Passagieren der Lufthansa stehen zum Ferienende neue Streiks bevor: Im Tarifkonflikt mit den Piloten ist auch der jüngste Einigungsversuch nach fünf Wochen Verhandlungen gescheitert. "Mit Streiks muss ab sofort jederzeit gerechnet werden", sagte Markus Wahl, Sprecher der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit, am Mittwoch zu Reuters. Treffen könnten die Ausstände die Lufthansa selbst, die Frachttochter Lufthansa Cargo und den konzerneigenen Günstigflieger Germanwings. Jede Arbeitsniederlegungen solle 24 Stunden vorher angekündigt werde. Knackpunkt bei den Gesprächen war der Streit um die Auslagerung von Arbeitsplätzen. Lufthansa-Chef Carsten Spohr hofft, dass es zu keinen weiteren Ausständen der Piloten kommt. "Aber wenn es notwendig ist, um die Zukunftsfähigkeit der Lufthansa herzustellen, ist das ein Preis, den wir bezahlen müssen", sagte er in Wien.
Lufthansa-Gästen steht damit in den nächsten Wochen eine Zitterpartie bevor, da in einigen bevölkerungsreichen Bundesländern die Sommerferien zu Ende gehen. In Hessen beginnt die Schule nächste Woche, in Bayern und Baden-Württemberg Mitte des Monats. Der zähe Arbeitskampf, bei dem es in erster Linie um die Ausbaupläne für die neue Lufthansa-Tochter Eurowings und die Verlagerung von Jobs ins Ausland geht, kostet die größte Airline Europas Prestige und Geld - voriges Jahr allein 230 Millionen Euro. Zudem stritten die beiden Tarifparteien um die Altersversorgung der Piloten. In dem Punkt wurden jüngst Annäherungen erreicht.
Der Tarifkonflikt bei dem 120.000 Mitarbeiter starken Konzern zieht sich schon seit eineinhalb Jahren hin. In der Zeit streikten die Piloten zwölf Mal. Ruhe kam in den Konflikt vorübergehend nach dem Absturz eines Germanwings-Flugzeugs Ende März mit 150 Toten. Geschockt von dem Unfall ließen sich beide Seiten auf eine Schlichtung aller strittigen Themen ein. Doch der Anlauf scheiterte. Im Juli legte die Gewerkschaft einen neuen Kompromissentwurf auf den Tisch, der unter anderem Kostenentlastung von über 500 Millionen Euro enthielt. Auch dieser Einigungsversuch ist nun Geschichte. Auslöser war aus Sicht von Cockpit der Umstand, dass die Lufthansa den Ausbau des Billigfliegers Eurowings im Ausland auch während der Gespräche nicht auf Eis legen wollte.
Ein Dorn im Auge ist den Piloten vor allem, dass Eurowings in Österreich angesiedelt ist und die Bezahlung weit unter dem Niveau im Lufthansa-Konzern liegt. Aus Sicht der Lufthansa ist der rasche Ausbau von Eurowings überlebenswichtig, um den Vormarsch der Billigrivalen Ryanair und Easyjet zu stoppen. Eurowings soll zu 30 bis 40 Prozent niedrigeren Kosten fliegen als die Lufthansa selbst. Die Flotte von Eurowings soll im nächsten Jahr etwa 90 Flieger zählen. Der Dialog mit den Gewerkschaften sei schwierig, sagte Spohr. Man teile nicht dieselbe Einschätzung, wie die Lufthansa sich in aufstellen müsse, um den Wettbewerb bewältigen zu können.
Ryanair nimmt sich in Deutschland viel vor: Die Iren wollen ihren Marktanteil von fünf Prozent auf 20 Prozent steigern. Erstmals seit Jahren will Ryanair auch wieder innerdeutsche Flüge anbieten, von Berlin nach Köln - eine der Hauptstrecken der Lufthansa-Tochter Germanwings.