Politik

Wirtschafts-Übersetzerin erfand den Spruch: „Die spinnen, die Römer!“

Lesezeit: 3 min
01.11.2014 23:56
Gudrun Penndorf war Übersetzerin für dröge Wirtschaftstexte, ehe sie sich auf den Weg nach Paris machte: Dort wurde sie zur Übersetzerin von Asterix. Ihre Fachkenntnis der Wirtschaft dürfte dazu beigetragen haben, dass die Sprache bei Asterix zu prägnant geworden ist. Im Interview erklärt sie, wie sie auf das geflügelte Wort „Die spinnen, die Römer!“ gekommen ist.
Wirtschafts-Übersetzerin erfand den Spruch: „Die spinnen, die Römer!“

Der Gallier «Grautvornix» oder der Römer «Nixalsverdrus» haben eines gemeinsam: Beide Namen sind Schöpfungen der Übersetzerin Gudrun Penndorf. Seit mehr als 45 Jahren übersetzt sie die «Asterix»-Bände und weitere berühmte Comics ins Deutsche und prägt damit ganze Generationen von Lesern. Im Interview der Deutschen Presse-Agentur sagt Penndorf, wie sie zu Asterix gefunden hat.

Frau Penndorf, wie wird man Übersetzerin der Asterix-Comics?

Gudrun Penndorf: 1968 ging mein Mann nach Paris, und ich wollte natürlich mit. Ich hatte damals schon zwei Jahre für den Ehapa-Verlag «Disneys Lustige Taschenbücher» aus dem Italienischen übersetzt. Sie trugen mir auf, mich in Paris bei Asterix-Autor René Goscinny zu melden. In der Rückschau habe ich mich oft gefragt, wie ich den Mut aufgebracht habe, dort anzurufen. Ich wurde also von Goscinny eingeladen und wir unterhielten uns lange. Kurz darauf bekam ich die Zusage.

Die ersten Bände von Asterix waren vorher bereits für den Abdruck in einer Comiczeitschrift übersetzt worden. Weshalb hat man Ihnen aufgetragen, alles noch einmal von vorne zu machen?

Gudrun Penndorf: Die Übersetzer konnten kein Französisch und hatten auch nicht das Hintergrundwissen über die französische Kultur. Ich kann Ihnen ein Beispiel aus «Asterix und Kleopatra» nennen. Da übersetzten sie damals: «Das ist der Turm der Pharaoneninsel. Er zeigt dem Schiff den Weg.» Richtig ist: «Das ist der Turm der Insel Pharos, dessen Leuchtfeuer die Schiffe leitet.» Und ein Panel weiter heißt es dann: «Ein Turm, der Schiffen den Weg zeigt? Uii, die Römer sind doof!» Und da haben wir es! Ich habe den letzten Satz mit «Die spinnen, die Römer!» übersetzt, und der ist dann zum geflügelten Wort geworden.

Haben Sie nach Ihrer Ausbildung zur Übersetzerin schon geplant, Comics zu übersetzen?

Gudrun Penndorf: Nein, eigentlich sind meine Fachgebiete Wirtschaft und Recht. Ich habe nach der Ausbildung beim Langenscheidt Verlag angefangen. Über einen Kontakt dort bekam ich den Tipp, dass der Ehapa Verlag eine Comic-Übersetzerin suchte.

Was für eine Sprache verwendet man in Comics?

Gudrun Penndorf: Ich hatte die Vorschrift, absolut geschliffene und möglichst zeitlose Sprechsprache zu verwenden. Sie finden diese Asterix-Bände heute noch mit denselben Texten, sie wurden nur geringfügig geändert.

Woran liegt es, dass Asterix so unglaublich berühmt ist?

Gudrun Penndorf: Das liegt natürlich auch an der Übersetzung. Die deutschen Comics waren die erfolgreichsten im Ausland. Aber da steckt auch eine Industrie dahinter. In Deutschland hat man zum Beispiel die Reihenfolge der ersten Asterix-Bände abgeändert. Zu der Zeit lief gerade der Kultfilm «Cleopatra» mit Liz Taylor im Kino an, daher veröffentlichte man als zweiten Band «Asterix und Cleopatra».

Viele sagen, Comics wären nur was für Kinder - aber verstehen sie die historischen Anspielungen und Wortspielereien überhaupt?

Gudrun Penndorf: Ich habe selbst die französischen Anspielungen nicht immer verstanden. Und ich habe auch selbst vieles eingebracht. Manchmal zitiere ich Goethe - das versteht dann der Opa vielleicht noch, aber sein sechsjähriger Enkel nicht mehr. Aber man kann Asterix nicht einfach auf modern machen, dann nimmt man ihm seine Seele.

Wie viel von Ihnen selbst steckt in den Übersetzungen?

Gudrun Penndorf: Ich durfte eigentlich gar nichts verändern. Das Ziel war, die Wortspiele so rüberzubringen, dass der Deutsche auch darüber lacht, oder zumindest schmunzelt. Wenn Sie eine Übersetzung ihren Freunden vorgetragen und das Gegenüber verzieht keine Miene, dann können sie diese Lösung vergessen. Das muss man an jemandem erproben.

Haben Sie auch mal andere Literatur als Comics übersetzt?

Gudrun Penndorf: Nein, ich war so ausgelastet, dass ich andere Bereiche gar nicht ausbauen konnte und wollte. «Asterix», «Lucky Luke», «Isnogud» - ich habe am Ende Comicserien abgelehnt, weil ich es nicht mehr geschafft hätte. Ich habe mit Anfang 40 noch einmal Sprachwissenschaft studiert und sogar meine Magisterarbeit vorzeitig abgegeben, weil ich wusste: Am 1. Oktober kommt der neue Asterix.

Sind Sie immer noch stolz auf Asterix, nach all den Jahren?

Gudrun Penndorf: Für mich gibt es jetzt eine ganz neue Perspektive auf Asterix: Mein ältester Enkel kommt in die Schule und bekommt seit Monaten Asterix und Lucky Luke vorgelesen. Ich denke, damit wird er sehr schnell lesen lernen!

Gudrun Penndorf ist Übersetzerin und Dolmetscherin für Französisch und Italienisch. Zudem hat sie einen Magister in Romanischer und Allgemeiner Sprachwissenschaft. Sie übersetzte für den Ehapa-Verlag insgesamt 29 Asterix-Bände, mehr als 60 «Lucky Luke»-Bände, die «Isnogud»-Übersetzungen und ungefähr 200 von «Disneys Lustigen Taschenbüchern».

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