Politik

Deutschland mahnt Ukraine: Russland keinen Vorwand für einen Krieg liefern

Lesezeit: 1 min
27.04.2015 02:21
In der EU sind erstmals Stimmen laut geworden, Kiew möge sich an die Minsker Vereinbarungen halten. Doch die EU-Motivation ist nicht, echten Druck auf die Jazenjuk-Regierung auszuüben: Russland könnte die mangelnde Kooperation von Kiew zum Vorwand nützen, um die Lage wieder zu eskalieren. Deutschland ruft auch Brüssel zur Vernunft.
Deutschland mahnt Ukraine: Russland keinen Vorwand für einen Krieg liefern

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

In der EU gibt es erstmals kritische Stimmen über die mangelnde Bereitschaft der ukrainischen Regierung, die Vereinbarungen von Minsk umzusetzen. Die FT berichtet von deutschen Warnungen an die Regierung Jazenjuk, weil die Ukraine offenbar einiges tut, um die Umsetzung des Minsker Abkommens zu verschleppen. So sollen deutsche Vertreter besorgt sein, dass die Ukraine keine Anstalten macht, die in Minsk vereinbarte Dezentralisierung umzusetzen. Die FT zitiert Stefan Meister von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP): „Die deutschen Behörden sprechen mit beiden Seiten, besonders aber zu den Ukrainern. Wenn sie nämlich nicht machen, was vereinbart wurde, werden die Russen immer die Möglichkeit haben, den Konflikt wieder zu erneuern.“

Tatsächlich bemüht sich die Bundesregierung offenbar auch um eine gewisse Nüchternheit in Brüssel: Die FT berichtet, dass Außenminister Frank-Walter Steinmeier EU-Präsident Jean-Claude Juncker einen Brief geschrieben habe: Darin habe Steinmeier die EU aufgefordert, die „russischen Bedenken“ gegen das Freihandelsabkommen der EU mit der Ukraine zu entkräften. Steinmeier habe die EU aufgefordert, bei der Umsetzung des auf Eis gelegten Abkommens die Russen an den Tisch zu holen und dazu „die notwendige Flexibilität“ zu zeigen.

Das Problem Steinmeiers: Freihandels-Abkommen sind EU-Materie und werden seit 2009 ausschließlich von Brüssel verhandelt. Die Mitgliedsstaaten haben keine rechtliche oder politische Handhabe.

Dies wird von Kiew abgelehnt, weil die Regierung auf dem Standpunkt steht, Russland habe keinerlei Recht an der Mitwirkung bei einem Abkommen zwischen der souveränen Ukraine und der EU. In dem Assoziierungsabkommen ist ausdrücklich die Vorbereitung einer militärischen Partnerschaft vorgesehen, was von Russland als erster Schritt zu einem Nato-Beitritt der Ukraine und daher als Affront gesehen wurde. Die militärische Komponente ist in Freihandelsabkommen sehr ungewöhnlich, weshalb die EU auch stets stolz davon gesprochen hatte, es handle sich um ein Abkommen „neuen Stils“.

In der EU ist man dennoch an einem gewissen Wohlverhalten Kiews interessiert – allerdings weniger, um in der Sache zu einer Entspannung zu kommen, sondern weil man den Russen keinen Vorwand liefern will, um die Lage militärisch zu eskalieren. Die FT zitiert anonyme EU-Offizielle, die betonen, dass die Rebellen den Waffenstillstand viel öfter verletzt hätten als die Ukraine.

Russlands Präsident Wladimir Putin sagte dagegen am Sonntag in einer Dokumentation des russischen Fernsehens, Russland habe Beweise, dass sich amerikanische Söldner oder Soldaten auch in der Ost-Ukraine aufhalten. Die USA und Russland beschuldigen sich gegenseitig, die jeweils mit ihnen verbündete Seite militärisch zu unterstützen. In dem „Krieg der Worte“ sehen Beobachter ein Vorspiel zu einer erneuten Eskalation im Donbass.


Mehr zum Thema:  
Europa >

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Finanzen
Finanzen Gewinngrößen verstehen: Auf welches Ergebnis kommt es in der Analyse wirklich an?
20.04.2024

Für Investoren ist es wichtig, die verschiedenen Kennzahlen rund um das Ergebnis eines Unternehmens zu verstehen. Jede dieser Kennzahlen...

DWN
Politik
Politik ​​​​​​​„Russland kann weder bezwungen noch eingeschüchtert werden.“
20.04.2024

Sergej J. Netschajew, Botschfter der Russischen Föderation in Deutschland, äußert sich im Gespräch mit den Deutschen...

DWN
Politik
Politik EU-Austritt für Deutschland? Der Wissenschaftliche Dienst gibt Aufschluss!
20.04.2024

Seit dem Ausscheiden Großbritanniens aus der Europäischen Union (EU) gibt es auch in Deutschland Diskussionen um einen möglichen...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Deutsche Öl- und Gasförderer am Tiefpunkt – jetzt soll Geothermie die Branche retten
20.04.2024

Die Öl- und Gasförderung in Deutschland sinkt immer weiter – ohne Fracking wird sich daran wohl auch nichts ändern. Die Bohr-Industrie...

DWN
Unternehmen
Unternehmen DWN-Interview: Absicherung von Unternehmen – worauf kommt es an?
20.04.2024

Kleine und mittelständische Unternehmen sind sich ihrer Risiken oft nicht bewusst. Der Studienautor und Versicherungsexperte Daniel Dewiki...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Erdbeer-Saison in Deutschland beginnt - hartes Geschäft mit süßen Früchten
20.04.2024

Geschützt unter Folientunneln sind in Deutschland die ersten Erdbeeren der Saison gereift. Bisher zeichnet sich eine gute Ernte ab - doch...

DWN
Politik
Politik Einigung auf Solarpaket - das sind die Neuerungen
20.04.2024

Ein Maßnahmenpaket soll den Ausbau der Solarenergie in Deutschland beschleunigen. Es geht vor allem um weniger Bürokratie. Einen Bonus...

DWN
Technologie
Technologie Der Chefredakteur kommentiert: Kleiner Blackout - kein neuer Strom mehr in Oranienburg! Echt jetzt?
19.04.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...