Politik

Energie-Poker: Russland trotz EU-Klage im Vorteil gegen USA

Lesezeit: 2 min
22.04.2015 23:47
Die USA unterstützten die Eskalation der EU im Gas-Streit gegen Russland. Durch die enttäuschende Entwicklung beim Schiefergas haben die Russen gute Chancen, diese Schlacht zu gewinnen.
Energie-Poker: Russland trotz EU-Klage im Vorteil gegen USA

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Die EU wirft Gazprom vor, in Ost-Europa zu hohe Preise zu verlangen und den Wettbewerb zu behindern. Nachdem die EU-Kommission das Kartellverfahren gegen den russischen Energie-Riesen Gazprom in Gang gebracht hat und mit einem Bußgeld droht, kündigte Russland Gegenmaßnahmen an. Trotz der drohenden Klage aus Brüssel ist Russland am europäischen Standort im klaren Vorteil gegenüber den USA.

Die Aussichten für die teure US-Fracking-Branche sind denkbar schlecht: Im April wurde bekannt, dass die Fracking-Förderungen in den USA das erste Mal in vier Jahren zurückgehen. Und das, obwohl Fracking in den USA hoch subventioniert wird: Es fließen sowohl Steuergelder als auch Steuervergünstigungen für die Konzerne: Zwischen 1980 und 2002 hat die US-amerikanische Fracking-Industrie Steuervergünstigungen in Höhe von 10 Milliarden US-Dollar erhalten, berichtete das Dissent Magazine. Hinzu kommen 137 Millionen US-Dollar an staatlichen Zuschüssen in die direkte Erkundung von Erdgas-Vorkommen.

Die Entwicklung der US-Fracking-Industrie hat auch eine herausgehobene Stellung für das US-amerikanische Establishment. Die US-Politik ist auf das Engste mit der Fracking-Industrie verflochten: Hunter Biden, Sohn des US-Vizepräsidenten Joe Biden, arbeitet für die ukrainische Firma Burisma, die der größte Gasproduzent der Ukraine ist.

Der Geschäft mit Schiefergas-Förderung läuft dennoch nicht so, wie von den Amerikanern erhofft. Hinzu kommt, dass Ölpreis-Verfall die Branche zusätzlich unter Druck setzt. Trotzdem sehen die Amerikaner in Europa einen potenziellen Absatzmarkt. In absehbarer Zeit ist jedoch keine Lösung in Sicht, einen Transport des Schiefergases über den Atlantik gewinnbringend finanzieren zu können.

Der private US-Geheimdienst Stratfor berichtet dazu:

„Der russische Energiekonzern Gazprom hat kürzlich das Potenzial für US-LNG-Exporte in die europäischen Märkten, unter Hinweis darauf, dass Russland die Vereinigten Staaten im Preiskampf besiegen können, abgetan. Aber angesichts der Anzahl der Erdgas-Projekte in Nordamerika, ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Vereinigten Staaten Einfluss auf den globalen Märkten erringen. Bei jedem Versuch, Russlands Pipeline-Exporte nach Europa zu untergraben, sind die Vereinigten Staaten derzeit im Nachteil. Denn der Transport von Erdgas durch Pipelines ist in den meisten Fällen billiger als über den den Einsatz teurer LNG- Hafeninfrastrukturen. In Bezug auf die Erdgasförderung und den Vertrieb sind Russlands Betriebskosten wesentlich niedriger und ihre Exportinfrastruktur ist bereits ausgebaut. Einige der wichtigsten russischen Märkte, einschließlich der in Mitteleuropa, erhalten bereits Spot-Preise um die 6,60 Dollar.“

US-amerikanische Produzenten von LNG-Flüssiggas drängen in den EU-Markt und wollen ihre Stellung ausbauen und Russland soweit wie möglich aus dem Markt verdrängen. Der Erdgasmarkt ist nämlich durch langfristige Verträge und Verteilnetze weitgehend verteilt. Newcomer wie die USA müssen also in einen Verdrängungswettbewerb mit Incumbents wie Russland und den Ländern im Nahen Osten treten, um sich neue ausländische Absatzmärkte zu erschließen. Die derzeitige Krise in der Ukraine, die Russland zum Paria der Weltwirtschaft gestempelt hat, ist eine Möglichkeit, um diese Kundenbeziehungen aufzubrechen.

Das Center on Global Energy Policy berichtet in einer Vorausschau für das Jahr 2020, dass US-amerikanisches sich LNG-Gas innerhalb der EU zunehmend als Alternative zu russischem Erdgas entwickeln wird. Das werde die Verhandlungsposition der Europäer gegenüber Gazprom stärken. Denn vollkommen loslösen könne sich Europa nicht von den russischen Gaslieferungen.

Vergangenen Dezember kündigte Russland die Pipeline South Stream auf. Die EU hatte das South Stream Projekt stets torpediert, weil nach EU-Auffassung ein Konzern nicht gleichzeitig Netzwerk-Betreiber und Lieferant sein kann. Gazprom-Chef Alexei Miller sagte, dass stattdessen eine neue Pipeline durch die Türkei gebaut werden soll, die den Namen Turkish Stream trägt. Doch die Türken haben dem Projekt noch keine klare Zusage gegeben.

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