Starke Kursausschläge bei den Staatsanleihen haben am Donnerstag an den europäischen Aktienmärkten für Nervosität gesorgt. „Mit dem Euro und dem Bund-Future steht und fällt der Dax", fasste ein Händler zusammen. Dazu komme die Unsicherheit über den Ausgang der Unterhauswahlen in Großbritannien. Unterstützung kam am Nachmittag aus den USA, wo in den vergangenen vier Wochen so wenig Anträge auf Arbeitslosenhilfe gestellt wurden wie seit 15 Jahren nicht mehr.
An der Wall Street zogen die Kurse bis Handelsschluss in Europa an. Dow-Jones - und S&P500 notierten je 0,4 Prozent höher. Nach einer Berg- und Talfahrt schloss der Dax mit 11.407,97 Punkten 0,5 Prozent höher. Der EuroStoxx50 lag kaum verändert.
Für Hektik hatte am Vormittag der Einbruch des Bund-Futures - dem Terminkontraktes auf die zehnjährige Bundesanleihe - um 249 Ticks auf ein Fünf-Monats-Tief von 151,44 Punkten gesorgt. Das war einer der größten Kursstürze seiner Geschichte und hatte Dax und EuroStoxx50 um bis zu bis zu 1,6 und 2,1 Prozent ins Minus gedrückt. „Es gab keinen akuten Auslöser für den Kurssturz“, sagte ein Börsianer.
Händler sprachen wie schon in der Vorwoche von einem technisch bedingten „Blitzcrash“, hielten langfristig eine Erholung aber für wahrscheinlich. Durch die Anleihekäufe der EZB - die Notenbank kauft zur Ankurbelung der Konjunktur monatlich Bonds für 60 Milliarden Euro - sei der Markt ausgetrocknet, was die Schwankungen stark erhöhe, sagte Analyst Jens Klatt vom Brokerhaus FXCM.
Bis zum Abend stabilisierten sich die Kurse am Rentenmarkt: Der Bund-Future und die Rendite der Bundesanleihe erreichten wieder das Vortagesniveau. Der Euro lag mit 1,1275 Dollar aber mehr als einen halben US-Cent unter seinem Vortageschluss. Angesichts der steigenden Renditen hatte er am Morgen mit 1,1391 Dollar den höchsten Stand seit Februar erreicht.
Abwärts ging es bis zuletzt an der Londoner Börse, wo der Footsie um 0,7 Prozent fiel. Vom Wahlausgang hängt ab, ob das Königreich auf einen Ausstieg aus der Europäischen Union - den sogenannten Brexit - zusteuert. Umfragen zufolge liegen die regierenden Konservativen und die oppositionelle Labour Party fast gleichauf.
Zu den Dax-Schlusslichtern zählten mit einem Abschlag von 1,5 Prozent die Siemens -Aktien. Der Technologiekonzern hatte die Erwartungen der Anleger an die Gewinnentwicklung enttäuscht.
Erleichterung dagegen bei E.ON : Der Gewinnrückgang im Quartal war weniger stark als befürchtet ausgefallen. Die Aktien stiegen um 2,5 Prozent. Beiersdorf legten nach einem unerwartet hohen Betriebsergebnis im abgelaufenen Quartal 3,2 Prozent zu. Ein kräftiger Gewinnanstieg verhalf HeidelbergCement zu einem Plus von 3,5 Prozent.