Der Schweizer Telekomkonzern Sunrise hat einen Traumstart an der Börse hingelegt. Die Aktien des milliardenschweren Börsendebütanten kletterten am Freitag bis auf 73,15 Franken und lagen damit fast acht Prozent über dem Ausgabepreise von 68 Franken. Zum Start des Handels wurde in Zürich extra für Sunrise eine Schweizer Kuhglocke geläutet. Einige Dutzend Manager und Banker feierten auf dem Parkett die mit insgesamt 2,3 Milliarden Franken (2,18 Milliarden Euro) bislang größte Aktienerstnotiz in Europa in diesem Jahr. „Der heutige Tag ist ein Meilenstein in der Geschichte von Sunrise“, sagte Dominik Koechlin, Chef des Sunrise-Verwaltungsrates.
Sunrise erwischt einen guten Zeitpunkt für das Börsendebüt, der größte IPO in der Schweiz seit acht Jahren. Die Einführung von Negativzinsen durch die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat die Renditen von vielen Anleihen auf Null oder gar ins Minus gedrückt. Gerade Pensionskassen weichen deshalb auf den Aktienmarkt aus und kaufen am liebsten Titel mit einem stabilen Geschäft und hohen Dividenden. Genau dies verspricht Sunrise. Zudem ist die Grundstimmung an den Aktienbörsen in Europa wegen der Geldschwemme der Europäischen Zentralbank (EZB) derzeit positiv. So prognostizierte die Beratungsgesellschaft Kirchhoff jüngst für Deutschland unlängst bis zu 15 Neuemissionen. Im Januar gab der Kabelnetzbetreiber Tele Columbus an der Frankfurter Börse seine Premiere, am Freitag folgte der finnische Kleinkredit-Anbieter Ferratum. Als weitere Kandidaten gelten in Deutschland unter anderem der Dämmstoff-Hersteller Armacell und die Parfümeriekette Douglas. Auch der französische Industriedienstleister Spie könnte Bankern zufolge einen zweiten Versuch starten. Auf jeden Fall peilt in Frankreich die Reinigungsfirma Elis ihr Börsendebüt für kommende Woche an.
Die Nachfrage nach Sunrise-Aktien war so groß gewesen, dass das Transaktionsvolumen in letzter Minute um 300 Millionen Franken hochgesetzt worden war. Mit 68 Franken kamen die Aktien in der Mitte der Preisspanne an den Markt. Auf Basis des Höchstkurses vom Freitag ist das gesamte Unternehmen an der Börse 3,3 Milliarden Franken wert. Drei Viertel der Anteile sind dabei frei handelbar.
Sunrise ist mit einem Umsatz von zwei Milliarden Franken im Geschäftsjahr 2013 nach Marktführer Swisscom der zweitgrößte Mobilfunk- und Festnetzanbieter in der Eidgenossenschaft. Mit dem Börsengang macht Sunrise-Eigentümer CVC Kasse. Der Finanzinvestor hatte Sunrise vor fünf Jahren für 3,3 Milliarden Franken geschluckt. Nicht nur CVC erhält Geld, auch der Firma selbst fließen rund 1,35 Milliarden Franken zu. „Der Börsengang verleiht uns weiteren Rückenwind“, sagte Konzernchef Libor Voncina. Mit dem frischen Geld sollen die Schulden abgebaut und Wachstum ausgebaut werden.
Nach Jahren der Ruhe ist in den vergangenen Monaten Bewegung in den Schweizer Telekommarkt gekommen. Neben dem Börsengang von Sunrise sorgte vor allem der Einstieg des französischen Telekom-Milliardär Xavier Niel für Aufsehen, der Ende vorigen Jahres den drittgrößten Mobilfunkanbieter Orange kaufte. Niel ist als Preisbrecher bekannt. Eine Fusion von Sunrise und Orange war 2010 am Widerstand der Schweizer Kartellwächter gescheitert.
Viele Experten schließen nicht aus, dass sich Sunrise doch noch mit Orange oder ausländischen Konkurrenten zusammenschließen könnte. „Mit dem Börsengang trennt sich CVC schrittweise von Sunrise, um einfacher einen Käufer zu finden,“ erklärt Laurent Bakhtiari, Analyst der IG Bank. Der Schweizer Telekommarkt wird von Swisscom beherrscht: Der frühere Monopolist kontrolliert 54 Prozent des Mobilfunkmarktes und 80 Prozent des Breitbandmarktes. Für Sunrise nennt die Aufsichtsbehörde ComCom Marktanteile von 27 beziehungsweise 14 Prozent.