und Deutschland spielt beim Ausbau der Erneuerbaren Energien keineswegs die Hauptrolle.

„Die konventionelle Stromerzeugung ist auf dem Rückzug – nicht nur bei RWE”, erklärt Vorstandschef Terium. E.ON und RWE waren nach der Jahrtausendwende nur zögerlich in die Erneuerbaren eingestiegen. Lange Zeit setzten sie auf Kernkraft und Kohle, ehe sie ab 2007/08 eigene Ökostromtöchter aufbauten. E.ON hat zehn Milliarden Euro investiert, RWE ließ jährlich eine Milliarde springen. Soviel können sie sich nicht mehr leisten. Neue Partner, darunter Finanzinvestoren, sind willkommen.

Investitionen in Ökostrom zahlen sich aus, weil die Kohle- und Gaskraftwerke wegen der Überkapazitäten und des Preisverfalls der Strom-Großhandelspreise weniger verdienen. Den „Brennstoff” Sonne, Wind und Wasser gibt es umsonst. Konventionelle Kraftwerke werden vom staatlich geförderten Ökostrom aus dem Markt gedrängt. „Wir gehen davon aus, dass sich der Energiemix der Unternehmen in den kommenden Jahren deutlich zugunsten von Erneuerbaren verändert”, erklärt Moody’s-Analyst Matthias Heck. Es werde jedoch einige Zeit dauern, um die wegfallenden Ergebnisbeiträge aus den Kernkraftwerken zu kompensieren.

„Wir ernten nun die Früchte, die wir in den ersten sechs Jahren gesät haben”, sagte der Chef der Ökostromtochter RWE Innogy, Hans Bünting, kürzlich der Nachrichtenagentur Reuters. „Die Gewinne im Bereich Erneuerbare Energien werden steigen”, kündigte auch E.ON-Vorstandsmitglied Mike Winkel an. Der Anteil des Ökostroms an der Gesamterzeugung des Versorgers nehme auch zu, weil der aus Kohle- und Gaskraftwerken kontinuierlich sinke. „Somit findet auch bei uns eine Energiewende statt.”

Die Versorger sind aber vor Rückschlägen nicht gefeit. RWE musste viel Lehrgeld zahlen. Der Anschluss neuer Windparks an das Stromnetz verzögerte sich, und in Spanien zog die Regierung Förderzusagen zurück. Hohe Abschreibungen waren fällig. „Wir zahlen einen Preis dafür, dass wir das Geschäft relativ schnell begonnen haben”, erklärt Finanzchef Bernd Günther. „Aber wir sind durch eine steile Lernkurve gegangen.” Doch gegen das Wetter kann RWE nichts ausrichten. Und das spielte zuletzt nicht mit. Die Windräder hätten zu wenig Wind gehabt und die Wasserkraftwerke zu wenig Wasser. RWE musste die Prognose für Innogy senken und erwartet nun 2014 statt eines Wachstums einen Rückgang des Ergebnisses. Danach soll es aber bergauf gehen.

RWE steht damit nicht allein. Auch der Karlsruher Versorger EnBW musste einen Einbruch des operativen Ergebnisses beim Ökostrom um ein Fünftel hinnehmen. „Die Wetterabhängigkeit wird zunehmen”, räumt Finanzchef Thomas Kusterer ein. Je stärker der Konzern den Ökostrom ausbaue, desto stärker könne die Witterung auch das operative Ergebnis beeinflussen. EnBW wolle daher das Geschäft regional breit streuen.

„Wettereffekte lassen sich kaum absichern”, sagt Moody’s-Analyst Heck. Bei breit aufgestellten Unternehmen dürfte dieser Effekt aber geringer ausfallen. Darauf setzt E.ON. Der Konzern verfügt über Wasserkraftwerke in Schweden, Deutschland, Italien und Spanien und betreibt in Europa und den USA Windkraftanlagen mit der Leistung von vier Kernkraftwerken. Vor allem mit dem US-Geschäft hebt sich E.ON von dem auf Europa konzentrierten Konkurrenten RWE ab. Auch in den USA ist Ökostrom auf dem Vormarsch. E.ON betreibt in Texas einen der größten Windparks der Welt. Große Solaranlagen sollen in Amerika hinzukommen.

Mit Ökostrom verdienten die Düsseldorfer 2013 operativ 1,4 Milliarden Euro. Der Anteil am Gesamtgewinn lag bei gut 15 Prozent. RWE kam auf ein betriebliches Ergebnis von 200 Millionen Euro. Der Ergebnisanteil betrug etwa vier Prozent. Mittelfristig wollen die Essener auf zehn bis 15 Prozent kommen.

Auf Deutschland allein verlassen sich die Konzerne nicht. Während E.ON fast ein Viertel seiner Ökostrom-Kapazitäten in den USA hat, betreibt RWE diverse Anlagen in Großbritannien und den Niederlanden. Auch in Polen wollen die Essener mehr Windräder aufstellen. „Weitere Investitionen werden im Wesentlichen von der Verfügbarkeit von Standorten und der Höhe von Subventionen abhängig sein”, sagt Experte Heck.

Bei Umweltschützern lösen die Konzerne noch keine Begeisterungsstürme aus. „Die Investitionen sind begrüßenswert, aber die Versorger bauen auch weiter Kohle- und Gaskraftwerke”, kritisiert Greenpeace-Energieexperte Niklas Schinerl. „Vor allem Privatpersonen haben die Energiewende vorangetrieben.” Wegen der hohen Investitionskosten seien die Energieriesen aber etwa beim Bau von Offshore-Windenergieanlagen gefragt. „Und das ist ein Geschäftsmodell, das der Bürgerenergiewende nicht im Weg steht.”


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Technologie
Technologie Ocean Cleanup fischt 10 000 Tonnen Plastikmüll aus Ozeanen und Flüssen
23.04.2024

Ein Projekt fischt Tausende Tonnen Plastik aus dem Meer und aus Flüssen. Eine winzige Menge, weltweit betrachtet. Doch es gibt global...

DWN
Technologie
Technologie Astronaut Alexander Gerst rechnet mit permanenter Station auf dem Mond
23.04.2024

Eine feste Basis auf dem Mond - das klingt für viele noch nach Science Fiction, soll aber schon bald Realität werden. Für Astronaut...

DWN
Politik
Politik Zeitungsverlage mahnen von Politik zugesagte Hilfe an
22.04.2024

Der Medienwandel kostet Zeitungshäuser viel Kraft und Geld. Von der Politik fühlen sie sich dabei im Stich gelassen. Sie erinnern die...

DWN
Immobilien
Immobilien Stabilere Aussichten für deutschen Gewerbeimmobilienmarkt nach Volatilität
22.04.2024

Die Nachfrage insbesondere nach Büros im deutschen Gewerbeimmobiliensektor war verhalten im Jahr 2023. Das Segment ist stärker als andere...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Iran-Konflikt: Israels mutmaßlicher Angriff und Teherans Machtspiele
22.04.2024

Ein möglicher israelischer Luftangriff gegen den Iran kennzeichnet die bisherige Spitze der Eskalation im Nahostkonflikt. Dennoch bleibt...

DWN
Politik
Politik Steinmeier reist mit Dönerspieß und Imbissbesitzer in die Türkei
22.04.2024

Zehn Jahre ist es her, dass ein Bundespräsident der Türkei einen Besuch abgestattet hat. Jetzt reist Frank-Walter Steinmeier an den...

DWN
Technologie
Technologie Auftakt der Hannover Messe: Industrie mahnt Reformen an
22.04.2024

In Hannover hat wieder die traditionelles Messe für Maschinenbau und Elektrotechnik begonnen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) eröffnete...

DWN
Politik
Politik Parteiensympathie unterscheidet sich zwischen Stadt und Land
22.04.2024

Wie unterschiedlich ticken die Menschen politisch auf dem platten Land und in der Großstadt? Eine Analyse der Konrad-Adenauer-Stiftung...