Technologie

Zum Schutz vor Bürgern: Londons Polizei trägt künftig Kameras

Lesezeit: 2 min
22.08.2015 14:42
Die Londoner Polizei wird ab kommendem März bei Streifgängen und Einsätzen Videokameras unmittelbar an der Uniform tragen. Diese Maßnahme soll dazu dienen, das Vertrauen der Bevölkerung zu stärken und kriminelle Handlungen zuverlässig zu dokumentieren.
Zum Schutz vor Bürgern: Londons Polizei trägt künftig Kameras

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Ende März 2016 werden 20.000 Londoner Polizisten mit einer Kamera direkt an der Uniform ausgestattet sein. Das ist die Mehrzahl der Beamten, die in der britischen Hauptstadt im Einsatz sind. Es gibt keine Stadt weltweit, die eine solche Menge dieser modernen „Body-Video-Technik“ bei ihrer Polizei anwendet. Der Londoner Bürgermeister Boris Johnson bestätigte diese Pläne offiziell. Johnson erklärte auch, warum er diese Maßnahme für sinnvoll hält. Er geht davon aus, dass die Verwendung von Uniform-Kameras das Vertrauen der Bevölkerung in die Polizei stärken wird. Die Bürger würden in kritischen Situationen mehr auf die Beamten zählen. Die Polizisten selbst würden darin unterstützt werden, ihren Job gut zu machen.

Der Chef der Metropolitan Police, Bernard Hogan-Howe, begrüßt die Anwendung der Body-Kameras. Er hält es für bedauernswert, dass die polizeiliche Ausrüstung lange Zeit hinter der Technik hinterherhinkte, die heutzutage jedermann in seiner Westentasche herumträgt und es ermöglicht, Ereignisse sofort festzuhalten. Die Anwendung der Kameras wurde seit Mai 2014 getestet und zahlreiche Videoaufnahmen wurden gemacht. Die Beamten selbst begrüßen die neue Ausrüstung. Für sie sind die Video-Aufzeichnungen wertvoll, weil sie unmissverständlich zeigen, was tatsächlich vorgefallen ist. Vor allem Streifenpolizisten sehen sich oft kritischer Beobachtung und misstrauischen Fragen darüber ausgesetzt, ob sie richtig gehandelt haben.

Besonders hilfreich sind die Videoaufnahmen, wenn es um häusliche Gewalt geht. Alles, was sofort aufgenommen werden kann, ist hierbei wichtig, von der Beweislage bis zur Aussage des Opfers. Das sind für die Beamten schwierige Situationen. Auch in anderen Fällen sind die Videofilme wichtig. Sie zeigen unmittelbar, wie stark kriminelle Handlungen auf das Opfer eingewirkt haben, z. B. bei Überfällen. Ganz allgemein sollen die Kamera-Aufnahmen die öffentliche Wahrnehmung der Polizei verbessern. Das gilt nicht nur für inländische, sondern auch für ausländische Bürger. Den Uniformierten wird oft unterstellt, ethnische Minderheiten verstärkt ins Auge zu fassen und sogar zu diskriminieren, wenn sie Straßenkontrollen durchführen. Hier dienen die Aufnahmen dazu, das korrekte Vorgehen zu dokumentieren, berichtet Reuters.

Die Auswirkung der Video-Ausstattung und des Filmens wird von juristischer Seite positiv eingeschätzt. Als wichtige Faktoren gelten: Die Beamten bekommen Sicherheit, falls sie angeschuldigt werden. Es gibt einen deutlich verbesserten Opferschutz, und Gerichtsverfahren gegen Täter werden viel schneller eingeleitet als vorher. Gleichzeitig verbessert sich das Image der britischen Polizei. Die Polizei speichert die Videodaten einen Monat lang. Dann müssen sie zuverlässig gelöscht werden. Das passiert allerdings nicht, wenn sie benötigt werden, um einen Sachverhalt zu klären. Dann können sie wichtiges Beweismaterial darstellen und werden der Justiz für ein laufendes Verfahren zur Verfügung gestellt. In den letzten 12 Monaten wurden 6.000 Videos monatlich angesehen.

Viele Polizisten berichteten auch, dass durch das Filmen Beschwerden vermindert werden. Wenn die Bürger sehen, dass ihr Kontakt mit den Beamten aufgenommen wird, werden sie vorsichtiger. Die realen Situationen, die Polizisten zu bewältigen haben, sind nun viel besser im Bewusstsein der Bevölkerung, berichtet die BBC. Die Polizei will die Londoner Bevölkerung noch ausführlich darüber aufklären, wie die Body-Cams genau funktionieren. Auch die Frage, wann und wo sie möglicherweise damit konfrontiert werden können, soll erörtert werden. Das London Policing Ethics Panel, eine unabhängige Jury zu ethischen polizeilichen Fragen, hat seinerseits eine Richtlinie für die Beamten angekündigt. Dabei geht es um moralische Leitlinien bei der Anwendung der Body-Cams als Hilfestellung.

Das gesamte Projekt musste natürlich finanziert werden. Das Geld dafür kam durch den Verkauf von Polizeigebäuden zustande, die kaum noch genutzt wurden. Die Erlöse wuchsen schnell auf 661 Millionen Pfund, sodass es möglich wurde, die Polizisten, die in London an vorderster Front stehen, technisch aufzurüsten. Der Anlass für die Maßnahme liegt einige Jahre zurück. Im August 2011 erschossen bewaffnete Polizisten den 29-jährigen Mark Duggan während eines Einsatzes. Dies wurde in der Öffentlichkeit intensiv diskutiert und bewirkte lang anhaltende Unruhen. Die Londoner Polizei geriet unter Druck. Die Body-Kameras blieben auch nicht ohne Kritik. Andrew Allison von der Freedom Association, eine überparteiliche Interessensgruppe, die größtmögliche Freiheit für Bürger fordert, äußerte Bedenken. Er befürchtet, dass dadurch jedermann unter Verdacht geraten könnte.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Technologie
Technologie Petrochemie: Rettungsleine der Ölindustrie - und Dorn im Auge von Umweltschützern
24.04.2024

Auf den ersten Blick sieht die Zukunft des Erdölmarktes nicht rosig aus, angesichts der Abkehr von fossilen Treibstoffen wie Benzin und...

DWN
Politik
Politik Sunaks Antrittsbesuch bei Kanzler Scholz - strategische Partnerschaft in Krisenzeiten
24.04.2024

Rishi Sunak besucht erstmals Berlin. Bundeskanzler Scholz empfängt den britischen Premierminister mit militärischen Ehren. Im Fokus...

DWN
Finanzen
Finanzen Bundesbank-Präsident: Zinssenkungspfad unklar, digitaler Euro erstrebenswert
24.04.2024

Spannende Aussagen von Bundesbank-Präsident Joachim Nagel: Ihm zufolge wird die EZB nach einer ersten Zinssenkung nicht unbedingt weitere...

DWN
Technologie
Technologie Habeck sieht großes Potenzial in umstrittener CO2-Einlagerung
24.04.2024

Die Technologie "Carbon Capture and Storage" (CO2-Abscheidung und -Speicherung) ist in Deutschland ein umstrittenes Thema. Inzwischen gibt...

DWN
Politik
Politik Chinesische Spionage: Verfassungsschutz mahnt Unternehmen zu mehr Vorsicht
24.04.2024

Der Verfassungsschutz warnt vor Wirtschaftsspionage und Einflussnahme aus China. Vor allem für deutsche Unternehmen wäre eine naive...

DWN
Panorama
Panorama Fahrraddiebe nehmen vermehrt teure E-Bikes und Rennräder ins Visier
24.04.2024

Teure E-Bikes und Rennräder sind seit Jahren immer häufiger auf den Straßen zu sehen - die Anzahl von Diebstählen und die...

DWN
Technologie
Technologie KI-Hype in Deutschland: Welle von neuen Startups formiert sich
24.04.2024

Obwohl die Finanzierung von Jungfirmen allgemein ins Stocken geraten ist, werden in Deutschland gerade unzählige KI-Startups gegründet....

DWN
Politik
Politik USA kündigen massive Waffenlieferungen in die Ukraine an - Selenskyj äußert Dank
24.04.2024

Der US-Kongress hat die milliardenschweren Ukraine-Hilfen gebilligt. Jetzt könnte es laut Pentagon bei der ersten Lieferung sehr schnell...